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       # taz.de -- Das Kreuz des kirchlichen Arbeitsrechts: Putzen ist eine Heidenarbeit
       
       > Die Bremische Evangelische Kirche verlangt in ihren
       > Stellenausschreibungen nicht mehr pauschal die Zugehörigkeit zu einer
       > christlichen Kirche.
       
   IMG Bild: Wer ein Taufbecken wienert, muss nicht gläubig sein – das hat Bremens Kirche kapiert
       
       BREMEN taz | Die Bremische Evangelische Kirche (BEK) hat die Kriterien
       ihrer Stellenausschreibungen gelockert: Bewerber*innen müssen nun [1][nicht
       mehr in allen Fällen einer christlichen Religionsgemeinschaft angehören].
       Im vergangenen Jahr hatte die taz auf Hinweis des Forums Säkulares Bremen
       (FSB) [2][aufgedeckt], dass die Gemeinden die Taufe selbst für eine
       Einstellung als Hausmeister*in oder für Arbeitsgelegenheiten im Bereich
       Raumpflege als Voraussetzung verlangt hatten.
       
       BEK-Sprecherin Sabine Hatscher stellte jedoch klar, dass die neue Regelung
       nicht bindend, sondern nur „eine Empfehlung an alle Gemeinden“ sei. Bei der
       BEK sind die Gemeinden traditionell autonom. Sie dürfen selbst entscheiden,
       wie sie Stellenausschreibungen formulieren. In der Praxis folgen sie aber
       dem von der BEK-Zentrale vorgegebenen Modell – allein schon aus Gründen der
       Rechtssicherheit.
       
       Denn laut Hatscher reagiert man mit der Reform auf eine [3][Entscheidung
       des Europäischen Gerichtshofs] vom April vergangenen Jahres. Dieser hatte
       die Verpflichtung zur Zugehörigkeit auch bei verkündigungsfernen
       Stellenausschreibungen für rechtswidrig erkannt. Die damals Klagende bekam
       eine Entschädigung zugesprochen.
       
       Im Oktober hatte dann auch noch das Bundesarbeitsgericht festgestellt, dass
       die Arbeitgeberin Kirche begründen müsse, wann und warum ein Arbeitsplatz
       religiöse Anforderungen zu erfüllen hat. Bei Putz-Jobs und
       Rasenmäh-Diensten könnte das schwierig werden.
       
       ## Kirche reagiert zögerlich
       
       Zunächst hatte die BEK auf diese Entscheidung allenfalls zögerlich
       reagiert. Noch in einer Stellungnahme vom 11. Dezember heißt es: „An
       unserer gegenwärtigen Einstellungspraxis ändert sich auch durch das Urteil
       des Bundesarbeitsgerichts (BAG) kaum etwas.“
       
       Das FSB hatte [4][darauf hingewiesen] – und Front gegen die BEK gemacht:
       „Es ist Zeit, dass Arbeitnehmer*innen in kirchennahen Einrichtungen
       dieselben Rechte erhalten, wie ihre Kolleg*innen in weltlichen Betrieben“,
       so SFB-Sprecher Herbert Thomsen damals. Der Chef der SPD-Fraktion, Björn
       Tschöpe, versprach, die BEK daran zu erinnern, „dass Arbeitnehmerrechte
       keine Glaubensfrage sind“, und die Linksfraktion machte das Thema zum
       Gegenstand einer Anfrage in der Bürgerschaft. Nur die Grünen konnten „keine
       Diskriminierung erkennen“, so deren Religionspolitiker Matthias Güldner
       damals.
       
       Die BEK legt die Grenzen des verkündigungsnahen Bereichs auch jetzt nicht
       klar fest. Die Empfehlung gelte pauschal für alle Stellen, sagte Hatscher.
       Man müsse dann im Einzelfall bewerten und entscheiden.
       
       ## Verkündigungsnähe ohne klare Grenze
       
       Einstellungen ohne christliche Zugehörigkeit seien „denkbar beispielsweise
       im Kita-Bereich, wenn es um eine Aufgabe im Rahmen der Inklusion geht“. Im
       Dezember hatte es seitens der BEK noch geheißen: „Für uns ist klar, dass
       eine Erzieherin in einer evangelischen Kita weiter Mitglied einer
       christlichen Kirche sein muss.“
       
       Die Gemeinden haben ihre Ausschreibungen der Rechtslage angepasst und
       fordern von Job-Bewerber*innen mittlerweile nur, „dass Sie sich mit unserem
       kirchlichen Auftrag identifizieren“ und für dessen „Erfüllung eintreten“.
       
       4 Feb 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.kirche-bremen.de/orte/landeskirche/stellenausschreibungen.php
   DIR [2] /!5551385
   DIR [3] http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=201148&doclang=DE
   DIR [4] http://www.forumsaekularesbremen.de/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Frieda Ahrens
       
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