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       # taz.de -- Venezuela und Nationalsport Baseball: Turnier nach Panama ausgelagert
       
       > Wegen der Unruhen in Venezuela wird dem Baseball-Meister, den Cardenales
       > de Lara, die Austragung der karibischen Klubmeisterschaft entzogen.
       
   IMG Bild: Gewaltopfer: Die Profis der Cardenales de Lara trauern um zwei Mitspieler, die bei einem von Kriminellen verursachten Autounfall starben
       
       Caracas taz | Die Folgen der [1][unsicheren Lage in Venezuela] bekommt nun
       auch der dortige Nationalsport Baseball zu spüren. Nur wenige Tage vor
       Beginn der Karibikmeisterschaft der Klubmannschaften verlegte die
       Confederación de Beisbol del Caribe (CBPC) den Austragungsort von Venezuela
       nach Panama. „Einen dreckigen Spielzug der CBPC“, nannte dies Staatschef
       Nicolás Maduro am Montagabend vor laufender Kamera. Die Entscheidung sei
       auf Druck der USA und der rechten Opposition zustande gekommen.
       
       Ursprünglich sollten die Spiele ab kommenden Sonntag in Barquisimeto
       stattfinden, der Hauptstadt des Bundesstaates Lara. Von dort kommt
       Venezuelas frischgebackener Baseballmeister, die Cardenales de Lara.
       Letzten Sonntag erkämpften sich die Cardenales nach 18 Jahren Abstinenz
       ihren fünften Meistertitel. Mit dem entscheidenden vierten Sieg in der
       Serie 4 aus 7 schlugen sie die Leones del Caracas.
       
       Und jetzt müssen sich die Spieler aus Lara, die auch „die roten Vögel“
       genannt werden, Flugtickets besorgen. Die Freude darüber, die
       Karibikmeisterschaft vor eigenem Publikum austragen zu dürfen, ist der
       Empörung gewichen. Die nationalen Meister aus Kuba, Mexiko, Puerto Rico und
       der Dominikanischen Republik müssen auch ihre Flugtickets nach Panama
       umbuchen. Freuen kann sich lediglich Panamas Meistermannschaft, die als
       Gastgeber nun teilnehmen darf.
       
       Baseball ist in Venezuela populärer als Fußball, was eine Besonderheit auf
       dem südamerikanischen Kontinent ist. Diese Vorliebe hängt mit der Präsenz
       US-amerikanischer Ölfirmen seit Beginn des 20. Jahrhunderts zusammen. Mit
       ihnen kam auch jede Menge Botschafter dieses Sports. Die brachten den
       Caribeños an den Wochenenden das Spiel und die Leidenschaft bei. Baseball
       ist zwar in allen Bevölkerungsschichten verankert, doch die meisten Spieler
       stammen aus der Unterschicht. Der Traum vieler ist es, einmal in der
       US-amerikanischen Major-League zu spielen. Nicht wenige haben das
       geschafft, einige wurden sogar zu Stars, die Millionen verdienen.
       
       „Als Junge habe ich davon geträumt, bei den New York Yankees zu spielen“,
       erzählte Hugo Chávez, der auch als Präsident noch ab und an um die Bases
       kurvte. Zwar hat der Comandante den Sprung zu den US-Profis nicht
       geschafft, aber seine Leidenschaft hat Venezuelas Baseball viel geholfen.
       
       ## Die Zuschauer bleiben zu Haus
       
       Trotz der großen Popularität leeren sich die Zuschauerränge von Saison zu
       Saison immer mehr. Nicht Gewalt hält die Fans vom Stadionbesuch ab, sondern
       die hohen Eintrittspreise. Die extreme Inflation und der alltägliche
       Kaufkraftverlust machen die Entscheidung für ein Ticket gerade unter der
       ärmeren Bevölkerung immer schwieriger. Ernsthaft dachten die
       Ligaverantwortlichen darüber nach, die Saison 2017/2018 ausfallen zu
       lassen. Erst eine Finanzspritze der staatlichen Ölgesellschaft PDVSA in
       Höhe von 10 Millionen Dollar machte sie möglich.
       
       Und so fiel trotz der tiefen politischen und ökonomischen Irrungen und
       Wirrungen bisher keine Spielzeit der 1946 gegründeten Liga Venezolana de
       Béisbol Profesional aus. Acht Teams spielen in der Profiliga. Die Leones
       und die Tiburones (Haie) de La Guaira aus dem Hauptstadtbezirk Caracas
       sowie sechs Teams aus den wichtigsten Städten des Landes. Rekordmeister
       sind die Löwen aus Caracas mit 20 nationalen Titelgewinnen.
       
       Der Zufall wollte es, dass das dritte Spiel um die aktuelle Meisterschaft
       am 23. Januar in Caracas ausgetragen wurde, im Stadion der Löwen, das Mitte
       der 1950er Jahre unter dem damaligen Diktator und General Marcos Pérez
       Jiménez gebaut wurde. Jiménez war am 23. Januar vor 61 Jahren aus dem Land
       gejagt worden. Und nun 61 Jahre später hatte sich Parlamentspräsident Juan
       Guaidó am 23. Januar vor Hunderttausenden zum Interimspräsidenten erklärt.
       Seither hat Venezuela zwei Präsidenten.
       
       Bei der abendlichen Begegnung zwischen den Leones und den Cardenales lag
       denn auch mehr als Baseball-Spannung in der Luft. „Guaidò presidente!!
       Guaidò presidente!!“ skandierten einige ZuschauerInnen, mehr war aber
       nicht. Venezuelas Baseballfans sind anders als Fußballfans in und außerhalb
       der Stadien ein friedfertiges Völkchen. Nur sehr selten kommt es zu
       Rangeleien oder Ausschreitungen.
       
       Doch die extreme Gewalt und Kriminalität in Venezuela betrifft auch den
       Baseball. Am Abend des Titelgewinns gedachten die Cardenales ihrer
       ehemaligen Mitspieler Luis Valbuena und José Castillo. Die beiden waren
       nach einem Auswärtsspiel Anfang Dezember nicht in den Mannschaftsbus
       gestiegen, sondern traten die Heimfahrt mit einem eigenen Fahrzeug an.
       Mutmaßliche Diebe hatten Hindernisse auf der Fahrbahn platziert, um Autos
       aufzuhalten und auszurauben. Das Auto der beiden geriet ins Schleudern,
       Valbuena und Castillo kamen ums Leben.
       
       (Übersetzung Jürgen Vogt)
       
       30 Jan 2019
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Oscar Torres
       
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