URI: 
       # taz.de -- Kommentar Macron zu Gelbwesten: Zynisches Weihnachtsgeschenk
       
       > Präsident Macron verspricht den protestierenden Bürgern Frankreichs mehr
       > Lohn. Der Haken dabei: Das Geschenk soll aus Steuern finanziert werden.
       
   IMG Bild: Im Fernsehen gab Macron den „Papa Noel“ – mit fragwürdigen Geschenken für die Gelbwesten
       
       Hoffentlich glauben die französischen WutbürgerInnen in den gelben
       Warnwesten nicht mehr an den Weihnachtsmann. Sonst müssen sie heute sehr
       enttäuscht sein. Emmanuel Macron alias „Papa Noël“ [1][verspricht diesen
       Landsleuten per Fernsehansprache] eine tolle Bescherung, obschon sie ja
       wirklich nicht brav waren.
       
       Doch statt ihnen die traurige Wahrheit zu sagen, dass er nämlich so gut wie
       pleite ist, zaubert er aus seinem Sack prächtig verpackte Geschenke hervor
       für die Armen, die Witwen und Entrechteten… Er hat ein rührendes Wort für
       alle Zukurzgekommenen. Das kostet ebenso wenig wie ein bisschen Reue. Ob
       diese Masche der Anbiederung noch ankommt, ist eine andere Sache.
       
       Beim Auspacken der Gaben kommen den Beglückten wahrscheinlich schnell erste
       Zweifel. Macron stellt ihnen eine sofortige Kaufkraftsteigerung ab Januar
       2019 in Aussicht – wie von den „Gilets jaunes“ gefordert. Doch was bedeutet
       es, wenn eine Erhöhung des Minimallohns um 100 Euro im Monat nicht von den
       Arbeitgebern beglichen wird oder dass die Unternehmen für die steuerfreien
       Überstunden keine Sozialkosten haben?
       
       Die Rechnung geht an die Steuerzahlenden und an das öffentliche
       Sozialversicherungssystem. Die dicken Freunde des „Präsidenten der
       Reichen“, wie Macron nicht grundlos heißt, müssen dagegen keinen Centime
       mehr abgeben.
       
       ## Konfliktlösung nach dem Verursacherprinzip
       
       Generös stellt Macron so einen ungedeckten Scheck aus. [2][Er versucht sich
       den sozialen Frieden zu erkaufen] – zu Lasten der bereits hoch
       verschuldeten Staatskasse. Bezahlen werden am Ende mit ihren Steuern jene
       Bürger und Bürgerinnen, die heute gegen die zu hohe und ungerecht verteilte
       Steuerlast revoltieren. Die fragwürdige Logik dabei: Wer ein Entgegenkommen
       verlangt, soll anschließend selber dafür aufkommen!
       
       Falls der Staatshaushalt nicht ganz aus dem Lot geraten soll, müssen -wie
       dies der Wirtschaftsminister schon längst ankündigt – die öffentlichen
       Ausgaben gekürzt werden. Was eine solche Sparpolitik für sie bedeutet,
       wissen vor allem die Leute in den ländlichen Gebieten, die schon heute
       immer weniger Zugang zu den öffentlichen Diensten und Infrastrukturen haben
       und deswegen seit Mitte November mit ihren gelben Westen gegen „die da
       oben“ in Paris demonstrieren.
       
       In Macrons Konfliktlösung bekommen nach dem „Verursacherprinzip“ letztlich
       die Aufbegehrenden die gesalzene Rechnung für die Beendigung ihrer Revolte.
       Das ist fast zu zynisch, um wahr zu sein.
       
       11 Dec 2018
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Gelbwesten-Proteste-in-Frankreich/!5558181
   DIR [2] /Gelbwesten-Protest-in-Frankreich/!5557608
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Rudolf Balmer
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Emmanuel Macron
   DIR Gelbwesten
   DIR Schwerpunkt Frankreich
   DIR Schwerpunkt Frankreich
   DIR Gelbwesten
   DIR Schwerpunkt Brexit
   DIR Gelbwesten
   DIR Musikfestival
   DIR Schwerpunkt Emmanuel Macron
   DIR Schwerpunkt Frankreich
   DIR Schwerpunkt Emmanuel Macron
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Gelbwesten-Protest in Frankreich: Vermachtete Strukturen
       
       Frankreich zeigt dieser Tage sein verzweifeltes Gesicht. Hinter den
       Fassaden driften die Lebenswelten schon lange auseinander. Das Land ist
       kaputt.
       
   DIR Proteste in Frankreich: Aufruf gegen Gewalt
       
       Opfer von Anschlägen in Frankreich wenden sich an die Öffentlichkeit. Sie
       kritisieren die „Gelbwesten“, aber auch die Berichterstattung der Medien.
       
   DIR EU-Gipfel in Brüssel: Krisen, Krisen, nichts als Krisen
       
       Eigentlich wollten die Staats- und Regierungschefs beim Weihnachtsgipfel in
       Brüssel nur Erfolge feiern. Nun droht die EU zu zerbröseln.
       
   DIR Kommentar Facebook und die Gelbwesten: Gute Revolte, schlechte Revolte
       
       Facebooks Algorithmus soll die Gelbwesten-Proteste angefeuert haben. Das
       Unternehmen wird nun dafür gescholten – warum eigentlich?
       
   DIR Gelbwesten-Proteste und Transmusicales: Gehör finden, wenn es knallt
       
       Soldaten mit Gewehren, vernagelte Banken: Die Proteste in Frankreich
       überschatten die 40. Ausgabe des Festivals Transmusicales im bretonischen
       Rennes.
       
   DIR Gelbwesten-Proteste in Frankreich: Macron verspricht Zugeständnisse
       
       In einer Fernsehansprache kündigt Frankreichs Präsident Emmanuel Macron
       sozialpolitische Maßnahmen an. Die Forderungen der Protestbewegung gehen
       aber weiter.
       
   DIR Tradition des Widerstands in Frankreich: Was Ludwig XVI. Macron lehren kann
       
       Die Protestkultur der Franzosen reicht Jahrhunderte zurück. Die Lektion für
       Könige und Präsidenten lautet: Legt euch nicht mit dem Volk an.
       
   DIR Kommentar Gelbwesten-Proteste in Paris: Kein Grund zum Danken
       
       Die Gewalt ist in Frankreich nicht so sehr eskaliert wie befürchtet. Das
       aber ist weder beruhigend noch ein Sieg der Staatsgewalt.