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       # taz.de -- taz Salon zu Miet- und Wohnungspreisen: Die Regeln des Marktes
       
       > Die Mieten steigen auch in Bremen kontinuierlich. Was können die Stadt
       > und ihre Wohnungsunternehmen dagegen tun? Danach fragte der taz Salon im
       > Lagerhaus.
       
   IMG Bild: Einfach unbezahlbar: Rege Diskussion auf dem taz Salon im Lagerhaus
       
       Bremen taz | Für den sozialen Wohnungsbau tue Bremen viel zu wenig: Davon
       ist Claudia Bernhard, baupolitische Sprecherin der Linkspartei, überzeugt.
       Beim taz Salon „Einfach unbezahlbar“ forderte sie am Dienstagabend im
       Lagerhaus, „die bestehenden Gesetze bis an die Grenzen der Illegalität
       heran auszuschöpfen“, um die Lage auf dem Wohnungsmarkt zu entspannen. Die
       Zeit dränge: Denn die Prognose der Mietpreise gehe steil nach oben.
       
       Die Diskussion drehte sich um die Frage nach bezahlbaren Mieten: ein Thema,
       das auch den Wahlkampf vor der Bürgerschaftswahl im kommenden Mai
       mitbestimmen wird. Auch Bremens Sozialdemokraten versuchen das Thema zu
       besetzen. So plädierte die SPD-Landesvorsitzende Sascha Aulepp zuletzt für
       einen Rückkauf der privatisierten Baugesellschaft Brebau, für eine höhere
       Sozialraumquote und dafür, sich mit den Möglichkeiten des Erbbaurechts
       auseinanderzusetzen.
       
       Wie stark die öffentliche Hand den Marktmechanismen aber überhaupt
       entgegenwirken kann und sollte, darüber wurde auf der Bühne des Lagerhauses
       durchaus gestritten: Bausenator Joachim Lohse (Grüne) erklärte, dass der
       Neubau von Sozialwohnungen nicht alle Probleme löse, und verwies darauf,
       dass die Durchschnittsmiete von gut sechs Euro bei der teil-kommunalen
       Gewoba immer noch unter dem Mietpreis bei öffentlich geförderten
       Sozialwohnungen liege.
       
       „Wenn wir über Wohnungspreise sprechen, müssen wir auch über Einkommen
       sprechen“, sagte der Vorstandsvorsitzender der Gewoba, Peter Stubbe – die
       nämlich seien in Bremen niedrig. Ob Wohnungen bezahlbar seien oder nicht,
       das sei relativ, sagte wiederum der Bausenator: Im Bremer Überseequartier
       „liegen die Mieten im Neubau bei 13 Euro pro Quadratmeter“, so Lohse, „in
       Hamburg bekommt man dafür heute kaum noch eine Studentenbude“.
       
       Joachim Barloschky vom Aktionsbündnis Menschenrecht auf Wohnen verwies auf
       das Mittel des Erbbaurechts: eine umgangssprachlich oft als „Erbpacht“
       bezeichnete Form, gegen Zahlung einer Pacht auf einem Grundstück zu bauen,
       das einem nicht selbst gehört. Da heute nur noch 30 Prozent der Flächen
       Bremens in öffentlicher Hand seien, verliere die Stadt ihre demokratischen
       Gestaltungsmöglichkeiten. Dagegen würde das Erbbaurecht der Stadt
       ermöglichen, immerhin im Besitz der Flächen zu bleiben. Deshalb hatte
       Barloschky schon vor Jahren gefordert, öffentliche Flächen nicht mehr zu
       verkaufen, sondern nur per Erbbaurecht zu vergeben, um der
       Immobilienspekulation vorzubeugen.
       
       Diese Idee könne heute zwar politisch Mehrheiten finden, sagte Lohse. Sie
       scheitere aber am realen Marktgeschehen: Der Erbpachtzins von fünf Prozent
       liege deutlich über einem Kapitalmarktzins, den Banken für
       Immobilienvorhaben vergeben. Flächen, die den Investoren am Ende nicht
       gehören, für diesen hohen Zins zu vergeben, das könne also nicht
       funktionieren. Überhaupt sei er in seiner Zeit als Bausenator an die
       Grenzen des politisch durchsetzbaren gegangen, betont der Grüne.
       
       ## Neubauten führen zu Mieterhöhungen
       
       Bremen verfüge immer noch über sehr attraktive Flächen für den Wohnungsbau,
       sagt Gewoba-Kopf Stubbe und verwies etwa auf Konversionsflächen entlang der
       Weser. Es sei aber auch wichtig, zu bedenken, dass sich mit jedem Neubau
       die Durchschnittsmiete im umliegenden Quartier erhöhe.
       
       Als gemeinsamer Gegner ausgemacht wurden kommerziell auftretende
       Wohnungskonzerne wie Vonovia. Bloß: Was tun? „Der eine nennt es
       Re-Kommunalisierung, der andere Enteignung“, so Barloschky. „Ich bin mit
       allem einverstanden.“
       
       Ob es um Menschen gehe oder um Profite, wollte am Ende der Diskussion einer
       der rund 50 Zuhörer wissen – und traf damit so etwas wie den Kern des
       Problems. Denn dass jeder Mensch vier Wände und ein Dach über dem Kopf
       braucht, man es bei Immobilien aber mit einem harten Markt zu tun hat, bei
       dem es eben nicht zuerst um die Bedürfnisse der Bürger geht: darin
       zumindest waren sich am Dienstagabend alle einig auf dem Lagerhaus-Podium.
       
       17 Jan 2019
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jean-Philipp Baeck
   DIR Lena Kaiser
       
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       Erbbaurecht.