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       # taz.de -- Datenleak in Kunst und Politik: Nur vereinzelt sehr private Daten
       
       > Daten von Künstler*innen, Journalist*innen und Politiker*innen wurden im
       > Netz veröffentlicht. Was wir dazu bisher wissen.
       
   IMG Bild: Zu den bereits bekannten Formen digitaler Überwachung hat sich eine weitere gesellt
       
       Datenleck oder Hackerangriff? Diese Frage beschäftigt derzeit viele
       Menschen im Zusammenhang mit den veröffentlichten Daten von Künstler*innen,
       Journalist*innen und Politiker*innen. Zu den Hintergründen ist bisher wenig
       bekannt, die Vorgehensweise bei der Veröffentlichung der Daten lässt aber
       einige Schlüsse zu.
       
       Was wissen wir? Auf dem Twitterkonto @_0rbit wurden im Dezember in Form
       eines Adventskalenders täglich Daten von Menschen veröffentlicht. @_0rbit
       verlinkte auf einen Blog beim Google-Dienst Blogger, auf dem die Datensätze
       hinterlegt waren. Sowohl das Twitterkonto als auch der Blog wurden am
       Freitag im Laufe des Tages gesperrt.
       
       Die veröffentlichten Daten stammen von Journalist*innen der
       öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, von Künstler*innen und von
       Politiker*innen aller Parteien außer der AfD – also von CDU/CSU, SPD,
       Grünen, FDP und Linken. Die Datensätze fielen unterschiedlich aus: In
       vielen Fällen waren es Kontaktdaten wie Handynummern und Email-Adressen.
       Von einzelnen Personen gab es sehr private Daten wie Fotos und PDFs, Chats
       und private Nachrichten.
       
       Eine breite Öffentlichkeit bekamen die Daten erst, als am Donnerstag das
       Twitterkonto [1][des Youtubers Simon Unge gehackt wurde]. Simon Unge hat
       [2][auf Twitter mehr als zwei Millionen Follower]. „Scheinbar wollte der
       Hacker mir nicht schaden. Er wollte nur meine Reichweite benutzen, um
       Aufmerksamkeit zu bekommen“, sagt Unge [3][in einem Video], dass er
       veröffentlichte, nachdem er wieder Zugriff auf sein Twitterkonto hatte.
       
       Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik hatte offenbar
       [4][schon im Dezember Kenntnis über die Daten]. Das Bundeskriminalamt
       erfuhr laut eigener Aussage erst in der Nacht zu Freitag davon.
       
       ## Was wissen wir nicht?
       
       Bisher ist unbekannt, wer hinter den Veröffentlichungen steckt. Auch ist
       unklar, wie genau @_0rbit an die Daten gelangte. Die Art und Weise der
       Veröffentlichung lässt aber einige Schlüsse zu.
       
       Die Daten sind zum Teil recht alt, wurden schon früher veröffentlicht oder
       sind nicht mehr relevant, [5][stellt Social-Media-Analyst Luca Hammer
       fest]. Die Datensätze sehen ihm zufolge nicht so aus, als stammten sie von
       offiziellen Servern, sondern eher aus Clouddiensten und von
       Social-Media-Konten.
       
       Laut Simon Unge wurde bei der Übernahme seines Twitterkontos eine
       Sicherheitslücke bei Gmail ausgenutzt. Konten anderer bekannter deutscher
       Youtuber seien ebenfalls gehackt worden. Es ist denkbar, dass die
       Angreifer*innen ähnliche Sicherheitslücken auch genutzt haben, um
       [6][Zugriff auf einzelne Email- und Social-Media-Konten zu erhalten], zum
       Beispiel von Mitarbeiter*innen der betroffenen Parteien.
       
       Damit wäre es möglich, deren Adressbücher auszulesen und Informationen wie
       Handynummern und Email-Adressen aller zu erhalten, mit denen sie
       kommunizieren. Außerdem könnten weitere Daten aus diesen Konten gezogen
       werden, zum Beispiel per Email verschickte Bilder und PDFs. Das würde
       erklären, warum von einigen Personen mehr Daten veröffentlicht wurden als
       von anderen.
       
       ## Welche Beweggründe gab es für die Veröffentlichungen?
       
       Warum Politiker*innen der AfD nicht von den Leaks betroffen sind, bleibt
       zunächst ungeklärt. Es könnte daran liegen, dass viele ältere Datensätze
       genutzt wurden, zum Teil aus Zeiten, in denen die AfD noch nicht im
       Bundestag vertreten war. Möglicherweise sind auch noch nicht alle Daten
       veröffentlicht worden, auf die die Angreifer*innen Zugriff hatten. Es
       könnte auch eine politische Agenda dahinterstecken. Da bisher nicht bekannt
       ist, wer hinter dem Datenleak steckt, ist das allerdings pure Spekulation.
       
       Es gibt einige Indizien, dass es sich [7][um Urheber*innen aus dem rechten
       Spektrum handeln könnte]: Es wurden gezielt Personen angegriffen, die sich
       klar gegen rechts positionieren – zum Beispiel Jan Böhmermann, der mit
       „Reconquista Internet“ eine Bewegung gegen rechte Hetze in den
       Online-Netzwerken startete, oder die Musiker von Marteria und K.I.Z., die
       in Chemnitz beim „Wir sind mehr“-Konzert gegen rechte Aufmärsche
       performten.
       
       Das Twitterkonto @_0rbit hatte neben einigen Bots viele Follower*innen, die
       „aus dem Dunstkreis von Gamern, YouTubern und rechten Ideologien“ stammen,
       „manche aus Bereichen, die oft als ‚Sifftwitter‘ oder ‚Alt right‘
       bezeichnet werden“, [8][schreibt Buzzfeed].
       
       Allerdings lässt sich bisher nicht sicher sagen, welche Zielsetzung genau
       hinter den Veröffentlichungen steckte. Einige Twitternutzer*innen warnten,
       dass es sich dabei auch um einen „Honigtopf“ handeln könnte – in Anlehnung
       an [9][die Aktion „Soko Chemnitz“ des Zentrums für Politische Schönheit
       (ZPS)] im Dezember. Dabei hatte das ZPS Fotos von Personen veröffentlicht,
       die angeblich bei den rechtsradikalen Aufmärschen in Chemnitz dabei waren –
       mit dem Ziel, Daten über die Menschen zu sammeln, die auf ihrer Webseite
       gezielt nach Namen suchten.
       
       5 Jan 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.youtube.com/watch?v=PyTN4cd4YFs
   DIR [2] https://twitter.com/unge
   DIR [3] https://www.youtube.com/watch?v=dTvMExmgxn8
   DIR [4] /Datenleak-in-Politik-und-Kultur/!5562901/
   DIR [5] https://twitter.com/luca/status/1081170465660522496
   DIR [6] https://twitter.com/raeuberhose/status/1081139226840887296
   DIR [7] /Politiker-Daten-im-Netz-veroeffentlicht/!5559344/
   DIR [8] https://twitter.com/BuzzFeedNewsDE/status/1081247129971105794
   DIR [9] /!5557196/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Belinda Grasnick
       
       ## TAGS
       
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       Das Datenleak muss ein Weckruf sein.
       
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       Der nach dem Datendiebstahl festgenommene Tatverdächtige hat den
       Ermittlungen zufolge „aus Ärger“ gehandelt. Nach einem Geständnis wurde er
       freigelassen.
       
   DIR Nach Datenleak: Durchsuchung in Heilbronn
       
       Einem Bericht zufolge durchsucht das BKA im Zuge der Ermittlungen zur
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