# taz.de -- Kommentar zur Karl-Marx-Allee: Mieterorganisation lohnt sich
> Die Mieter der Karl-Marx-Allee machen mit beim Rückkauf ihrer Wohnungen.
> Das liegt auch an den Mitbestimmungsstrukturen vor Ort.
IMG Bild: So sieht eine gute organisierte Nachbarschaft aus
Es hat funktioniert. Mehr als genug MieterInnen der vom Kauf durch die
Deutsche Wohnen betroffenen Häuser an der Karl-Marx-Allee haben
entschieden, dem Immobilienkonzern ein Schnippchen zu schlagen. Indem sie
ihre Wohnung per Vorkaufsrecht erst selbst erwerben und anschließend sofort
an die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft Gewobag weiterverkaufen, wird
die Rekommunalisierung der 1993 privatisierten Blöcke Wirklichkeit. Mit 30
Prozent, 40 Prozent und 46 Prozent der Mieter wurde in jedem der drei
Blöcke das erforderliche Quorum erreicht, damit die Gewobag künftig auch
über eine Sperrminorität verfügt.
Das ist ein Sieg für die Bezirks- und Landespolitiker von Linken und
Grünen, die diese Lösung gegen den Koalitionspartner SPD durchgesetzt
hatten – dass die Sozialdemokraten hier wieder einmal die Gelegenheit
verpassten, Politik für ihre eigene Klientel zu machen, scheint schon kaum
mehr der Rede wert. Das ist aber auch ein Sieg für die stadtpolitische
Bewegung in Berlin, ohne deren Stärke ein Politiker wie Florian
„Investorenschreck“ Schmidt, grüner Baustadtrat von
Friedrichshain-Kreuzberg, gar nicht denkbar wäre. Und es ist ein Sieg für
die MieterInnen der Karl-Marx-Allee, die sich zusammengeschlossen,
protestiert und gekämpft haben und bereit sind, für die Rekommunalisierung
ihrer Wohnungen ein Risiko einzugehen – gut möglich schließlich, dass ein
jahrelanger Rechtsstreit mit der Deutschen Wohnen folgt.
Der hohe Organisationsgrad der Mieterschaft – seit Wochen ganz augenfällig
an den Hunderten Transparenten und bunten Tüchern abzulesen, die die Blöcke
rechts und links der einstigen sozialistischen Parademeile zieren – kommt
nicht von ungefähr. Schon seit der Privatisierung 1993/1994 gibt es hier
[1][einen Mieterbeirat]. Ohne das Vertrauen, das dieser in der Mieterschaft
genießt, wäre es kaum möglich gewesen, so viele von dem komplizierten, mit
Risiken behafteten Modell des gestreckten Erwerbs zu überzeugen.
Das zeigt: Für den Kampf gegen Gentrifizierung ist es nicht nur
entscheidend, wem die Häuser gehören. Sondern auch, wie viel diejenigen
mitbestimmen können, die drin wohnen. Rekommunalisierung allein schützt
deswegen auch nicht dauerhaft die Interessen der Mieter – es braucht starke
Selbstverwaltungsstrukturen, über die Mieter selbst für die Wahrung ihrer
Interessen sorgen können. Diese Rekommunalisierung Plus, die etwa die
Mieter-Initiative Kotti & Co [2][schon seit Jahren fordert], ist das Rezept
für die sozial gerechte Stadt von morgen.
4 Jan 2019
## LINKS
DIR [1] http://mieterbeirat-kma.de/
DIR [2] https://kottiundco.net/2013/10/30/rekommunalisierung-plus-kotti/
## AUTOREN
DIR Malene Gürgen
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