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       # taz.de -- Datenschutzbeauftragter über Datenklau: „Bis heute fehlt uns Personal“
       
       > Nach dem Datendiebstahl fordert Hamburgs Datenschutzbeauftragter Caspar
       > Innenminister Seehofer auf, für mehr Sicherheit im Netz zu sorgen.
       
   IMG Bild: Twittern, posten, teilen: Wie sicher sind unsere Daten im Netz?
       
       taz: Herr Caspar, erneut macht ein Datenklau Schlagzeilen und die Behörden
       sind planlos. Was erwarten Sie von Bundesinnenminister Horst Seehofer? 
       
       Johannes Caspar: Es muss für derartige Fälle ein Masterplan für Notfälle
       greifen. Dazu gehört die frühe Information der zentralen öffentlichen
       Stellen und der Grundsatz der Sicherung der Daten als oberste Priorität.
       Die Aufsichtsbehörden für den Datenschutz haben die rechtlichen
       Instrumente, um den Schutz der Rechte und Freiheiten Betroffener gerade
       auch bei großen Plattformen wirksam durchzusetzen.
       
       Offenbar wussten weder Minister Seehofer noch das Bundesamt für Sicherheit
       in der Informationstechnik noch andere Behörden von der
       [1][Veröffentlichung persönlicher Informationen von rund 1.000 Personen
       über Twitter.]
       
       Ich finde es irritierend, wenn die national zuständige Datenschutzbehörde,
       deren Aufgabe es ist, die Betroffenen zu schützen, von derartig massiven
       Vorgängen erst aus den Medien erfährt. Im Übrigen ist nicht verständlich,
       dass gewartet wird, bis ein derartiger Vorfall öffentlich wird und jeder
       Interessierte frei auf die ungeschützten Daten der Betroffenen zugreifen
       und diese herunterladen kann. Prävention geht anders.
       
       Die öffentlichen Stellen haben eine grundrechtliche Schutzpflicht gegenüber
       der Privatsphäre und den Rechten und Freiheiten der Betroffenen. Dazu
       gehört es, die erforderlichen Maßnahmen zum Schutz der Privatsphäre
       prioritär im Rahmen eines Reaktionsszenarios zu berücksichtigen.
       
       Und Twitter? Die Onlineplattform hat die Veröffentlichung offenbar auch
       nicht ernst genommen. 
       
       Twitter muss – wie jedes andere soziale Netzwerk grundsätzlich auch –
       gerade für derartige Fälle, in denen die Plattform für die massenhafte
       rechtswidrige Verbreitung von personenbezogenen Daten missbraucht wird,
       eine Notfall-Hotline einrichten. Diese muss von jeder Aufsichtsbehörde
       eines EU-Mitgliedsstaats aus 24 Stunden an sieben Tagen in der Woche
       erreichbar sein und auf Anfragen von Aufsichtsbehörden in Eilfällen
       umgehend reagieren. Dass wir im nationalen Bereich nicht einmal
       Telefonnummern von einem Dienst wie Twitter bekommen, die für einen
       schnellen First-Support-Kontakt unabdingbar sind, ist nicht vertretbar.
       
       Warum funktioniert das bisher nicht? 
       
       Offenbar ist man dort der Meinung, dass die nationalen Behörden spätestens
       seit Geltung der [2][europäischen Datenschutzgrundverordnung (EU-DSGVO)]
       völlig außen vor sind. Der Weg über die federführende Datenschutzbehörde,
       im vorliegenden Fall die irische, ist im Eilfall viel zu schwerfällig. Die
       Bürokratie der Verfahren darf sich nicht als zentrales Hemmnis für einen
       effektiven Schutz von Betroffenen in Europa auswirken.
       
       Für IT-Sicherheit fehlt Geld und Personal, sagen etliche Digitalexperten.
       Teilen Sie diese Haltung? 
       
       In der Tat ist seit Jahren festzustellen, dass Datenschutz und
       Datensicherheit gerade bei öffentlichen Stellen oft nur unter dem Aspekt
       der Wirtschaftlichkeit betrachtet werden. Dass derartige Leaks und Hacks
       mit ganz anderen Kosten für Demokratie, Privatsphäre und dem Vertrauen in
       staatliche Einrichtungen wie auch die Integrität der digitalen
       Kommunikation verbunden sind, wird leider ausgeblendet. Vielleicht führt ja
       dieser Fall zu einem Umdenken.
       
       Bis es so weit ist: Wie kann sich jeder und jede Einzelne besser vor
       Datenklau schützen? 
       
       Von der Vergabe komplexer Passwörter über die Nutzung sicherer WLANs bis
       hin zu Maßnahmen zum Schutz vor Schadsoftware gibt es zahlreiche
       Möglichkeiten. Aber es bestehen offenbar erhebliche Defizite bei vielen
       Nutzern. Das Thema Datenschutzkompetenz-förderung muss endlich ernst
       genommen werden. Bis heute fehlt beispielsweise in meiner Behörde hierfür
       das Personal. Früher haben wir immerhin versucht, das Thema, wie man sich
       gegen Datenmissbrauch schützen kann, in die Schulen zu bringen. Das tun wir
       heute nicht mehr, weil die Kolleginnen und Kollegen, die alle keine
       Pädagogen sind, dafür schlicht keine Kapazitäten mehr haben.
       
       7 Jan 2019
       
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   DIR Tanja Tricarico
       
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