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       # taz.de -- Kommentar Preis für Dieter Hanitzsch: Antisemitische Bildsprache
       
       > Dem kritikresistenten Dieter Hanitzsch wird ein Preis verliehen, obwohl
       > er eine antisemitische Karikatur veröffentlichte. Das ist skandalös.
       
   IMG Bild: Dieter Hanitzsch und sein Laudator Christian Ude (Archivbild von 2014)
       
       Dass dem Karikaturisten Dieter Hanitzsch am Donnerstag in München [1][der
       Ernst-Hoferichter-Preis verliehen wird,] ist ein Skandal. Denn: Hanitzsch
       hatte im Mai 2018 in der Süddeutschen Zeitung eine Karikatur
       veröffentlicht, [2][die sich verschiedenen Aspekten der antisemitischen
       Ikonografie bedient.] Darin wird die israelische Gewinnerin des Eurovision
       Song Contests (ESC), Netta Barzilai, mit dem israelischen Premier Benjamin
       Netanjahu in eins gesetzt.
       
       Die Darstellung physiogomischer Merkmale wie wulstige Lippen, riesige Ohren
       und eine große Nase könnten dabei gutwillig noch als karikaturistisches
       Stilmittel der Überzeichnung gewertet werden. Problematischer ist vielmehr,
       dass der ESC in der Zeichnung zum Propagandaevent Israels umgedeutet und
       die im antisemitischen Weltbild verankerte Vorstellung von kriegslüsternen
       und mächtigen Juden bedient wird. Dass die Sängerin Netta in Wahrheit von
       der israelischen Regierung gesteuert würde, ist zudem eine klassische
       antisemitische Verschwörungsfantasie, nach der Juden weltweit für
       israelische Politik in Kollektivhaftung genommen werden.
       
       [3][Nachdem Hanitzsch bei der SZ gekündigt wurde,] zeichnet seit Juli für
       die Abendzeitung. Dort gilt Hanitzsch offenbar – beschämenderweise – als
       Verkaufsargument: Wöchentlich wird er dort großformatig auf den in der
       ganzen Stadt verteilten Zeitungskästen angekündigt.
       
       Die Veröffentlichung einer Karikatur, die zentrale antisemitische Motive
       verbreitet, hat ihm also wenig geschadet. Die Frage, ob Hanitzsch selbst
       ein antisemitisches Weltbild vertritt, ob er als Antisemit bezeichnet
       werden kann und ob er die Stereotype absichtlich verbreitet hat, spielen in
       der Bewertung der Zeichnung selbst dabei keine Rolle. Die Wurzeln
       antisemitischer Affekt- und Denkstrukturen liegen schließlich oft im
       Unbewussten.
       
       Wenn sein Laudator, der ehemalige Münchner Oberbürgermeister Christian Ude,
       [4][von einem „einem sehr kleinen Kreis“ spricht,] der versuche, „Druck auf
       die Stadtpolitik auszuüben“, spielt er damit die Sorgen der Münchner Juden
       herunter. Auch Hanitzsch hat die Kritik aus der jüdischen Gemeinde, von
       Antisemitismusforschern und Journalisten nicht ernstgenommen und zeigt sich
       bis heute uneinsichtig. Die Karikatur bereue er nicht. Ihn trotz dieser
       Kritikresistenz mit einem Preis zu ehren, führt zu einer Verharmlosung
       antisemitischer Bildsprache.
       
       24 Jan 2019
       
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   DIR Frederik Schindler
       
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