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       # taz.de -- Klimakonferenz in Kattowitz: Aktivisten lachen US-Kohlefans aus
       
       > Bei der Klimakonferenz hat die Trump-Regierung ihre Liebe zu Kohle und
       > Atom zelebriert. Umweltschützer übten lauten Protest.
       
   IMG Bild: „No hope without climate action“: Greenpeace beleuchtet Mehrzweckkomplex in Kattowitz
       
       KATTOWITZ taz | Es beginnt mit einem Lachen. Gerade hat Preston Wells
       Griffith, Energie- und Klimaberater des Weißen Hauses, gesagt: „Wenn wir es
       ernst meinen mit dem Kampf gegen die Armut, dann geht das nur mit fossilen
       Brennstoffen“, da beginnt eine Frau im Publikum des Saals „Wisla“ laut zu
       lachen.
       
       Und schon geht es los: Dutzende von Demonstrantinnen und Protestlern stehen
       auf, schwenken Transparente und unterbrechen die einzige offizielle
       Veranstaltung der US-Delegation bei der 24. Klimakonferenz in
       [1][Kattowitz]. Krawall, wo sonst diplomatische Höflichkeit herrscht.
       
       Etwa zehn Minuten lang legen dann die Demonstranten die Veranstaltung lahm.
       Vor allem junge Leute werfen der Trump-Regierung vor, ihre Zukunft zu
       verheizen. Vic Barett von einer Gruppe Jugendlicher, die die Regierung
       verklagt, ruft: „Wir werden kämpfen“. Andere erinnern daran, dass die USA
       den Ureinwohnern ihr Land auch für Öl-, Gas- und Kohleabbau gestohlen habe,
       „jetzt ist es Zeit, zurückzuzahlen“. Schließlich ziehen die Protestierenden
       unter lauten Rufen „Schämt Euch, Schämt Euch!“ aus dem Saal. Die vier
       Männer auf dem Podium schauen stoisch zu.
       
       ## Vor einem Jahr die gleiche Show
       
       Sie waren nicht überrascht. Denn die Eskalation war von beiden Seiten
       geplant. Der Titel „Innovative Technologien treiben wirtschaftliche
       Dynamik“ klang unspektakulär, hieß aber unter dieser Regierung: Wir lieben
       Kohle, Atom, Öl und Gas. Und die Veranstaltung war die Fortsetzung einer
       ähnlichen Show bei der Klimakonferenz in Bonn vor einem Jahr. Damals hatten
       ebenfalls Dutzende vor allem junger Umweltaktivisten die einzige
       Präsentation der noch neuen Trump-Administration gesprengt. Motto auch
       damals: Wie die USA mit Kohle, Öl und Gas die Welt beglücken.
       
       Die Botschaft hat sich auch nach einem Jahr nicht geändert. Statt fossile
       Reserven möglichst „in der Erde zu lassen“, wie es die Umweltbewegung, die
       Wissenschaft und weite Teile der Klimadiplomaten fordern, sollen man sie
       „ausgraben und klimafreundlich nutzen“, sagt Patrick Suckling,
       Umweltbotschafter aus Australien, einem der größten Kohle-Exportländer.
       
       Preston Wells Griffith vom Energieministerium beschwört „effiziente
       Kohlekraftwerke“ und technische Innovation und preist kleine Atomreaktoren
       für die Energieversorgung weltweit. „Die USA sind weltweit führend bei der
       Entwicklung sauberer Technologie“, ruft er in den Saal. Weil weltweit der
       Energiehunger immer weiter wachse, müsse man alle CO2-armen Techniken zur
       Geltung bringen: Atomkraft, Gas aus dem unterirdischen Fracking, das
       umstrittene Einfangen und Abscheiden des Klimagases CO2, genannt „Carbon
       Capture and Storage“ (CCS). Das sei schon längst eine „erprobte Technik“,
       heißt es.
       
       Zur Inszenierung gehört auch, dass sich gleich nach dem Podium in den
       Hallen der Konferenz die Umweltgruppen, Entwicklungsorganisationen und
       Mitglieder der progressiven US-Bewegung „We are still in“ den Journalisten
       stellen, um das Bild der USA gerade zu rücken: Hochrangige Manager von
       Microsoft, Mars oder IKEA in der Industrielobby „We mean Business“ erklären
       allen, wie ernst sie den Klimawandel nehmen und wie viel Ökostrom sie
       inzwischen beziehen.
       
       ## „Was kommt als nächstes?“
       
       Auch die Umweltgruppen reagieren routiniert genervt: „Eine einzige Show“,
       nennt Alden Meyers von der „Union of Concerned Scientists“ den Auftritt,
       „Trump macht das, um den Konzernen zu zeigen, dass er für sie kämpft. Die
       Kohle in den USA stirbt. Aber wenn die Umweltschützer gegen sie
       demonstrieren, dann macht er alles richtig, denken sie.“
       
       Michael Bloomberg, Millionär und ehemaliger republikanischer Bürgermeister
       von New York, der nun UN-Sonderbotschafter zum Klimawandel ist, kommentiert
       sarkastisch: „Trump ignoriert den Bericht seiner eigenen Behörden zu den
       Klimaschäden in den USA. Was kommt als nächstes – wird er die Fakten zur
       Gefahr durch Tabak beiseite wischen und solche Ergebnisse dann auf einem
       Krebs-Kongress verbreiten?“
       
       Provokation und Krawall lenken derweil davon ab, dass die US-Delegation auf
       der Konferenz eigentlich relativ geräuschlos arbeitet und [2][bislang den
       Prozess nicht weiter torpediert]. Zwar blockierten sie am Wochenende
       zusammen mit Saudi-Arabien die Erwähnung des 1,5-Grad-Berichts des
       UN-Klimarats IPCC, aber bei den Beratungen zum „Regelbuch“ bliebe die
       US-Delegation bei ihrer alten Linie, berichten Verhandler.
       
       Damit bilde sie weiterhin ein Gegengewicht zur chinesischen Seite, wenn es
       um Offenlegung von Daten und bessere Transparenzregeln gehe. Die „High
       Ambition Coalition“, eine Gruppe, die vor drei Jahren durch
       anspruchsvollere Maßstäbe das Pariser Klimaabkommen relativ ehrgeizig
       machte, haben die USA zwar verlassen. Aber zumindest bei einem der drei
       wichtigsten Knackpunkte der Gespräche, bei den Transparenzregeln, ziehen
       sie weiter am gleichen Strang.
       
       10 Dec 2018
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
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