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       # taz.de -- „Gelbwesten“-Protest in Frankreich: Am neunten Samstag in Folge
       
       > 32.000 Demonstranten, davon 8.000 in Paris: Die „Gelbwesten“ in
       > Frankreich protestieren weiter – neuerdings auch in London.
       
   IMG Bild: Gelber Rauch statt gelber Weste: Demo-Teilnehmer in Bourges
       
       Paris afp/dpa | Bei den Protesten der französischen „Gelbwesten“ gegen die
       Sozial- und Steuerpolitik der Regierung hat es am Samstag in Paris
       Zusammenstöße mit der Polizei gegeben. Wie ein AFP-Reporter berichtete,
       feuerte die Polizei im Bereich des Triumphbogens am Ende des
       Prachtboulevards Champs-Elysées Tränengasgranaten ab. Die Polizei teilte
       mit, sie habe Wurfgeschosse abbekommen und habe darauf reagiert.
       
       Am Triumphbogen an der Place de l'Étoile sollte die Demonstration gegen 17
       Uhr enden, die am Finanzministerium begonnen hatte und die ganze Zeit über
       friedlich geblieben war. An dem Marsch beteiligten sich mehrere tausend
       Demonstranten.
       
       In der südfranzösischen Stadt Nîmes gab es ebenfalls Auseinandersetzungen
       zwischen Polizisten und „Gelbwesten“. Demonstranten mit Blechplatten
       standen Polizisten gegenüber, die Tränengas und Hartgummigeschosse
       abfeuerten. Mehrere Menschen erlitten Verletzungen.
       
       Vor den neuerlichen Protesten mobilisierte die Regierung ein Großaufgebot
       von 80.000 Sicherheitskräften, davon 5.000 allein in der Hauptstadt. Sie
       kündigte zudem härtere Gesetze an, die ein Demonstrationsverbot für
       Randalierer vorsehen. In Paris nahmen die Polizisten bis Samstagnachmittag
       43 Verdächtige fest. Zur Begründung hieß es unter anderem, diese hätten
       „verbotene Waffen“ bei sich getragen oder sich an einer gewaltbereiten
       Gruppe beteiligt.
       
       ## Demonstration in Bourges
       
       Es war der neunte Samstag in Folge, an dem die „Gelbwesten“ auf die Straße
       gingen. Um 14 Uhr gab es nach Angaben des Innenministeriums landesweit
       32.000 Demonstranten, davon 8.000 in Paris. Die Polizei rechnete landesweit
       mit einer ähnlich hohen Beteiligung wie vor den Weihnachtstagen. Für den
       15. Dezember hatten die Behörden die Teilnehmerzahl mit 66.000 angegeben,
       was die „Gelbwesten“ für stark untertrieben halten.
       
       Neu an diesem Samstag war eine größere Demonstration in Bourges im Zentrum
       Frankreichs. Dazu aufgerufen hatte unter anderen Priscilla Ludosky, eine
       der frühen Wortführerinnen der „Gelbwesten“ vom gemäßigten Flügel. Die
       Präfektur des Departements Cher gab die Zahl der Demonstranten in Bourges
       mit 5.300 an. Vor Beginn der eigentlichen Demonstration hatte die Polizei
       nach Angaben der Behörden „15 Personen vorsorglich festgenommen“. Die
       Polizei hatte mit bis zu 3.000 Demonstranten gerechnet.
       
       Staatschef Emmanuel Macron versucht die Protestbewegung [1][durch einen
       „Bürgerdialog“ zu besänftigen], der kommenden Dienstag beginnen soll. Die
       meisten Demonstranten können dem jedoch nicht viel abgewinnen. Eine aus dem
       Alpenort Albertville im Departement Savoie nach Paris gereiste
       „Gelbwesten“-Trägerin, die 34-jährige Charlotte, hatte für Macrons „Dialog“
       nur Spott übrig. „Das ist Quark, ein Ablenkungsmanöver“ sagte sie. „Wir
       wollen nicht mehr reden, wir wollen Taten.“
       
       Die „Gelbwesten“-Bewegung setzt der Regierung Macron seit November zu. Bei
       ihren landesweiten Kundgebungen demonstriert sie gegen Steuer- und
       Preiserhöhungen sowie für eine verbesserte Kaufkraft der Franzosen.
       Ursprünglich hatte sich die Bewegung gegen hohe Spritpreise und die
       geplante Ökosteuer auf Diesel gerichtet. Später mischte sich in den Protest
       [2][allgemeiner Unmut über die Politik der Regierung].
       
       Deren angekündigte milliardenschwere Zugeständnisse, die unter anderem mehr
       Geld für Mindestlohnbezieher und Entlastungen für Rentner vorsehen, weisen
       die meisten Demonstranten als ungenügend zurück. Viele fordern weitere
       Steuersenkungen, Volksabstimmungen nach schweizerischem Vorbild sowie
       Macrons Rücktritt.
       
       Die Wut aus Frankreich scheint mittlerweile auch den Ärmelkanal überquert
       zu haben. Tausende Demonstranten protestierten nach dem Vorbild der
       „Gelbwesten“ in London gegen die britische Regierung. Sie forderten
       angesichts des Brexits ein Ende der Sparpolitik und eine Neuwahl. Dem
       Aufruf der Kampagne „The People's Assembly Against Austerity“ folgten auch
       Politiker und Gewerkschafter aus weiten Teilen des Landes. Etwa 5.000 bis
       10.000 Demonstranten hätten teilgenommen, sagte eine Sprecherin der
       Veranstalter in einer ersten Schätzung der Deutschen Presse-Agentur. Auch
       Vertreter der Gelbwesten-Bewegung aus Frankreich nahmen an der Demo in
       London teil.
       
       In Belgien ist indes bei „Gelbwesten“-Protesten ein Teilnehmer ums Leben
       gekommen. Ein Lastwagen habe den Mann, der sich an einer Straßensperre auf
       einer Autobahn in Ostbelgien beteiligte, nicht gesehen und ihn überfahren,
       berichteten belgische Medien nach dem Unglück am Freitagabend. Der Mann sei
       noch am Unfallort seinen Verletzungen erlegen. An der Protestaktion nahe
       der niederländischen Grenze hatten sich demnach zwischen 20 und 30
       „Gelbwesten“ beteiligt.
       
       12 Jan 2019
       
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