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       # taz.de -- Coworking Space der TU eröffnet: Das Immergleiche, aber neu
       
       > In einer Zeit, in der sich Start-ups verbreiten wie Fußpilz, möchten auch
       > Institutionen öffentlicher Natur nicht zurückbleiben.
       
   IMG Bild: Oh, wie schön, ein Coworking-Ambiente in Berlin-Mitte (aber nicht das an der TU)!
       
       Bibliothek, Veranstaltungsraum, Unternehmertum: Hört sich altbacken an,
       oder? „Coworking space“, „event space“, „entrepreneurship“ – besser, oder?
       
       In einer Zeit, in der sich Start-ups verbreiten wie Fußpilz, möchten auch
       Institutionen öffentlicher Natur nicht zurückbleiben. Deshalb ist es nur
       konsequent, dass die TU und ihr Centre for Entrepreneurship (CfE) am
       Donnerstag den 3,5 Millionen teuren Coworking Space „EINS“ auf knapp 1.000
       Quadratmetern eröffnet haben. Dahinter verbergen sich: Räume mit Tischen,
       eine kleine Küche, ein Veranstaltungsraum, eine Werkstatt. Die Macher
       nennen es einen Ort, „an dem Entrepreneurship und
       Technologietransferprojekte mit dreifacher, nachhaltiger Wirkung –
       ökonomisch, sozial und ökologisch – gelebt und praktisch möglich gemacht
       werden“.
       
       Die „EINS“ steht nicht nur für die Hausnummer am Ernst-Reuter-Platz 1,
       sondern – natürlich – für viel mehr: das E für Entrepreneurship, das I für
       Innovation, das N für Network und das S für Sustainability. Hier haben
       ausgewählte Gründer einen Ort für Erfindung und Umsetzung, sie werden
       begleitet von einem Team, schließlich an Investoren vermittelt.
       
       So weit, so gut, wären da nicht die fiesen Wortspiele. So ließ
       Zentrumsleiter Florian Hoos bei einer Führung durch die
       minimalistisch-funktional eingerichteten Räume einen Hagel von Anglizismen
       regnen, von dem selbst einem unter Dreißigjährigen schwindelig werden
       konnte. Es fielen Begriffe, die nur mühsam notiert werden konnten:
       „innovation loop“, „maker space“, „disruptive technologies“ oder „triple
       impact entrepreneur“.
       
       ## „sustainable development goals“
       
       Letzteres Wortwunder steht für den neuen Unternehmertyp, den das CfP
       propagiert: im Kern ökonomisch orientiert, aber irgendwie auch sozial und
       ökologisch motiviert, auf den „gesellschaftlichen Mehrwert“ bedacht
       sozusagen. Kein Zufall, dass Hoos seine Eröffnungsrede neben einer Pyramide
       aus Pappwürfeln hielt, auf denen die 17 „sustainable development goals“ der
       Vereinten Nationen illustriert waren.
       
       Als der Hagel vorüber war und junge Gründer mit teils begeisterten, teils
       irritierten Journalisten Rote-Beete-Bällchen naschten, präsentierte sich
       vor der Tür ein Bild aus gefühlt lang vergangenen Zeiten: zwei Männer auf
       analoger Suche nach Mitstreitern, die neben einem Plakat mit der Aufschrift
       „Warum ist Marx so wichtig?“ Zeitungen im 68er-Layout verteilten.
       
       Während der Kapitalismus dem Immergleichen – Profitmaximierung – stetig
       neue Namen gibt und so sein Überleben sichert, scheinen seine Gegner aus
       der Zeit gefallen. Vokabeln wie „Arbeiter“ oder „Imperialismus“, die sich
       auf der Titelseite ihrer Zeitungen finden, kauft heute keiner. Wie wäre es
       mit „disruptive subversion“ statt „Weltrevolution“?
       
       31 Jan 2019
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Volkan Ağar
       
       ## TAGS
       
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   DIR Wissenschaftskommunikation
   DIR Citizen Science
       
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