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       # taz.de -- Guatemala wirft UN-Kommission hinaus: Die Angst des Jimmy Morales
       
       > Aus Angst vor Korruptionsverfahren verweist Guatemalas Präsident die
       > UN-Juristenkommission Cicig des Landes. UN-Generalsekretär Guterres
       > protestiert.
       
   IMG Bild: Guatemala-Stadt am Montag: Kundgebung gegen den Rauswurf der Cicig vor dem Verfassungsgericht
       
       Berlin taz | Der Auftritt der guatemaltekischen Außenministerin Sandra
       Jovel war deutlich und dreist. Ihre Regierung beende das Mandat der
       UN-Kommission gegen die Straflosigkeit (Cicig), teilte Jovel am Montag in
       New York dem UN-Generalsekretär António Guterres mit. Binnen 24 Stunden
       müsse das Abkommen zwischen den Vereinten Nationen und Guatemala
       aufgekündigt werden, forderte die Politikerin.
       
       Dann bat sie noch, der „Bitte einer souveränen Regierung“ zu entsprechen.
       Aber diese als Bitte deklarierte Forderung widerspricht dem Vertragstext,
       worin das Auslaufen des Cicig-Mandats am 3. September 2019 fixiert ist.
       Darauf machte UN-Generalsekretär Guterres auch aufmerksam und erklärte, er
       erwarte, dass Guatemala seinen rechtlichen Verpflichtungen nachkomme und
       auch für die Sicherheit der Cicig-Mitarbeiter sorge.
       
       Doch genau das scheint für die Regierung in Guatemala undenkbar. Sie geht
       im Gegenteil auf vollen Konfrontationskurs, nachdem die UN-Kommission
       mehrere Prozesse angeschoben hat, die direkt die Interessen der Regierung
       tangieren.
       
       Da ist zum einen der Versuch, die Immunität des Präsidenten Jimmy Morales
       aufzuheben, um ihn wegen der Annahme illegaler Wahlkampfspenden zur
       Verantwortung zu ziehen. Zum anderen läuft ein Prozess gegen dessen Partei,
       die Frente de Convergencia Nacional (FNC).
       
       ## Ein Korruptionsverfahren nach dem anderen
       
       Das Verfahren könnte dazu führen, dass die FNC bei den
       Präsidentschaftswahlen im Juni des Jahres nicht antreten darf. Das wäre ein
       Desaster für die Partei, aber auch für ihren ehemaligen Schatzmeister Jimmy
       Morales. Offenbar um das zu verhindern, erhielt Cicig-Ermittler Vicente
       Caruso am 19. Dezember die Aufforderung, das Land zu verlassen.
       
       Caruso ist einer von elf Cicig-Ermittlern, deren Visa nicht verlängert
       wurden und die das mittelamerikanische Land am 21. Dezember verlassen
       mussten. Als „Angriff auf die Funktionsfähigkeit der Cicig“, wertete
       Cicig-Sprecher Matias Ponce die Ausweisung. Alle elf Cicig-Ermittler hätten
       leitende Funktionen, seien kaum zu ersetzen in den laufenden Prozessen.
       
       Das gilt für den gigantischen Korruptionsprozess „La Línea“ gegen
       Ex-Präsident Otto Pérez Molina, aber auch für den Prozess wegen
       Steuerhinterziehung und Geldwäsche gegen Samuel Morales und José Manuel
       Morales, den Bruder und den Sohn des Präsidenten. Für diesen Prozess ist
       bei der Cicig César Rincón verantwortlich – er musste das Land genauso
       verlassen wie Luis Fernando Orozco, der als Hirn der Cicig im „La
       Línea“-Prozess gilt.
       
       Die UN-Ermittler sind dem Präsidenten, seiner Familie und den Seilschaften,
       die sie unterstützen, schlicht zu nahe gekommen. „Sie haben die Wurzeln der
       Korruption aufgedeckt und seitdem wird gegen die UN-Kommission agiert“,
       erklärt Michael Mörth, ein deutscher Anwalt, der seit mehr als zwanzig
       Jahren in Guatemala lebt und eine Menschenrechtskanzlei berät.
       
       ## Vorsätzliche Schwächung der Justiz
       
       Mit millionenschweren Kampagnen wurde versucht, das positive Image der
       Cicig in Guatemala und den USA zu untergraben, hat das investigative
       Magazin Nómada recherchiert. Die Kampagnen hatten Erfolg: So hat es aus
       Washington in den letzten Monaten keine verbale Unterstützung für den
       Cicig-Vorsitzenden Iván Velásquez Gómez gegeben. Der darf seit dem 4.
       September nicht nach Guatemala einreisen, obwohl die Regierung damit ein
       Verfassungsgerichtsurteil ignoriert.
       
       Diese vorsätzliche Schwächung der Justiz kritisiert auch die Richterin
       Yassmín Barrios. „Die Verfassung und die Verträge sollten eingehalten
       werden, denn schließlich ist die Cicig auf Bitten der Regierung von
       Guatemala erst gegründet worden“. Dafür und für den Verbleib der Cicig im
       Land treten laut Umfragen mehr als 70 Prozent der Bevölkerung ein.
       
       Doch ohne internationale Unterstützung hat die Zivilgesellschaft kaum eine
       Chance gegen die Clique um Präsident Jimmy Morales. „Er ist umgeben von
       einem Kreis ehemaliger Militärs, korrupter Unternehmer und Politiker, die
       in Guatemala als ,Pakt der Korrupten' bezeichnet werden. Sie drehen die Uhr
       zurück“, sagt Michael Mörth.
       
       In Guatemalas Hauptstadt patrouillieren erneut Eliteeinheiten der Armee.
       Trotzdem ist für den kommenden Sonntag wieder eine Demonstration gegen
       Korruption und Straflosigkeit angemeldet.
       
       8 Jan 2019
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Knut Henkel
       
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