# taz.de -- Kommentar Dissidenten in Nicaragua: Rache in Etappen
> Medien, Menschenrechtsbüros und zivilgesellschaftliche Organisationen
> werden in Nicaragua drangsaliert. Demonstrationen sind verboten.
IMG Bild: Ein lupenreiner Demokrat: Daniel Ortega
Patadas de ahogado, wörtlich die Fußtritte des Ertrinkenden, so sagt man im
Spanischen, wenn jemand, der seine Sache verloren sieht, noch einmal mit
aller Kraft um sich schlägt. Man ist versucht, dieses Bild auf das
Ortega-Murillo-Regime in Nicaragua anzuwenden, das gerade die letzten
Bastionen der Dissidenz schleift.
Unter dem Pauschalvorwurf der Verschwörung und des Putschversuchs werden
Medien, Menschenrechtsbüros und zivilgesellschaftliche Organisationen
drangsaliert, verboten und von der Polizei gestürmt. Es wird nicht mehr
[1][scharf geschossen], wie noch vor wenigen Monaten. Demonstrationen
werden einfach nicht mehr zugelassen.
Den aufgelösten Institutionen ist gemein, dass sie von Leuten geleitet
werden, die vor wenigen Monaten noch Daniel Ortega bei einem von den
Bischöfen moderierten nationalen Dialog gegenübersaßen und dessen Rücktritt
sie forderten. Die Rache folgte etappenweise. Erst ließ der ehemalige
Revolutionskommandant die Protestbewegung unter hohem Blutzoll militärisch
niederschlagen, dann wurden Proteste kriminalisiert und Oppositionelle
scharenweise eingesperrt. Jetzt sollen die letzten Stimmen des Widerstands
zum Schweigen gebracht werden.
Wie Erdoğan in der Türkei oder Putin in Russland bedient sich Ortega formal
der Instrumente des Rechtsstaats, um die Demokratie außer Kraft zu setzen.
Ein Scheinparlament, wo sich die regierungstreue Zweidrittelmehrheit einem
dreisten Wahlbetrug verdankt, liefert die rechtliche Grundlage für die
Unterdrückung aller abweichenden Meinungen.
Das außenpolitisch weitgehend isolierte Regime, das sich im Inneren
jüngsten Umfragen zufolge nur noch auf knapp ein Fünftel der Bevölkerung
stützen kann, zeigt keinerlei Signale der Kompromissbereitschaft. Aber
mittelfristig kann sich keine einzig von den Bajonetten getragene Despotie
halten. Der Widerstand findet zwar großteils nur mehr in den sozialen
Medien statt, doch die sind kaum zum Schweigen zu bringen. Schließlich
gehören die Mobiltelefongesellschaften transnationalen Konzernen.
17 Dec 2018
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## AUTOREN
DIR Ralf Leonhard
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