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       # taz.de -- Wölfe in Deutschland: Schutz nur noch in Schutzgebieten
       
       > Außerhalb von großen Wäldern sollen Wölfe bis zu einer Obergrenze
       > abgeschossen werden können, verlangen Jäger- und Bauernverbände.
       
   IMG Bild: Die Jäger wollen Wölfe ins Zielfernrohr nehmen
       
       Berlin taz | Die wichtigsten Organisationen der Landwirte und Jäger
       verlangen, dass [1][Wölfe] sich nur noch in „Schutzarealen“ wie großen
       Wäldern oder Truppenübungsplätzen ungehindert ausbreiten. Außerhalb dieser
       Gebiete sollten die bisher unter strengem Artenschutz stehenden Tiere
       gejagt werden, um den Bestand zu begrenzen. Das geht aus dem
       [2][„Managementkonzept für den Wolf“] hervor, das das Aktionsbündnis Forum
       Natur am Mittwoch vorgestellt hat. Mitglieder unter anderem: der Deutsche
       Jagdverband (DJV) und der Bauernverband.
       
       Die Wölfe sind im Jahr 2000 nach ihrer Ausrottung vor 150 Jahren dauerhaft
       [3][nach Deutschland zurückgekehrt]. Seitdem wächst der Bestand jährlich um
       etwa 30 Prozent. Nach Schätzungen des DJV leben hierzulande inzwischen mehr
       als 1.000 Tiere, eine Verdopplung innerhalb von drei Jahren sei
       realistisch. „Damit nehmen die Konflikte weiter zu“, warnen die Jäger.
       
       Tatsächlich steigt auch die Zahl der von Wölfen gerissenen Nutztiere. Viele
       Bauern sehen dadurch die vergleichsweise tier- und naturfreundliche
       Viehhaltung auf der Weide gefährdet. Zudem nehmen Sorgen zu, dass Wölfe
       Menschen gefährden könnten.
       
       „Der Wolf hat in Deutschland ein Existenzrecht. ‚Willkommen Wolf‘ allein
       reicht aber nicht“, sagte DJV-Präsidiumsmitglied Helmut Dammann-Tamke. Es
       sei eine gesamtgesellschaftliche Entscheidung, wie viele Wölfe Deutschland
       vertrage. Sonst drohe der komplette Akzeptanzverlust, so Dammann-Tamke.
       
       ## Jäger halten Population für groß genug
       
       Die Verbände des Aktionsbündnisses empfehlen deshalb „ein aktives
       Bestandsmanagement nach dem Vorbild der skandinavischen Schutzjagd.“ Dazu
       müssten die einzelnen Bundesländer die Bestände festlegen, „nach oben eine
       Grenze definieren, die weiterhin die gerade auch naturschutzfachlich
       dringend notwendige Weidetierwirtschaft garantiert.“
       
       Dem Konzept zufolge soll Deutschland in drei Kategorien eingeteilt werden:
       „In Wolfsschutzarealen soll sich der Wolf unbeeinflusst entwickeln können,
       etwa in großen Waldgebieten oder auf Truppenübungsplätzen. In
       Wolfsmanagementarealen soll der Wolf grundsätzlich toleriert sein, seine
       Bestände aber auf Basis der individuellen Akzeptanzgrenzen in den Ländern
       reduziert werden. In Wolfsausschlussarealen sollen territoriale Wolfsrudel
       nicht toleriert werden, insbesondere in Hinblick auf die Gefahrenabwehr.
       Urbane Gebiete gehören dazu ebenso wie der alpine Raum oder
       Weidetierhaltung mit großem Konfliktpotenzial“, schreiben die Verbände.
       
       Anders als das Bundesamt für Naturschutz ist das Aktionsbündnis der
       Meinung, dass die Wölfe in Deutschland bereits den „günstigen
       Erhaltungszustand“ erreicht hätten, der Abschüsse gemäß Naturschutzrecht
       erleichtern würde. Eine Bedingung dafür ist, dass die Population groß genug
       ist, um langfristig zu überleben.
       
       Die zuständigen Behörden sehen dieses Kriterium nicht als erfüllt an. Dabei
       zählen sie aber nur die Wölfe in Deutschland und Westpolen mit, denn diese
       bildeten eine von anderen getrennte Population.
       
       Das Aktionsbündnis dagegen meint, dass die hiesigen Wolfsvorkommen Teil
       einer baltisch-osteuropäischen Population mit mittlerweile über 8.000
       Individuen sind. Deren günstigen Erhaltungszustand halten die
       Organisationen für „zweifelsfrei erwiesen“. Sie haben sich für ihr Konzept
       von Sven Herzog beraten lassen, einem Dresdner Professor für
       Wildtierökologie und Jagdwirtschaft.
       
       Der Naturschutzbund (Nabu) lehnte die Forderungen ab. „Jegliche Eingriffe
       in die Population sind rechtswidrig und zum jetzigen Zeitpunkt nicht
       notwendig, da ein günstiger Erhaltungszustand der Wolfspopulation noch
       nicht erreicht ist“, sagte Artenschutzexpertin Claudia Grünewald. Wölfe zu
       bejagen schütze weder Menschen noch Weidetiere wie Schafe.
       
       Stattdessen sollten die Agrarminister endlich „umfassenden Herdenschutz
       ausreichend finanziell und unbürokratisch fördern“, verlangte Grünewald.
       „Nutztiere in Wolfsgebieten müssen geschützt sein.“ Dafür müsse die
       Bundesregierung ein Herdenschutzkompetenzzentrum einrichten.
       
       Die Sicherheit von Menschen steht der Naturschützerin zufolge an oberster
       Stelle und bereits jetzt lassen es die Naturschutzregelungen zu, dass
       vermeintlich auffällige Wölfe „entnommen“ werden können. Jagd-Praktiken wie
       in Schweden dagegen seien EU-rechtswidrig und zögen
       Vertragsverletzungsverfahren nach sich.
       
       Auch das Bundesamt für Naturschutz teilte der taz mit, nach der jüngsten
       Analyse von 2013 sei der Erhaltungszustand der Art immer noch ungünstig.
       Diese Einstufung werde lediglich alle sechs Jahre aktualisiert. „Der
       nächste nationale Bericht ist in Vorbereitung und die Ergebnisse der
       Befassung können nicht vorweg genommen werden“, so die Behörde Die
       Schätzung des DJV, wonach in Deutschland mehr als 1000 Wölfe leben, sei
       nicht seriös. Denn die Bundesländer würden nur Rudel, Paare und
       territorialen Einzeltiere erfassen. Die Rudelgrößen würden aber stark
       variieren. Im Monitoringjahr 2017/2018 seien in den bestätigten
       Wolfsterritorien nur 213 bis 246 erwachsene oder fast erwachsene Wölfe
       gezählt worden.
       
       16 Jan 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Woelfe/!t5019016
   DIR [2] https://www.jagdverband.de/content/neue-wege-im-wolfsmanagement-gehen
   DIR [3] /Woelfe-in-Deutschland/!5552471
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jost Maurin
       
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