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       # taz.de -- Die Wahrheit: Einladung an die Telekom
       
       > Richtig schlimm wird es, wenn einem niemand mehr zum Geburtstag
       > gratuliert. Aber es gibt ja noch ein paar Firmen, die verlässlich sind.
       
   IMG Bild: Auch Goethe und Schiller waren zuletzt im Krisenmodus und blieben zu Hause in Weimar
       
       Inzwischen melden sich an meinem Geburtstag immer mehr Gratulanten, die ich
       gar nicht so besonders gut kenne: Irgendwelche Unternehmen, mit denen ich
       mal zu tun hatte oder bei denen irgendein Abo läuft. Begonnen hat das
       Autohaus. Die schickten anfangs sogar immer einen richtigen Brief.
       Allerdings nicht zu meinem Geburtstag, sondern zu dem meines Autos!
       
       So stand das wirklich drin: „Sehr geehrter Herr Niemann, herzlichen
       Glückwunsch, Ihr Auto hat Geburtstag!“ Ich bin dann mit dem Brief
       rausgegangen zum Carport und habe ihn dem Auto vorgelesen. Ob es sich
       gefreut hat, konnte ich nicht feststellen, aber der Brief kam ja nicht von
       irgendwem, sondern von einem Fachhändler, die werden schon wissen, was so
       ein Auto alles mitkriegt und was nicht.
       
       Das ist ja gerade das Spezialwissen, das nur sie haben können, darum tragen
       sie schließlich den Ehrentitel „Fachhändler“. Die werden ja nicht völlig
       sinnlos einem toten Gegenstand, einem leblosen Ding zum Geburtstag
       gratulieren, das kann ich mir nun wirklich nicht vorstellen!
       
       Besonders freue ich mich über die Glückwünsche der Telekom. Dass sie daran
       gedacht hat! Die hat doch bestimmt genug um die Ohren, die Telekom, aber
       meinen Geburtstag, den vergisst sie nicht. Da bin ich doch gleich noch mal
       so gern Kunde.
       
       Weil ich mitten im Winter Geburtstag habe, verschiebe ich die Feier gern um
       ein halbes Jahr. Ein paar Wochen zuvor versende ich die Einladungen.
       Diesmal musste ich feststellen, dass die Mail aus Versehen auch an die
       Telekom gegangen ist. Na gut, dachte ich, sieht jetzt ein bissel blöd aus,
       aber ist ja nun nicht wirklich schlimm. Schon am nächsten Tag antwortete
       die Telekom. Danke für die Einladung, schrieb sie, und sie will kommen. Was
       ich mir denn wünsche?
       
       Das fand ich witzig. Haben die dort tatsächlich jemanden sitzen, der auch
       mal einen Spaß mitmacht. Andererseits: Die Telekom hat knapp 220.000
       Mitarbeiter. Da ist natürlich auch mal jemand mit Humor dabei, bei 220.000
       Leuten.
       
       Ich schrieb der Telekom zurück, dass ich mich wie verrückt freuen würde,
       wenn sie zu meiner Party kommt. Schenken muss sie mir nichts. „Bring
       einfach gute Laune mit, das reicht!“, erklärte ich großzügig. Die Telekom
       soll mich ruhig auch witzig finden.
       
       Beinahe habe ich die Sache vergessen, als eines Tages eine Mail im Postkorb
       liegt. Die Telekom fragt, ob die Einladung mit Partner ist. Erfahrungsgemäß
       läge die Quote da bei zirka achtzig Prozent. Also achtzig Prozent der
       eingeladenen Mitarbeiter würden zusagen, und von diesen achtzig Prozent
       würden achtzig Prozent noch jemanden mitbringen. Ach ja, und sie hätte
       gehört, ich würde verbreiten, dass bei ihr jemand arbeitet, der Humor
       hätte. Das will sie so nicht stehen lassen, das sei nämlich nicht der Fall.
       
       Seitdem frage ich alle Nachbarn, ob sie Gartenstühle übrig haben. Ich muss
       zugeben: Ein bisschen mulmig ist mir schon.
       
       29 Jan 2019
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Robert Niemann
       
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