URI: 
       # taz.de -- CDU fordert Publikumsbefragung: Wen erreicht das Bremer Theater?
       
       > Die CDU findet die Inszenierungen des Bremer Theaters „manchmal zu
       > verkopft“ und bezweifelt, dass sie „die Stadt in ihrer Breite“ erreichen.
       
   IMG Bild: Für alle was dabei? Szene aus „Lady Macbeth von Mzensk“ am Theater Bremen
       
       Bremen taz | Lange wurde nicht mehr über das Bremer Theater debattiert.
       Sagt der CDU-Kulturpolitiker Claas Rohmeyer, der genau das jetzt ändern
       will. Er möchte „eine politische Debatte“ über das Theater am Goetheplatz
       anstoßen, in der Stadtbürgerschaft. Denn so etwas habe es zuletzt zu Zeiten
       von Klaus Pierwoß gegeben – der bis 2007 Generalintendant in Bremen war.
       
       In Zahlen gemessen steht das Haus gut da, seit Michael Börgerding dort zur
       Spielzeit 2012/13 Chef wurde. So viel hat Rohmeyer schon erfahren, in einer
       langen Antwort der rot-grünen Landesregierung auf seine Große Anfrage hin.
       Im Stadtparlament wird darüber nun vermutlich im Januar debattiert.
       
       Die Zahl der BesucherInnen, so rechnet es der Senat vor, ist in den letzten
       fünf Spielzeiten kontinuierlich gestiegen, von knapp 157.000 auf zuletzt
       rund 185.000. In der Folge hat die Auslastung in den letzten vier
       Spielzeiten von damals 62 auf jetzt 73 Prozent zugenommen.
       
       Damit ist das Bremer Theater fast schon so gut wie jene in Düsseldorf,
       Essen, Hannover, Leipzig oder Nürnberg. Und die haben allesamt einen
       höheren Etat als das hiesige Stadttheater. Das spielt, rein finanziell
       betrachtet, eher in einer Liga mit Städten wie Wiesbaden, Kassel oder
       Darmstadt, die nicht mal halb so groß sind.
       
       Auch die Zahl der Kinder und Jugendlichen im Theater nimmt zu – in den
       letzten zehn Jahren stieg ihr Anteil am Publikum von 23 auf 31 Prozent. Nur
       die Zahl der Abonnements sinkt weiterhin kontinuierlich, in den letzten
       drei Spielzeiten um jeweils 4 Prozent.
       
       Intendant Hans-Joachim Frey, der trotz hoher BesucherInnenzahlen vor allem
       Schulden hinterlassen hat, verlor allerdings deutlich mehr: jeweils 17
       Prozent in seinen letzten beiden Spielzeiten. Der Ära Frey ist es auch zu
       verdanken, dass zwischen 2012 und 2017 am Bremer Theater knapp 30 Stellen
       abgebaut wurden.
       
       „Unter keinen Umständen“ wolle er das Theater aber nur an solchen Zahlen
       messen, sagt der CDU-Kulturpolitiker, der sich „als Streiter für ein
       subventioniertes Stadttheater“ sieht. Ihm fehlt aber dessen Akzeptanz in
       Walle, Huchting oder Blockdiek: Er habe Zweifel, ob das Theater am
       Goetheplatz „die Stadt in ihrer Breite“ erreiche, so Rohmeyer.
       
       Durch Zahlen belegen lässt sich das aber nicht, denn der Senat hat dazu gar
       keine. Auch zur Frage, wie viele Menschen mit einer Migrationsgeschichte
       ins Theater gehen oder wie viele Besucherinnen aus bildungsferneren
       Schichten kommen, gibt es keine Daten, und wenn, dann stammen sie aus einer
       sieben Jahre alten Publikumsbefragung. Die CDU will deshalb eine solche
       initiieren, nach dem Vorbild aus Oldenburg, dessen Staatstheater seine
       Gäste 2017 ausgiebig befragt hat.
       
       ## Theater für Intellektuelle?
       
       Dann könnte man sich bei den Leuten auch gleich umhören, wie ihnen die
       Inszenierungen denn so gefallen haben. Rohmeyer nämlich findet sie
       „manchmal zu verkopft“ – in Bremen werde zu viel „Theater für
       Intellektuelle“ gemacht, sagt er, dabei gebe es ja auch Menschen, „die sich
       im Theater einfach nur unterhalten lassen wollten“. Und das auf
       Boulevardtheater spezialisierte Packhaustheater im Schnoor etwa werde
       „überrannt“, so der CDU-Politiker.
       
       Die letzte Saison war die „wirtschaftlich erfolgreichste“, seit er vor 16
       Jahren in Bremen angefangen habe, sagt der Theatermacher Knut Schakinnis,
       der auch das benachbarte Theaterschiff bespielt. Bei einer Auslastung von
       knapp 73 Prozent und knapp 500 Vorstellungen kamen rund 65.000
       BesucherInnen.
       
       ## Zufriedener Senat
       
       „Unterhaltung können wir auch!“, entgegnet Stadttheater-Intendant
       Börgerding, dem auch Miriam Strunge von der Linkspartei attestiert,
       „richtig gute Arbeit“ zu machen. Rohmeyer mache sich „zum Anwalt eines
       gefühlten Publikums“, so die Kulturpolitikerin.
       
       Börgerding hält die Kritik, sein Theater sei zu verkopft, „einfach für
       Unsinn“. Ja, vielleicht bediene sein Haus im Musiktheater „nicht das
       Operettenpublikum und nicht das Musicalpublikum“, erklärt er. „Ich würde
       lieber sagen, wir nehmen es ernst: das Publikum wie das Genre.“ Auch der
       rot-grüne Senat zeigt sich zufrieden: Das Stadttheater unternehme „große
       Anstrengungen“, um neues Publikum zu gewinnen, ohne das alte zu verlieren.
       
       Einer Publikumsbefragung stehen übrigens sowohl Strunge wie auch der
       Intendant eher skeptisch gegenüber. „Sie kosten viel Geld und bringen in
       aller Regel wenig, das man als Theatermacher nicht schon wüsste“, so
       Börgerding.
       
       28 Dec 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jan Zier
       
       ## TAGS
       
   DIR Bremer Theater
   DIR Michael Börgerding
   DIR CDU Bremen
   DIR Kulturpolitik Bremen
   DIR Kulturpolitik
   DIR Theater Bremen
   DIR Theater Bremen
   DIR Theater Bremen
   DIR Theater Bremen
   DIR Anti-Rassismus
   DIR Bremen
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Gedenkveranstaltung für Klaus Pierwoß: Erinnerung an einen Kämpfer
       
       Das Theater Bremen erinnert an seinen ehemaligen Generalintendanten. An
       Pfingsten war Klaus Pierwoß im Alter von 79 Jahren gestorben.
       
   DIR Theaterdebatte in Bremen: Ist das Theater zu verkopft?
       
       Die Bremische Bürgerschaft hat über die Arbeit des Bremer Theaters
       debattiert – es war ein Streit mit Ansage.
       
   DIR Chorleiterin Meregaglia über Theaterpreis: „Wir haben eine Mission“
       
       Den Kurt-Hübner-Preis erhalten am Montag Alice Meregaglia und der Opernchor
       des Bremer Theaters – auch weil er als ein Modell für gelebte Diversität
       gelten kann.
       
   DIR Blackfacing im Bremer Theater: Mit rassistischer Schminke
       
       Das Theater Bremen sorgt mit seiner Aufführung der Oper „The Rake’s
       Progress“ für einen Blackfacing-Skandal, den der Intendant nicht erkennen
       mag.
       
   DIR Museen geht der Nachwuchs aus: Die Angst vor der Kunst
       
       In Bremer Museen kamen zuletzt viel weniger BesucherInnen als noch vor ein
       paar Jahren. Die CDU fordert deshalb nun freien Eintritt für alle
       SchülerInnen.