# taz.de -- Infodienst zu Radioaktivität und Umwelt: „Strahlentelex“ strahlt nicht mehr
> Die Zeitschrift berichtete seit der Reaktorkatastrophe in Tschernobyl.
> Nach 32 Jahren werden nun keine weiteren Ausgaben erscheinen.
IMG Bild: Kontaminiertes Molkereipulver: Ein Resultat des Tschernobyl-Unglücks in den 80ern
GÖTTINGEN taz | Die in der Antiatomkraftszene bekannte Zeitschrift
[1][Strahlentelex ] erscheint nicht mehr, die Dezember-Ausgabe war die
letzte. Das bestätigte Herausgeber und Redakteur Thomes Dersee der taz. Er
könne das Blatt, das seit 32 Jahren über die gesundheitsschädlichen
Auswirkungen von Radioaktivität informiert, aus gesundheitlichen Gründen
nicht weiter fortführen. Seinen zum Schluss noch rund 700 Abonnenten hat er
dies bereits mitgeteilt.
Zu Beginn, im Januar 1987, lag die Auflage des Strahlentelex bei 3.000
Exemplaren. Damals waren die Folgen der Reaktorkatastrophe in Tschernobyl
noch überall zu spüren. Gemüse und Pilze, Wildtiere und Milch waren stark
mit Radioaktivität belastet. Im ganzen Bundesgebiet gründeten besorgte
Verbraucher neue Bürgerinitiativen.
Das Strahlentelex veröffentlichte die Messwerte der Strahlung in
Lebensmitteln und nannte die Produkt- und Firmennamen – letzteres ist
staatlichen Messstellen bis heute verboten. Damit erhielten Leser erstmals
konkrete und unverschlüsselte Daten, um die Strahlenbelastung so gering wie
irgendwie möglich zu halten.
Mit dem abnehmenden Interesse an reinen Radioaktivitätsmesswerten ging auch
das Interesse am Strahlentelex zurück. Bürgerinitiativen und Institute,
Fachleute und Journalisten nutzten den Dienst aber weiter – etwa als
Informationsquelle im Streit über die Leukämiehäufung in der Umgebung des
Atomkraftwerkes Krümmel und der Anlagen der Gesellschaft für
Kernenergieverwertung in Schiffbau und Schifffahrt in der Elbmarsch. Seit
April 1995 enthielt das Strahlentelex zusätzlich den „ElektrosmogReport“,
einen unabhängigen Fachinformationsdienst zur Bedeutung elektrischer und
magnetischer Felder für Umwelt und Gesundheit.
## Ohne Staat und kommerzielle Werbung
Zeitweise bekam der Diplomingenieur und Wissenschaftsjournalist Dersee von
der Diplombiologin Bettina Dannheim und dem Medizinphysiker Sebastian
Pflugbeil Unterstützung bei der Redaktionsarbeit. Ein wissenschaftlicher
Beirat unterstützte das Strahlentelex bis zuletzt. Im April 2006 verlieh
die Deutsche Umweltstiftung Dersee ihren Umweltpreis für Journalisten.
Im Internet lassen sich auch heute sämtliche veröffentlichte Beiträge seit
1987 recherchieren. Das Strahlentelex war stets frei von kommerzieller
Werbung, erhielt keinerlei staatliche oder sonstige Zuwendungen und
finanzierte sich ausschließlich durch Abonnements und Spenden.
Viele der verbliebenen Leserinnen und Leser reagierten traurig auf das Ende
des Blattes. „Gerade in der Tschernobylzeit hatte ich den Strahlentelex
beim Einkaufen immer dabei, um mein damals 8-jähriges Kind weitestgehend
gesund ernähren zu können“, heißt es in einer Zuschrift an Dersee. In einer
anderen steht: „Wir werden das extrem informative und aufklärende
Strahlentelex sehr vermissen. Ich weiß keine andere Informationsquelle, die
unabhängig von Industrie und Politik so sachliche Aufklärung betrieben
hat.“
31 Jan 2019
## LINKS
DIR [1] http://www.strahlentelex.de/
## AUTOREN
DIR Reimar Paul
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