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       # taz.de -- Urban-Gardening-Konzept des Senats: be Basilikum
       
       > Rot-Rot-Grün will Urban Gardening unterstützen. Und was ist mit den über
       > 71.000 Parzellen in 160 landeseigenen Kleingartenanlagen?
       
   IMG Bild: Im Gemeinschaftsgarten Himmelbeet in Wedding
       
       Der Frühling kann kommen. Der Senat hat sein lange erwartetes
       [1][Urban-Gardening-Konzept] beschlossen, mit dem das freie Stadtgärtnern
       künftig unterstützt werden soll. Der Plan, der noch vom Abgeordnetenhaus
       beschlossen werden muss, sieht sieben Maßnahmen vor, darunter die
       Einrichtung einer neuen Personalstelle für das Thema Urban Gardening.
       
       Berlin ist nicht nur – mit über 71.000 Parzellen in 160 landeseigenen
       Kleingartenanlagen – die Hauptstadt der traditionellen Schrebergärten. Auch
       die neue Bewegung des urbanen Stadtgärtnerns, bei der die Zivilgesellschaft
       Flächen in der Stadt in Besitz nimmt, um dort Obst und Gemüse anzubauen,
       hat in Berlin ihren Anfang genommen. Die Prinzessinnengärten am Moritzplatz
       in Kreuzberg sind inzwischen ein international bekanntes Aushängeschild für
       bürgerschaftliches Öko-Engagement.
       
       Das neue Konzept verfolgt das Ziel, das urbane Gärtnern in allen Formen zu
       fördern und stärker in die städtische Planung einzubringen. Die
       Senatsumweltverwaltung von Senatorin Regine Günther hatte die Federführung.
       Angestrebt wird nach Aussage des Senats auch „die politische Anerkennung
       der Urban-Gardening-Bewegung sowie die Schaffung zukunftsfähiger Formen der
       Zusammenarbeit von Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft“.
       
       Die inhaltlichen Vorgaben hatte das Parlament im Februar in seinem
       Berichtsauftrag an den Senat umrissen. Der Senat sollte zusammen mit den
       Akteur/innen der urbanen Gärten, den Kleingartenverbänden, den
       Gartenarbeitsschulen, der Stiftung Naturschutz, den Initiativen „Grün macht
       Kindergarten“ sowie „Grün macht Schule“ und interessierten Verbänden in
       Berlin „ein gesamtstädtisches Konzept für urbane, Klein- und
       interkulturelle Gärten entwickeln“.
       
       ## Entwicklung zu einer „essbaren Stadt“
       
       Dabei sollte es nicht nur um Fragen von Flächenmanagement und Stadtplanung
       gehen, sondern auch um Bildungskonzepte für Schulen und Kitas, die
       interkulturelle Öffnung der Gärten in die Kieze bis hin zur Entwicklung
       Berlins zu einer „essbaren Stadt“. Dabei werden die städtischen Grünanlagen
       zum Anbau von Gemüse genutzt und an bedürftige Bevölkerungsgruppen
       verteilt.
       
       Die wichtigste koordinierende Maßnahme ist die Stellenbesetzung einer
       „Sachbearbeiterin bzw. eines Sachbearbeiters für städtisches Gärtnern“. Wie
       der Sprecher der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz, Jan
       Thomsen, gegenüber der taz erklärte, habe die Ausschreibung der Stelle
       „eine sehr erfreuliche Resonanz erfahren“. Das Auswahlverfahren laufe noch
       und solle im ersten Quartal 2019 abgeschlossen werden. Wann die ausgewählte
       Person tatsächlich den Dienst antreten könne, hänge von den individuellen
       Möglichkeiten wie Kündigungsfristen ab. „Wir haben in jedem Fall ein hohes
       Interesse an einer schnellen Besetzung“, betonte der Senatssprecher.
       
       Zu den Aufgaben des Urban- Gardening-Beauftragten werden laut
       Senatsbeschluss der „Aufbau von Netzwerken, Plattformen und
       Kommunikationsstrukturen zwischen bürgerlichem Engagement, Verwaltung und
       Politik sowie die Operationalisierung von Pilotprojekten wie urban labs“
       sein. Hinzu kommt „die Integration neuer Formen der Freiraumnutzung im
       Bereich Urban Gardening, Kultur und Sport in die konzeptionelle
       Freiraumplanung im Land Berlin“.
       
       Weiter ist eine Kommunikations- und Informationsplattform im Internet
       vorgesehen, über die sich Bürger über das Urban Gardening informieren und
       ihre eigenen Erfahrungen einbringen können. Die Plattform soll gemeinsam
       mit den Akteurinnen und Akteuren der Gartenszene bis Sommer 2019 erarbeitet
       werden. Das ambitionierte Internetprojekt soll über „Social-Media-Kanäle
       und Voting-Plattformen diverse Wettbewerbe und Onlinebefragungen“
       ermöglichen. Mit dem digitalen Stadtgrün „können künftig urbane Gärten
       räumlich erfasst und in Varianten dargestellt werden“, stellt der Senat in
       Aussicht. Derzeit läuft das Auswahlverfahren für den technischen
       Dienstleister.
       
       ## „Urbanes Gärtnern für alle“
       
       Das Finanzvolumen für das urbane Gärtnern lässt sich derzeit noch nicht
       genau bestimmen, da etliche Institutionen damit befasst sind und
       unterschiedliche Haushaltstitel infrage kommen, teilte der Umweltsprecher
       auf Anfrage der taz mit. Ein „spezielles Förderprogramm mit einem
       definierten Volumen“ sei nicht vorgesehen, weil „urbanes Gärtnern im
       Wesentlichen selbstorganisiert“ erfolge. Wichtiger als Geld seien für die
       Akteure individuellere Lösungen und Hilfestellungen. „So sind zum Beispiel
       die Grundstücksverfügbarkeit und die Bedingungen der Bewirtschaftung im
       öffentlichen Raum wichtigere Themen gewesen“, erläuterte Thomsen.
       
       Weitere Elemente des Konzepts mit dem offiziellen Titel „Urban Gardening in
       der Stadt verwurzeln“ ist die Fortsetzung des Projekts „Berliner
       Hofgärten“, das seit mehr als zehn Jahren vom Senat finanziert und von der
       Umweltorganisation „Grüne Liga Berlin“ durchgeführt wird, sowie der
       „Werkstattgespräche urbanes Gärtnern“. Verknüpfungen sind auch mit der
       „Berliner Ernährungsstrategie“ und dem Bildungsbereich über Lernkonzepte
       für Schulen und Kitas und in der Erwachsenenbildung vorgesehen.
       
       Der politisch kniffligste Teil des Konzeptes betrifft die Einbeziehung des
       organisierten Kleingartenwesen. Deren Kampf um Bestandsschutz hatte im
       vorigen Jahr mit einer Garantiezusage des Senats bis 2030 zwar einen
       Etappensieg erreicht. Nun soll aber die Nutzung behutsam geändert werden.
       „Es bedarf einer zusammen mit den Kleingärtenverbänden entwickelten
       Strategie, wie Parzellen gemeinschaftlich genutzt, große Parzellen geteilt
       und urbanes Gärtnern für alle organisiert werden kann“, heißt es im
       Senatspapier wörtlich. Und weiter: „Hierzu braucht es neue Formen des
       gemeinschaftlichen Gärtnerns in den Berliner Kleingärten.“ Hier steht noch
       ein langer Weg der Annäherung zwischen traditionellen und alternativen
       Stadtgärtnern bevor – ein wichtiges Einsatzfeld für den künftigen
       Senatsbeauftragen für Urban Gardening.
       
       8 Jan 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.berlin.de/rbmskzl/aktuelles/pressemitteilungen/2018/pressemitteilung.767738.php
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Manfred Ronzheimer
       
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