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       # taz.de -- Bundesweite Demo „Wir haben es satt“: Jährlicher Protest, keine Agrarwende
       
       > Die Demo gegen die Agrarindustrie hat Tierquälerei und Artensterben in
       > der Landwirtschaft nicht reduziert. Aber sie schafft große
       > Aufmerksamkeit.
       
   IMG Bild: Zehntausende Menschen demonstrierten auch 2019 für eine Agrarwende
       
       Berlin taz | Im neunten Jahr der [1][„Wir haben es satt“-Demonstration]
       gegen die Agrarindustrie drängt sich eine Frage immer stärker auf: Was
       bringt dieses alljährliche Ritual der alternativen Landwirtschaftsbewegung
       eigentlich?
       
       „In der Tat, es ist fast zum Verzweifeln, wenn man die reale Agrarpolitik
       ansieht“, antwortete der Chef des Bunds für Umwelt und Naturschutz (BUND),
       Hubert Weiger, der taz am Rand der Veranstaltung am Samstag in Berlin.
       „Aber wir haben nicht zuletzt mit Hilfe der Demos eine Bewegung auf
       europäischer Ebene erreicht.“ So habe die EU bei der letzten Reform ihrer
       Agrarsubventionen den Mitgliedstaaten erlaubt, 15 Prozent der derzeit
       hauptsächlich für den Besitz von landwirtschaftlicher Fläche gezahlten
       Millionen in Umweltprogramme umzuschichten.
       
       Selbst wenn diese Gesetzesänderung tatsächlich auf die Demos zurückgehen
       sollte: Deutschland beispielsweise nutzt diese Möglichkeit kaum. Auch die
       jüngste EU-Agrarreform und auch die „Satt“-Demos seit 2011 haben weder den
       Anteil der Landwirtschaft am Artensterben und am Klimawandel gemindert noch
       die Tierquälerei in vielen Ställen gestoppt.
       
       Dennoch funktioniert die Demo: Es sind wieder laut Polizei „mehrere
       Zehntausend Menschen“ ins Regierungsviertel gekommen. Die Veranstalter
       sprechen sogar von 35.000. Das generiert Aufmerksamkeit für das Thema
       Agrarwende in allen großen Medien. Bei Weiger standen die Journalisten
       Schlange, um ihn zu interviewen. Da konnte er die zentrale [2][Botschaft
       der Demo] platzieren: „Nur wer Tiere artgerecht hält und unsere Umwelt
       schützt, soll in Zukunft Geld aus Brüssel bekommen.“
       
       ## Ackerfeministischer Treckerblock
       
       Die Demo motiviert auch die Aktivisten, die sich hier treffen und erleben,
       wieviele sie sind. „Es gibt Kraft fürs ganze Jahr“, rief Matthias
       Stührwoldt, Milchbauer aus dem schleswig-holsteinischen Stolpe, von der
       Bühne am Brandenburger Tor dem Publikum zu. Im Umfeld des von
       konventionellen Betrieben dominierten Deutschen Bauernverbands ist immer
       wieder von einer „Anti-Bauern-Demo“ die Rede. Die Forderungen nach mehr
       Umwelt- und Tierschutzbedingungen für die Agrarsubventionen etwa würden den
       Höfen schaden.
       
       Unter den Satt-Teilnehmern waren aber auch d[3][ieses Jahr viele Bauern],
       die das anders sehen. Zu den rund 100 Organisationen, die die Demo
       veranstalten, gehören die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft und
       mehrere Ökobauernverbände wie Bioland. Angeführt wurde der
       Demonstrationszug dieses Mal gleich von rund 170 Landwirten in Traktoren.
       Sogar ein „ackerfeministischer Treckerblock“ von Bäuerinnen war dabei. „Wir
       haben mehr Bauern als der Bauernverband jemals auf seinen Kleindemos am
       Hauptbahnhof hat organisieren können“, sagte Weiger. Dieses Jahr hatten
       sich bereits am Freitag nach eigenen Angaben rund 150 Landwirte der
       Gegendemo „Wir machen Euch satt“ vor das Brandenburger Tor gestellt – mit
       einer riesigen Pestizidspritze.
       
       Bundesagrarministerin Julia Klöckner warf den „Satt“-Demonstranten
       Pauschalkritik und Polarisierung vor. Dabei sei die Welt auf die Landwirte
       angewiesen. Es sei eine Herausforderung, die wachsende Weltbevölkerung zu
       ernähren. „Wir werden sie nicht satt machen mit einem Teilausstieg aus der
       landwirtschaftlichen Produktion“, sagte die CDU-Politikerin. Welcher der
       Agrarindustrie-Gegner so einen Schritt gefordert und die Landwirtschaft
       insgesamt und ohne Ausnahme verurteilt haben soll, verriet sie allerdings
       nicht.
       
       20 Jan 2019
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Jost Maurin
       
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