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       # taz.de -- Offener Brief an französische Regierung: Sie treten auf der Stelle
       
       > Ein offener Brief von 250 Intellektuellen an die Regierung des
       > französischen Präsidenten Macron zeigt: Es gibt wenig Bewegung bei den
       > Gelbwesten.
       
   IMG Bild: Ist der Gelbwesten-Protest zum Gemälde erstarrt?
       
       Berlin taz | Die [1][Proteste der Gelbwesten] in Frankreich gehen weiter.
       Am Wochenende waren es etwa 84.000 Menschen in verschiedenen Städten, die
       gegen die Reformpläne und den Kurs der Macron-Regierung demonstriert haben.
       Am Montag hat Macron sich [2][in einem Brief] an die Nation gewandt und den
       Protestierenden kollektive Sprechstunden angeboten. Eine große nationale
       Debatte strebe er an, heißt es darin: „Lasst uns über alles reden“.
       
       Macron benennt in dem Brief vier Großthemen – Steuern, Organsiation des
       Staates, Ökologie und Migration/Integration – und stellt konkrete Fragen:
       „Sollen zufällig ausgewählte Bürger, etwa über eine Lotterie, an der
       politischen Entscheidungsfindung teilnehmen? Sollen die Möglichkeiten von
       Volksabstimmungen erweitert werden? Soll das Parlament eine Obergrenze für
       Asylgesuche festlegen?“ usw. Bis zum 15. März soll der grand débat laufen.
       
       Bereits am Wochenende hatten sich 250 Wissenschaftler*innen verschiedener
       Universitäten [3][in einem offenen Brief] mit den Gelbwesten solidarisiert.
       Darin heißt es, der Staat habe den Weg der polizeilichen und gerichtlichen
       Repression gewählt. Weiter heißt es, um die Politik der brutalen
       Konfrontation zu rechtfertigen, unternähmen die Behörden alle
       Anstrengungen, die Gelbwesten zu diskreditieren. Deshalb habe Emmanuel
       Macron sie als „Hass-Menge“ gebrandmarkt, die xenophob, homophob und
       antisemitisch sei.
       
       Die Medien stünden unterdessen in treuer Komplizenschaft als Wachhund dem
       Staat zur Seite, so der offene Brief. Sie würden jeden noch so kleinen
       Zwischenfall ermitteln, um die Gelbwesten als Rassisten und Faschisten
       vorzuführen. Im Aufruf wird der Protest der Gelbwesten mit [4][dem Mai
       1968] und anderen so genannten „Volksbewegungen“ wie dem Arabischen
       Frühling oder Occupy Wall Street verglichen. Die 250 Unterzeichner*innen
       fordern alle Intellektuellen und Künstler*innen auf, sich den Gelbwesten
       anzuschließen, bisher hätten sich die Intellektuellen in vornehmes
       Schweigen gehüllt. Prominente Namen fehlen auf der Liste.
       
       ## Forderung nach Anerkennung
       
       Im Aufruf wird eingeräumt, es gebe zwar Vereinnahmungsversuche von rechts,
       diese würden jedoch nicht gleich die ganze Bewegung diskreditieren. Zur
       Gewaltfrage zitieren die Verfasser*innen Bertolt Brecht: „Der reißende Fluß
       wird gewalttätig genannt. Aber das Flußbett, das ihn einengt, nennt keiner
       gewalttätig.“
       
       Die Bewegung sei Ausdruck der Forderung nach Anerkennung, gehört zu werden
       und respektiert zu werden. Der „Regierung aus Technokraten“ wirft der
       Aufruf verächtliche Arroganz vor. Den Gelbwesten komme das Verdienst zu,
       die Idee der aktiven Bürgerschaft und der „Kompetenz des Volkes“ geweckt zu
       haben.
       
       Aktive Bürgerschaft meint hier „die demokratischen und revolutionären
       Traditionen seit den Sans-Culottes, die Revolution von 1848 und die
       Kommunarden bis zu den Arbeiterräten des 20. Jahrhunderts“: „Die Ablehnung
       jeglicher Machtdelegation, die die Mehrheit der Gelben Westen auszeichnet,
       liegt in derselben Tradition, der radikalen und libertären Demokratie, die
       durch die Erinnerung an die verratenen Aufstände wiederbelebt wird“. Es sei
       in der Verantwortung der Linken, das Feld nicht den Rechten zu überlassen.
       
       15 Jan 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Gelbwesten-in-Frankreich/!5561530
   DIR [2] /Gelbwesten-in-Frankreich/!5563155
   DIR [3] https://blogs.mediapart.fr/edition/les-invites-de-mediapart/article/120119/nous-ne-serons-pas-les-chiens-de-garde-de-letat?fbclid=IwAR1J9ncTa4HPeW25CmvW3kChZ-u4jERIkVUwn4mqqWTSQQawb9FvWwXCZSE
   DIR [4] /1968-in-der-franzoesischen-Provinz/!5501470
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Tania Martini
       
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