URI: 
       # taz.de -- Österreich diskutiert Konsequenzen: 2019 begann mit fünf Frauenmorden
       
       > Österreich debattiert über Gründe einer Verbrechensserie. Die Regierung
       > hat ein klares Feindbild und spricht von einem rein importierten Problem.
       
   IMG Bild: Konnte fünf Frauen 2019 nicht mehr retten: Polizei in Österreich
       
       Wien taz | Xhemajl M. rammte am Montag seiner Frau Zhemire vor einem
       Supermarkt in der niederösterreichischen Stadt Tulln einen Dolch mehrmals
       in den Hals. Sie starb noch auf dem Parkplatz. Das war in Österreich der
       fünfte Mord an einer Frau in nur drei Wochen. Die meisten wurden von ihrem
       Partner erstochen, eine von ihrem Freund erwürgt. Diese Serie hat die
       Österreicher erschüttert – und führt zu scharfen Diskussionen.
       
       Die [1][Regierung aus ÖVP und FPÖ] rührt sich mit einem Maßnahmenpaket –
       öffentlichkeitswirksam inszeniert. Frauenministerin Juliane Bogner-Strauß,
       Innenstaatssekretärin Karoline Edtstadler, beide ÖVP, und die auf
       FPÖ-Ticket amtierende Außenministerin Karin Kneissl traten gemeinsam auf,
       um höhere Strafen zu fordern und einen Frauennotruf anzukündigen. Außerdem
       wolle man mehr Geld in Beratungsstellen, Frauenhäuser und
       Interventionsstellen gegen Gewalt stecken.
       
       Allein: Zuvor war in diesen Bereichen gekürzt worden. Die konservative
       Kolumnistin Anneliese Rohrer kritisierte, die Ankündigungen bezögen sich
       auf „nämlich genau jene Maßnahmen, die Mitte des Vorjahres von der
       Reduzierung der Mittel um 700.000 Euro, von Einstellungen und Streichungen
       besonders betroffen waren“.
       
       Rohrer konnte sich in ihrer Kolumne in der Tageszeitung Die Presse den
       Hinweis nicht verkneifen, dass die Gewaltverbrechen gegen Frauen schon im
       ersten Halbjahr 2018 dramatisch angestiegen seien, als Frauenorganisationen
       noch fröhlich die Mittel gekürzt wurden.
       
       ## Hoher Frauenanteil an Mordopfern
       
       Besonders gut steht Österreich jedenfalls nicht da: Nach Angaben von
       Eurostat kann sich das Land zwar einer insgesamt niedrigen Mordrate rühmen,
       doch sei der Anteil der Frauen unter den Opfern höher als in fast allen
       anderen EU-Ländern.
       
       Die Idee des Notrufs wurde zwar allgemein begrüßt. Doch wies die
       Geschäftsführerin des Vereins Wiener Frauenhäuser, Andrea Brem, darauf hin,
       dass seit 20 Jahren bereits eine Hotline existiere.
       
       Für [2][die ÖVP-FPÖ-Koalition] ist jedenfalls eines klar: Es handelt sich
       ihnen zufolge bei den Gewalttaten gegen Frauen in erster Linie um ein
       Ausländer-, mehr noch ein Asylwerberproblem. Bei den letzten fünf Tätern
       handelt sich um Zugewanderte oder Flüchtlinge. Tatsächlich standen 2018
       laut Innenministerium 29 einheimischen Mördern 47 ausländische gegenüber.
       
       FPÖ-Innenminister Herbert Kickl, der für seine heftige Linie in der
       Migrationspolitik bekannt ist, nimmt das zum Anlass, über die Aberkennung
       des Asylstatus für Straftäter und deren Abschiebung auch in Kriegsländer
       wie Syrien nachzudenken. „Die Forderung nach verschärften Abschiebungen für
       straffällig gewordene Asylberechtigte geht am Kern des Problems vorbei und
       ist ein klarer Bruch mit der Verfassung“, erklärte Heinz Patzelt von
       Amnesty International Österreich. „Kein Mensch darf in ein Land abgeschoben
       werden, wo ihm Folter oder Todesgefahr drohen.“
       
       Staatssekretärin Karoline Edtstadler sagte am Sonntag in der
       TV-Diskussionssendung „Im Zentrum“ sogar, die Gewalt gegen Frauen sei ein
       rein importiertes Problem. Patriarchale Strukturen, die als Ursache
       ausgemacht wurden, seien in Österreich längst verschwunden. Österreichische
       Täter hätten sich vielmehr durch muslimische Gewalttäter motivieren lassen.
       An dieser Sichtweise regte sich heftige Kritik: Dass es in Österreich keine
       patriarchalen Strukturen mehr gäbe, hielten viele BeobachterInnen in den
       sozialen Medien für lachhaft.
       
       24 Jan 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Forscher-ueber-Rechte-in-Oesterreich/!5546734
   DIR [2] /Oesterreichs-neue-Regierung/!5469621
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ralf Leonhard
       
       ## TAGS
       
   DIR Österreich
   DIR Frauen
   DIR Gewalt
   DIR Österreich
   DIR Österreich
   DIR Österreich
   DIR taz.gazete
   DIR Lost in Trans*lation
   DIR Schwerpunkt Femizide
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Präventive Sicherungshaft in Österreich: Alle einsperren
       
       Rechtspopulismus am Limit: Österreichs Regierung will eine präventive
       Sicherungshaft für Asylsuchende, die ein Verbrechen begehen könnten.
       
   DIR Sexualstrafrecht in Österreich verschärft: Keine Milde mehr für Vergewaltiger
       
       In Österreich sollen Sexual- und Gewaltdelikte härter bestraft werden. Das
       Gesetzespaket stößt in Fachkreisen auf große Kritik.
       
   DIR Kommentar Frauenmorde Österreich: Instrumentelle Schuldzuweisung
       
       Die Reaktion von Österreichs Regierung auf Frauenmorde könnte glaubwürdiger
       sein. Sie hat Subventionen für deren Schutz gekürzt.
       
   DIR Kolumne Lost in Trans*lation: Wo bleibt die Empörung?
       
       Leid zu vergleichen mag nicht richtig sein. Aber die Doppelstandards bei
       Frauenmorden und Morden an trans Personen zu zeigen, ist wichtig.
       
   DIR Kolumne Lost in Trans*lation: Wo bleibt die Empörung?
       
       Leid zu vergleichen mag nicht richtig sein. Aber die Doppelstandards bei
       Frauenmorden und Morden an Trans-Personen zu zeigen, ist wichtig.
       
   DIR Frauenmorde in Deutschland: Es nennt sich Femizid
       
       Die Bundesregierung weiß wenig über Gewalt an Frauen. Das zeigt eine
       Anfrage der Linken. Bedarf, dies zu ändern, sieht die Groko offenbar nicht.