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   IMG Bild: Am 12. März waren noch alle stolz auf den Vertrag
       
       Von Leonie Ruhland
       
       Lange hat es gedauert, sehr lange wurde verhandelt, dann war er da: ein
       Packen Papier, der am 12. März 2018 von den Vertreter:innen der gewählten
       Regierung unterschrieben wurde. Ein Vertrag zwischen den koalierenden
       Parteien CDU, CSU und SPD, der in vierzehn Kapiteln erklären sollte, wie
       die Regierung in den kommenden Jahren das Land zu führen gedenkt. „Ein
       neuer Aufbruch für Europa, eine neue Dynamik für Deutschland, ein neuer
       Zusammenhalt für unser Land“, steht gleich auf der ersten Seite nach dem
       Deckblatt. Man sollte meinen, es handelt sich hier um ein wichtiges
       Dokument, über dessen Aufbewahrungsort alle beteiligten Parteien
       genauestens Bescheid wissen.
       
       Nach mehreren Anrufen, Weiterleitungen, lange andauernden Mailwechseln und
       schließlich der Aussage, man melde sich, um dann doch vor stummen Telefonen
       zu sitzen, stellt sich heraus: Dem ist nicht so. Immerhin lässt sich in
       Erfahrung bringen, dass es drei Originalexemplare gibt, jeweils eines für
       jeden Koalitionspartner. Aber wo sie denn nun liegen, das weiß bei
       erstmaliger Kontaktaufnahme zunächst niemand.
       
       Bei der CSU wird am Telefon perplex gelacht. Dann folgt die Information,
       der Vertrag sei für alle online einsehbar. Ähnlich klingt es bei der
       Schwesterpartei CDU: Das Original brauche hier keiner. Es stehe ja alles im
       Netz. „Unser Exemplar des Koalitionsvertrages wird im Konrad-Adenauer-Haus
       aufbewahrt und archiviert“, weiß schließlich der stellvertretende
       Pressesprecher David Ermes. Das ist irgendwie ironisch. Vielleicht läuft es
       auch deshalb nicht so gut mit der Großen Koalition, weil die eine Seite das
       gemeinsame Programm bereits kurz nach Beschluss im Archiv verstaut.
       
       Und dann kommt doch noch ein überraschender Rückruf. Philipp Geiger von der
       Pressestelle der Sozialdemokraten hält gerade „eine gebundene
       Hardcover-Kopie in einem wunderschönen Mausgrau“ in seinen Händen. Dieses
       Exemplar habe er von Frau Nahles höchstpersönlich, immerhin sei der Vertrag
       ja „so wie das Evangelium. Da hat der Papst auch die Hand drauf.“
       
       Der pflegliche Umgang mit wichtigen Dokument passt zu einer Frau, die als
       machtbewusst gilt, streng wirkt und stets den Überblick behalten will. Ob
       das viel bringt, während ihr die politische Kontrolle zu entgleiten
       scheint, bleibt fraglich. Immerhin weiß sie, wo sie die vertragsbindenden
       Unterschriften finden kann. Bei der CSU sucht man wohl noch heute danach.
       
       29 Dec 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Leonie Ruhland
       
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