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       # taz.de -- Kolumne Kulturbeutel: Kicker und die Hunde von Berlin
       
       > Der deutsche Fußball kommt in der Netflix-Serie „Dogs of Berlin“ nicht
       > gerade gut weg. Er ist so verkommen, dass es direkt lustig ist.
       
   IMG Bild: Authentisch miese Typen auf Spielgeld: die Herren Grindel, Koch und Beckenbauer
       
       Es gibt einen Neuen. Der DFB ist Vergangenheit. Der neue Dachverband des
       deutschen Fußballs heißt BDF. Vor dem Qualifikationsspiel der deutschen
       Nationalmannschaft gegen die Türkei im Berliner Olympiastadion ist die
       ganze Stadt plakatiert mit Orkan Erdem, dem besten Spieler der Auswahl. Die
       Plakate sind Werbung für das Spiel und Teil einer Anti-Rassismus-Kampagne
       des Bundes deutschen Fußballs, des BDF.
       
       [1][Wie fast alles] in der [2][Netfilx-Serie „Dogs of Berlin“] ist auch das
       Quatsch. Lächerlich. Fast schon lustig. Ein deutscher Fußballverband, der
       mit dem Gesicht eines türkeistämmigen Spielers eine Kampagne gegen
       Rassismus fährt. Das ist so ausgedacht, dass man aus dem Lachen schier
       nicht mehr herauskommt. Im DFB gibt es keinen Rassismus, das haben wir doch
       2018 gelernt.
       
       Kein Wunder, dass der nationale Fußballverband in der Serie nicht DFB
       heißt, sondern BDF. Die Leute würden glatt noch lauter lachen. Auch über
       den sinistren Vizepräsidenten des Verbands, der einen natürlich höchst
       zwielichtiigen Spielerberater anheuert, der den jungen Nationalspielern
       minderjährige Prostituierte zuführen soll, um diese bei Bedarf erpressen zu
       können.
       
       Auch dass der deutsche Verband eine Problemfixerin beschäftigt, die
       pistolenfuchtelnd im Spielermilieu ermittelt, bis sie feststellt, dass der
       Skandal, den sie aufdecken soll, vom Verband selbst organisiert worden ist,
       macht die Serie, die so gerne authentisch daherkommen würde, zu einer
       wahren Comedy-Orgie.
       
       ## Killer im Auftrag des Fußballs
       
       Die Macher haben wohl ein paarmal zu oft das von den Ultras so gerne
       angestimmte Liedchen von der „Fußballmafia DFB“ gehört und sich dann den
       Grindelklub als skrupellose Verbrecherbande ausgemalt. Der bräsige
       Frankfurter DFB mag ein unsympathischer Klub sein. Er mag im Dialog mit den
       Fans versagen, er mag nicht in der Lage sein, seine Nationalspieler vor
       rassistischen Pöbeleien in Schutz zu nehmen, er mag Fans Stakeholder nennen
       und sein Team „die Mannschaft“, er mag mitmischen in der korrupten
       Fifa-Welt und im Millionenspiel vergessen, dass er ein gemeinnütziger
       Verein ist, aber eines ist doch relativ sicher: Er wird sich keine Killer
       anheuern, um Leute auszuschalten, die vielleicht zuviel wissen über jene
       mysteriösen Millionenzahlungen, die im Vorfeld der WM 2006 über Konten von
       Franz Beckenbauer auf ein Konto einer Gerüstbaufirma in Katar geflossen
       sind.
       
       Der DFB schreibt irre Geschichten, Mord und Totschlag kommen darin
       allerdings nicht vor. Auch deshalb dürfte aus dem DFB in „Dogs of Berlin“
       der BDF geworden sein. Dass der Bund Deutscher Forstleute die Abkürzung
       ebenso verwendet wie der Bundesverband Deutscher Fertigbau und der
       Bundesverband der Deutschen Fluggesellschaften, wird den Serienmachern egal
       gewesen sein, und vom Deutschen Fernschachbund, der sich auch BdF abkürzt,
       werden sie wahrscheinlich noch nie etwas gehört haben.
       
       Während es der DFB mit seinem Namen also nicht zu den Hunden von Berlin
       geschafft hat, ist Bundesligist RB Leipzig sehr wohl vertreten. So manch
       Dosenklubhasser wird sich freuen, dass der Klub es ins Verbrechermilieu bei
       Netflix geschafft hat, weil er der Meinung sein mag, dass er genau dort
       hingehört. Aber der Klub ist kreuzbrav in der Serie. Er kann ja nichts
       dafür, dass der hoffnungsvolle Jungnationalspieler sich im Spiel bei Hertha
       BSC – ja, auch die Dame darf mit echtem Namen bei „Dogs of Berlin“
       mitspielen – im Auftrag der Wettmafia eine Rote Karte abholt.
       
       Oft und wirklich klar und deutlich ist das Trikot von Rasenballsport
       Leipzig in der Serie zu sehen. Wer dabei an Werbung für koffeinhaltige
       Limonade denkt, mag gar nicht so falsch liegen und lachen, wenn er sieht,
       wie die Mannschaft auf dem ehrwürdigen Rasen des Stadions im Berliner
       Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark trainiert, während die Einblendung sagt,
       man befinde sich gerade in Leipzig. Haha!
       
       Fußballfans, denen nicht schlecht wird, wenn literweise Filmblut fließt,
       werden ihren Spaß haben an der Serie. Versprochen!
       
       3 Jan 2019
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Rüttenauer
       
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