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       # taz.de -- Buch über Selbsterhaltung: Das Trauma bewältigen
       
       > Es ist oftmals harte Arbeit trotz Verletzungen und Verwundungen den
       > Alltag zu bewältigen, schreibt die Psychoanalytikerin und Autorin Jay Meg
       > .
       
   IMG Bild: Der Versuch sich vor der Welt zu verstecken, wenn alles zu viel wird
       
       Nietzsches Schlussfolgerung nach der uns stärker macht, was uns nicht
       umbringt, steckt im Begriff Resilienz. Diese psychische Widerstandskraft
       befähigt Krisen zu bewältigen und sie durch Rückgriff auf persönliche und
       sozial vermittelte Ressourcen zur Entwicklung zu nutzen.
       Bewältigungsstrategie und Selbsterhaltung gehören zur Resilienz. Zahllose
       Menschen mussten in ihrer Kindheit große Schwierigkeiten verarbeiten, ohne
       Hilfe zu erhalten und ohne später im Leben daran zu zerbrechen.
       
       Warum kann ein Trauma durch Scheidung der Eltern, körperliche, sexuelle
       oder emotionale Misshandlungen, aber auch Armut und Hunger das Leben des
       einen Heranwachsenden schwer beeinträchtigen, während ein anderer solche
       traumatischen Erfahrungen bewältigt? Wie das gelingt untersucht das Buch
       von Jay Meg „Die Macht der Kindheit“.
       
       Die Professorin für Klinische Psychologie an der University of Virgina und
       Psychoanalytikerin fragt nach Bewältigungsstrategien und Voraussetzungen.
       Resilienz bezeichnet sie als „Supernormalität“. „Supernormale“ nutzen ihre
       Wut, um sich selbst zu ermächtigen, wo andere Ohnmacht erleben.
       
       In ihrem Buch verdichtet die Autorin ihre therapeutischen Erfahrungen mit
       auffallend widerstandsfähigen Klientinnen und Klienten zu Fallgeschichten
       und Analysen. Es sind Geschichten aus ihrer Praxis, sie zitiert aber auch
       aus Memoiren, Autobiografien und Biografien bekannter Stars wie André
       Agassi, Oprah Winfrey oder Andy Warhol. Sie unterfüttert ihre Erzählung
       mit Studien und Zitaten aus der Fachliteratur. Ihr roter Faden ist dabei
       die Komplexität der Resilienzerfahrung.
       
       Ihr Fazit: „Resilienz ist keine endlos dehnbare ‚Gummiband-Persönlichkeit‘,
       sondern lebenslange harte Arbeit, die Kreativität erfordert,
       Beharrlichkeit, viel Mut und die Bereitschaft, immer wieder aufzustehen.“
       Meg Jay arbeitet aber auch die Macht einer Redekur heraus: „Freud ging
       zunächst von der Annahme aus, dass das aussprechen zu einer Art Katharsis –
       zu einer Befreiung von unterdrückten Erinnerungen und Gefühlen führe – doch
       die Forschung legt nahe, dass mehr dahinter steckt.“
       
       Das Buch ist eine Ermutigung: Denn niemand, der als Kind geschlagen oder
       gedemütigt wurde, die Mutter in Depressionen versinken sah oder den Vater
       in Prügelorgien und Alkohol, kam ohne bleibende Verwundungen davon. Die
       Mischung aus Prosa und Fachwissen macht das Buch von Meg Jay zu einer
       leicht lesbaren Lektüre, die dem Trauma die Ausweglosigkeit nimmt.
       
       21 Dec 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Edith Kresta
       
       ## TAGS
       
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