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       # taz.de -- Austritt aus Walfangkommission: Japan jagt wieder offiziell Wale
       
       > Japans Regierung beschwert sich über das Verhalten der Walfangkommission
       > – und tritt zum Juli 2019 aus. Ökoaktivisten sind empört.
       
   IMG Bild: Bald nicht mehr nur zu „Forschungszwecken“: Japan will wieder offiziell Zwergwale fangen
       
       Tokio taz | Nach 67 Jahren verlässt Japan die Internationale Konvention für
       die Regulierung des Walfangs und jagt Wale wieder kommerziell. Damit
       reagiert Japan darauf, dass das Organ dieser Konvention, die Internationale
       Walfangkommission, im September [1][das Fangmoratorium von 1986] nicht
       aufheben wollte. Für den japanischen Antrag hatten 27 Länder gestimmt, aber
       41 waren dagegen. Die Kommission erfülle nicht mehr ihre eigentliche
       Aufgabe, die nachhaltige Nutzung der Walressourcen zu regeln, meinte der
       japanische Verhandlungschef Hideki Moronuki damals.
       
       Nun zog die Regierung die Konsequenzen aus ihrer Niederlage. „Wir haben
       diese Entscheidung getroffen, weil die Länder, die nur auf Walschutz
       fokussiert sind, keine gemeinsame Position suchen wollen“, erklärte
       Kabinettssprecher Yoshihide Suga am Mittwoch. Daher wird Japan ab Juli
       2019, nachdem der Austritt formal vollzogen ist, den Walfang wieder als
       Geschäft betreiben. Bisher wurden die jährlichen Waljagden im Nord- und
       Südpazifik [2][als wissenschaftliche Forschung deklariert] – und
       subventioniert. Unklar blieb zunächst, ob die Staatshilfe nun wegfällt.
       
       Mehr als 30 Jahre lang habe sich Japan in der Walfangkommission um
       annehmbare Lösungen für alle Mitgliedsstaaten bemüht, erklärte die
       Regierung weiter. Inzwischen seien einige Walarten im Überfluss vorhanden.
       Dennoch habe die Kommission nicht einmal erwogen, das Fangverbot
       anzupassen. Außerdem nutze man Wale seit Jahrhunderten in vielfältiger
       Weise. Jedoch will Japans Regierung den Status eines Beobachters bei der
       Kommission behalten.
       
       Das internationale Echo fiel negativ aus. Die Umweltschutzorganisation
       Greenpeace kritisierte den Zeitpunkt der Entscheidung als „hinterhältig“,
       da ausländische Medien wegen der Weihnachtsfeiertage kaum präsent seien.
       „Die Ankündigung steht nicht im Einklang mit der internationalen
       Gemeinschaft, ganz abgesehen vom nötigen Schutz für die Zukunft der Meere
       und dieser majestätischen Kreaturen“, erklärte Sam Annesley,
       Geschäftsführer von Greenpeace Japan.
       
       ## Die meisten Japaner essen kein Walfleisch
       
       Kritik kam auch aus Australien. Der Austritt sei extrem enttäuschend,
       erklärten das Außen- und Umweltministerium. Zugleich wurde begrüßt, dass
       Japan den Walfang im südpazifischen Meer vor der Antarktis einstellen wird.
       Dort fing Japan zuletzt 3[3][33 Zwergwale jährlich] und begründete dies mit
       der wissenschaftlichen Erforschung der Bestände. Dieses legale Schlupfloch
       im Walfangmoratorium hatte Japan seit 1987 ausgenutzt. Nach einem
       kritischen Urteil des Internationalen Gerichtshofes vor vier Jahren musste
       Japan jedoch die Menge der gejagten Meeressäuger um zwei Drittel
       verkleinern.
       
       Künftig wird daher nur in der japanischen 200-Meilen-Meereszone sowie im
       Nordpazifik zur Jagd geblasen. Dort fing die japanische Flotte bisher –
       ebenfalls aus vermeintlichen Forschungsgründen – jährlich 130 Seiwale und
       170 Zwergwale. In diesen Gebieten will Japan nun alle Walarten jagen, deren
       Bestände nicht gefährdet sind. Dahinter steckt ein klares Kalkül: Werden
       mehr Wale gefangen, steigt das Angebot an Walfleisch in Japan und damit der
       Konsum. Bisher kam nur das Walfleisch aus der „wissenschaftlichen“ Jagd in
       den Handel. Doch trotz Importen aus den beiden anderen Walfangnationen
       Island und Norwegen stagnierte der jährliche Verbrauch bei etwa 5.000
       Tonnen. Das sind 98 Prozent weniger als in den sechziger Jahren.
       
       Die meisten Japaner essen kein Walfleisch. Nur die Älteren kennen Wal noch
       als wichtige Proteinquelle aus der Zeit nach dem Weltkrieg, während für die
       Jüngeren Wal nie auf der Speisekarte stand. Bliebe der Konsum so niedrig
       und fänden sich keine anderen Abnehmer, dürfte sich die teure Hochseejagd
       auf Wale kaum rechnen.
       
       26 Dec 2018
       
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