# taz.de -- Kommentar Grenzwerte für Stickoxid: Nicht verzagen, Scheuer fragen
> Verkehrsminister Scheuer spricht im Zusammenhang mit den
> Stickoxid-Grenzwerten von „Willkür“ – und stellt so EU-Politik infrage.
> Das ist skandalös.
IMG Bild: So simpel, wie Andreas Scheuer argumentiert, kann er einfach nicht sein
Mit Wonne bringt Verkehrsminister Andreas Scheuer einen Begriff in die
Umweltpolitik ein, der das Zeug hat, sie mit Krawums zu zertrümmern. Die
[1][Grenzwerte für Stickstoffdioxid] basierten auf „Willkür“, meint der
Minister, sie seien „politisch festgelegt“ – und damit also beliebig. Der
Politiker Scheuer entwertet den Begriff des Politischen sowie den Prozess
der wissensbasierten Entscheidungsfindung der Politik. Das ist skandalös.
[2][Scheuer stellt die gesamte Politik in Frage], mit der die Europäische
Union – deren einflussreiches Mitglied die Bundesrepublik ist – Luft,
Wasser, Böden und Produkte sauberer machen will. In dem Prozess, in dem
etwa festgelegt wird, welche Chemikalien in welchen Anwendungen benutzt
werden dürfen, entscheiden nicht alleine Chemiker und Biologen nach
wissenschaftlichen Kriterien. Zum Glück für die Industrie!
Die Wissenschaftler würden mit vielen Substanzen nämlich kurzen Prozess
machen und sie verbieten. Es gibt aber, häufig zum Ärger von Umwelt- oder
Ärzteverbänden, in dem Prozess noch die „sozio-ökonomischen“ Kriterien. Wie
viele Arbeitsplätze würde das Verbot einer Chemikalie kosten? Wie teuer
wäre es für Unternehmen, es zu ersetzen?
Solche Fragen berücksichtigt das Parlament, wenn es über Chemikalien oder
Schadstoffgrenzwerte urteilt. Merkwürdig, dass Minister Scheuer nicht schon
im vergangenen Sommer aufheulte, weil die EU Hormonschadstoffe nur in einem
wachsweichen Gesetz regelte. Da hatten sich Ärzte beschwert, weil
medizinische Erkenntnisse über die schädliche Wirkung der Substanzen
gegenüber ökonomischen zurückgestanden hatten.
Politisch, das bedeutet eben nicht willkürlich, sondern verschiedene
Interessen abwägend, in Einklang bringend. Natürlich weiß das Andreas
Scheuer, denn so simpel, wie er derzeit argumentiert, kann er einfach nicht
sein. Das heißt, er entwertet sein eigenes Tun – die Politik – für einen
kurzen Applaus bei den Gelbwesten-Symphatisanten. Wer lernen will, wie man
das demokratische System untergräbt, der soll Scheuer fragen.
28 Jan 2019
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## AUTOREN
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