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       # taz.de -- Ruanda und Burundi im Clinch: Drohungen in Ostafrika
       
       > Burundis Präsident nennt Ruanda „Feind“. Ruandas Präsident ordnet Manöver
       > an. Es gibt Tote bei Überfällen in Ruanda. Was kommt noch?
       
   IMG Bild: Gleich platzt die Hutschnur: Burundis Präsident Pierre Nkurunziza
       
       Bukavu taz | Paul Kagame in voller Kampfuniform: Das hat die Öffentlichkeit
       seit der ersten Wahl des ehemaligen Guerillaführers zum Präsidenten von
       Ruanda im Jahr 2003 nicht mehr gesehen.
       
       Bei einer Parade in der Militärakademie Gabiro im Norden Ruandas befahl
       Kagame am vergangenen Dienstag den Beginn einer Militäroperation „Harter
       Schlag“ zu „Übungszwecken“ und drohte: „Das ist der Beweis, dass wir fähig
       sind, denen entgegenzutreten, die Ruanda provozieren und die uns Böses
       wollen.“
       
       Vier Tage später wird Ruanda angegriffen, von Burundi aus. Am Samstag
       starben im südruandischen Bezirk Nyamagabe zwei Menschen nach einer
       Attacke gegen drei Kleinbusse. Acht Menschen wurden verletzt, erklärte
       Ruandas Verteidigungsministerium und schickte Spezialtruppen in den
       Nyungwe-Wald, um die Angreifer zu jagen.
       
       Vor der Presse erklärte Kagame: Ruandas bewaffnete Oppositionsgruppen, die
       im Kongo kämpfende FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas) und
       der RNC (Ruandas Nationalkongress), „halten Treffen ab in unserer
       Nachbarschaft“. Ein eindeutiger Wink gegen den Nachbarstaat Burundi.
       
       ## Immer wieder Scharmützel
       
       Kagame, der einstige Tutsi-Rebellenführer, dessen Guerilla 1994 dem
       Völkermord an Ruandas Tutsi ein Ende setzte, wirft seit 2015 dem von
       einstigen Hutu-Rebellen regierten Burundi vor, die FDLR zu beherbergen.
       Ruanda schickte Spezialeinheiten gen Burundi, seitdem kommt es immer wieder
       zu Scharmützeln.
       
       Im Juli drangen Milizionäre von Burundi aus in den dichten Regenwald des
       Nyungwe-Nationalparks im Süden Ruandas ein und töteten Zivilisten,
       Parkranger und Soldaten. Eine neue ruandische Rebellenkoalition MRCD
       (Ruandische Bewegung für demokratischen Wandel) bekannte sich zu der
       Attacke. Sie hätte diesen Angriff nicht ohne Komplizenschaft Burundis von
       dessen Territorium aus unternehmen können.
       
       Was als Streit zwischen Nachbarn begann, zieht ganz Ostafrika in die Krise.
       Vor zwei Wochen platzte der Staatengipfel der Regionalorganisation EAC
       (Ostafrikanische Gemeinschaft). Der Grund: Burundis Präsident Pierre
       Nkurunziza boykottierte das jährliche Spitzentreffen im tansanischen
       Arusha.
       
       ## Beschwerdebrief an Uganda
       
       In einem Brief an Ugandas Präsident Yoweri Museveni, der den EAC-Vorsitz
       hält, sprach Nkurunziza von „Terroristen“, die „mit Rückendeckung Ruandas
       in Burundi operieren“. Weiter beschuldigte Burundis Präsident in dem
       siebenseitigen Brief, der der taz vorliegt, Ruanda für den Putschversuch
       2015 verantwortlich zu sein, als Nkurunziza fast vom eigenen Militär
       gestürzt worden wäre, während er sich beim EAC-Gipfel in Tansania aufhielt.
       
       Im Brief heißt es weiter, Ruanda rekrutiere in Flüchtlingslagern –
       zahlreiche Burundier sind vor der zunehmenden Gewalt gegen Oppositionelle
       in ihrem Land nach Ruanda geflohen – junge Burundier als Kämpfer.
       Nkurunziza sprach von einem „offenen Konflikt“ mit dem „Feind“ Ruanda, den
       die EAC jetzt lösen solle.
       
       Als EAC-Vorsitzender müsste jetzt Ugandas Präsident Museveni vermitteln.
       Doch Museveni steht derzeit selbst auf Kriegsfuß mit dem ruandischen
       Präsidenten. Er beschuldigt Kagame, Spione nach Uganda entsandt zu haben.
       Kagame wirft hingegen Museveni vor, ruandische Oppositionelle zu
       beherbergen, die von Uganda aus Ruandas Regierung stürzen wollen.
       
       ## „Überhaupt nicht gut für Afrika“
       
       Am Donnerstag erteilte Museveni seinem burundischen Amtskollegen eine
       Abfuhr. In seinem Antwortbrief fordert er den burundischen Präsidenten zu
       Gesprächen mit seinen Gegnern auf und erläutert, Uganda wäre heute nicht
       friedlich, wenn „die Revolutionsbewegung, die ich angeführt habe“, nicht
       mit „Terroristen“ verhandelt hätte.
       
       Und der 74-jährige Museveni tadelt den 54-jährigen Nkurunziza: „Das alles
       ist überhaupt nicht gut für Afrika.“ Nkurunziza verhalte sich manipulativ:
       Er nutze die regionale Kooperation, wenn es ihm Vorteile bringe, und
       verwerfe sie, wenn es ihm nicht in den Kram passt.
       
       Die EAC, einst Afrikas Vorzeigeinstitution für regionale Integration,
       steckt also in der Krise. Von Integration kann derzeit keine Rede sein: Es
       gibt keinen gemeinsamen Standpunkt zu den Freihandelsabkommen mit der EU,
       beim gemeinsamen EAC-Touristenvisum machen Tansania und Burundi nicht mit,
       der EAC-Reisepass sowie die EAC-Zollunion stecken fest.
       
       Ostafrikas Analysten warnen bereits vor einem Auseinanderbrechen der EAC.
       Zu Beginn 2019 wird Ruanda den EAC-Vorsitz übernehmen – eine friedliche
       Einigung scheint Präsident Kagame erst einmal nicht anzustreben. Der
       geplatzte EAC-Gipfel soll jetzt noch vorher stattfinden, am 27. Dezember.
       Wer kommt, ist offen.
       
       16 Dec 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Simone Schlindwein
       
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