URI: 
       # taz.de -- Europäische Arbeitslosenkasse: Streit über mehr Schutz für Arbeitslose
       
       > Erst im Dezember beschloss die EU, künftig bessere Verkehrungen gegen
       > Finanzkrisen treffen zu wollen. Bei ersten Maßnahmen hapert es.
       
   IMG Bild: Von „wollen“ oder „fordern“ könne in Bezug auf die Arbeitslosenversicherung keine Rede sein
       
       Brüssel taz | Die EU will sich besser gegen Wirtschaftskrisen wappnen. Das
       hat der EU-Gipfel im Dezember beschlossen – im Prinzip. Doch sobald es
       konkret wird, gibt es Streit, wie sich am Beispiel einer europäischen
       Arbeitslosenkasse zeigt. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sah
       sich sogar zu einem peinlichen Dementi genötigt.
       
       Es sei nicht richtig, dass Juncker eine europäische
       Arbeitslosenversicherung „wolle“ oder „fordere“, teilte die EU-Kommission
       am Wochenende in einer ungewöhnlichen „Klarstellung“ mit. Der Luxemburger
       erhebe keineswegs die „Forderung nach einem neuen Kriseninstrument“,
       betonte eine Sprecherin. Entsprechende Berichte seien falsch.
       
       Juncker habe vielmehr „einen Mechanismus für die Abfederung von
       asymmetrischen, externen Schocks vorgeschlagen, der auch Rückversicherungen
       für nationale Arbeitslosenversicherungen beinhalten kann.“
       
       Das klingt nicht nur verwirrend – es ist es auch. Denn im Kern geht es sehr
       wohl um eine europäische Arbeitslosenkasse, [1][wie sie seit Jahren in
       Brüssel diskutiert wird]. Länder, die unverschuldet in eine Krise rutschen,
       sollen – so die Idee – weiter Arbeitslosenhilfe zahlen können und nicht
       gezwungen werden, die Bezüge aus Geldmangel zu kürzen. Als Vorbild gilt
       Deutschland.
       
       ## Scholz plant Arbeitslosen-Rückversicherung
       
       Anders als viele andere EU-Länder strich die Bundesregierung in der
       Finanzkrise nicht die Hilfen für Arbeitslose zusammen. Dies half
       Deutschland dabei, besser durch die Krise zu kommen als andere Länder.
       
       Die EU will dieses Modell nun nutzen, um sich auf künftige Schocks
       vorzubereiten. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hat bereits einen
       Vorschlag vorgelegt. Er plant eine europäische
       Arbeitslosen-Rückversicherung. Dabei würden die EU-Länder nicht direkt für
       die Arbeitslosen in anderen Staaten aufkommen, sondern ihre nationalen
       Arbeitslosen-Kassen wechselseitig absichern. Scholz will damit dem Einwand
       vorbeugen, er plane eine „Transferunion“ auf Kosten der deutschen
       Steuerzahler.
       
       Kurz vor dem [2][EU-Gipfel im Dezember] bekräftigte er seine Idee. Er werde
       dafür auf EU-Ebene werben, sagte der SPD-Politiker, einige Unterstützer
       habe er schon gefunden. Doch ausgerechnet Bundeskanzlerin Angela Merkel
       (CDU) trat auf die Bremse. Sie verhinderte, dass Scholz’ Vorschlag auf die
       offizielle EU-Reformagenda kam.
       
       ## „Schneller wieder auf die Beine kommen“
       
       Hat Merkel nun auch Juncker in die Schranken gewiesen? Der Verdacht liegt
       nahe, doch beweisen lässt es sich nicht. Klar ist nur, dass der Streit
       weitergeht. „Wir setzen uns für eine europäische
       Arbeitslosen-Rückversicherung ein, um Europas Arbeitnehmerinnen und
       Arbeitnehmer auch in schweren Krisen abzusichern“, erklärt Jens Geier, Chef
       der SPD-Gruppe im Europaparlament.
       
       Auch Deutschland profitiere davon, „wenn sich die Menschen in anderen
       EU-Staaten unsere Waren leisten können, weil sie aus einem Tief schneller
       wieder auf die Beine kommen“. Der Europawahlkampf ist eröffnet – und die
       Arbeitslosenkasse der EU dürfte dabei einen prominenten Platz einnehmen.
       
       8 Jan 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Debatte-Sozialsysteme/!5518373
   DIR [2] /EU-Gipfel-in-Bruessel/!5555896
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Eric Bonse
       
       ## TAGS
       
   DIR EU-Finanzpolitik
   DIR EU-Kommission
   DIR Arbeitslosigkeit
   DIR Sozialpolitik
   DIR EU-Gipfel
   DIR Olaf Scholz
   DIR Schwerpunkt Brexit
   DIR Italien
   DIR Europa
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR EU-Gipfel in Brüssel: Krisen, Krisen, nichts als Krisen
       
       Eigentlich wollten die Staats- und Regierungschefs beim Weihnachtsgipfel in
       Brüssel nur Erfolge feiern. Nun droht die EU zu zerbröseln.
       
   DIR Europaexpertin über Eurozonen-Budget: „Angst vor Europa, Angst vor der AfD“
       
       Europa brauche einen Plan für ein gemeinsames Eurozonen-Budget, findet
       Ulrike Guérot. Das verhindere ein Auseinanderbröckeln der Europäischen
       Union.
       
   DIR Buch über Europas Zukunft: Eine neue Republik
       
       Vom gleichen Wahlrecht zum gleichen Recht auf soziale Sicherheit: Die
       Politologin Ulrike Guérot beschreibt einen Weg zur Republik Europa.