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       # taz.de -- Hochschulpakt für Studienplätze: Länder fordern Anja Karliczek heraus
       
       > Bund und Länder verhandeln über den Hochschulpakt für zusätzliche
       > Studienplätze. Die Länder wollen jährliche Steigerungen, der Bund nicht.
       
   IMG Bild: Studieren bleibt ein Massenphänomen: Jeder Zweite eines Jahrgangs schreibt sich für ein Studium ein
       
       Fast drei Millionen Studierende sind in diesem Semester an deutschen
       Hochschulen eingeschrieben, mehr als je zuvor. Damit zieht es fast die
       Hälfte eines Jahrgangs heute an die Hochschulen, 2005 war es nur ein
       Drittel. Damals, als sich der Run auf die Unis abzuzeichnen begann,
       schlossen Bund und Länder den Hochschulpakt. Fast 40 Milliarden Euro haben
       beide Seiten seitdem für die Schaffung zusätzlicher Studienplätze
       aufgebracht. Und der Studierendenboom hält an.
       
       Gegenwärtig verhandeln die Länder deshalb mit dem Ministerium für Bildung
       und Forschung (BMBF) darüber, wie der Pakt fortgeführt werden kann – damit
       auch in Zukunft alle, die studieren wollen, einen Platz bekommen.
       
       Die Länder setzen die Hausherrin Anja Karliczek (CDU) nun unter Druck: Sie
       wollen nicht nur, dass Studienplätze dauerhaft gemeinschaftlich finanziert
       werden, sondern auch, dass die Summe aus diesem gemeinsamen Topf jährlich
       steigt. „Die Länder sind sich sehr einig, die Hochschulpaktmittel künftig
       um drei Prozent pro Jahr wachsen zu lassen“, bekräftigte die
       baden-württembergische Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) am
       Dienstag gegenüber der taz.
       
       Den Wunsch, die Paktmittel zu dynamisieren, begründen die Länder einerseits
       mit steigenden Kosten. Bliebe die Summe aus dem Hochschulpakt gleich, dann
       käme das über die Jahre einer Kürzung gleich. „Wenn vor allem dauerhaft
       Personal finanziert werden soll, ist die Dynamisierung unumgänglich, da die
       Tarifsteigerungen eingepreist sein müssen“, so Bauer.
       
       ## Die einen schwimmen im Geld, die anderen darben
       
       Zum anderen schauen die Länder neidisch auf die außeruniversitäre
       Forschung: Forschungsgemeinschaften wie Leibniz oder Helmholtz garantiert
       der Bund über den Pakt für Forschung und Innovation jährliche
       Etatsteigerungen um mindestens drei Prozent. Die einen schwimmen im Geld,
       die anderen sind chronisch klamm – diese Kluft zwischen außeruniversitärer
       Forschung und Hochschulen soll kleiner werden.
       
       Die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) findet den Vorstoß natürlich klasse:
       Ein dauerhafter Einstieg des Bundes in die Grundfinanzierung der
       Hochschulen sei ein historischer Schritt. „Wenn in dieser Situation keine
       Dynamisierung erfolgt, wäre das eine vergebene Chance“, sagte HRK-Präsident
       Peter-André Alt der taz.
       
       Eine jährliche Steigerung der Paktmittel hatte im Frühjahr des vergangenen
       Jahres auch der [1][Wissenschaftsrat] vorgeschlagen, der die Regierungen
       von Bund und Länder berät.
       
       ## Auch die SPD setzt Karliczek unter Druck
       
       Karliczek hatte schon damals betont, dass sie davon nichts hält. Auch jetzt
       bekräftigt ihr Haus auf Nachfrage: Für die Grundfinanzierung seien die
       Träger der Hochschulen, also einzig und allein die Länder verantwortlich.
       „Ein Einstieg in die Grundfinanzierung ist mit dem finanziellen Engagement
       des Bundes in Nachfolge des Hochschulpakts nicht verbunden – diese bleibt
       originäre Länderaufgabe.“
       
       Doch der Druck auf Karliczek könnte weiter steigen. Auch vom
       Koalitionspartner SPD kommen Signale, dass man sich einer Dynamisierung
       nicht verschließen würde. „Das ist ein Gedanke, dem wir uns anschließen
       könnten, unter der Voraussetzung, dass die Länder ebenfalls dazu bereit
       sind“, sagte SPD-Bildungsexperte Oliver Kaczmarek. Natürlich sei die
       Ministerin gefordert, dann auch auszuloten, ob es Spielräume im
       Bundeshaushalt gebe.
       
       Per Koalitionsvertrag haben sich Union und SPD darauf verständigt, dass die
       Hochschulen dauerhaft in den Genuss von Hochschulpaktmitteln kommen sollen.
       Im Bundeshaushalt sind für dieses Jahr 1,8 Milliarden Euro eingestellt. Im
       Jahr darauf läuft der jetzige Pakt aus. Die Länder drängen zur Eile. „Wir
       brauchen jetzt rasch Klarheit über die Nachfolge zum Hochschulpakt“, so
       Theresia Bauer. „Hochschulen, Lehrende und Studierende brauchen jetzt
       Planungssicherheit.“ Das kann man durchaus als Aufforderung an das BMBF
       verstehen: Bewegt euch.
       
       ## Vermittlungsausschuss trifft sich am Mittwoch
       
       Bewegen müssen sich Bund und Länder auch in einer anderen Causa: Am
       Mittwochabend treffen sich beide Seiten im Vermittlungsausschuss, um einen
       Kompromiss bei der Grundgesetzänderung zur Lockerung des
       Kooperationsverbots auszuloten.
       
       Die Grundgesetzänderung ist Voraussetzung damit ein anderes
       milliardenschweres Bildungsprojekt, der Digitalpakt zur Ausstattung der
       Schulen mit WLAN, Lernplattformen, Servern und Tablets, starten kann. Die
       Länder hatten die vom Bundestag beschlossene Grundgesetzänderung im
       Dezember abgelehnt – ebenfalls geschlossen.
       
       30 Jan 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.wissenschaftsrat.de/download/archiv/7013-18.pdf
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Anna Lehmann
       
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