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       # taz.de -- Verwaltung trödelt bei Mobilität: Verbesserung im Schneckentempo
       
       > Die BVG soll ab April endlich zu geparkte Busspuren selbst räumen können.
       > Gesetzlich möglich ist das schon, aber noch fehlt eine
       > Ausführungsvorschrift.
       
   IMG Bild: Das geht ganz fix: Die BVG darf bald auf Busspuren parkende Autos selbst abschleppen
       
       Berlin taz | Es war ein echter Durchbruch: Die BVG sollte selbst mit einem
       Großärgernis auf- und zugeparkte Busspuren leer räumen können, ohne
       zeitaufwendigen Umweg über Polizei und Ordnungsamt. So sieht es das
       Mobilitätsgesetz vor, als Deutschlands erstes dieser Art vor allem von den
       Grünen gefeiert und vom Abgeordnetenhaus bereits Ende Juni 2018
       beschlossen. Doch auch über sieben Monate später darf die BVG immer noch
       nicht selbst abschleppen, weil die dafür nötige Ausführungsvorschrift noch
       fehlte – ausgerechnet von der grün geführten Senatsverwaltung für Verkehr.
       Jetzt endlich konnte die BVG gegenüber der taz melden: Im April soll es
       losgehen.
       
       Harald Wolf war es, der frühere Wirtschaftssenator, inzwischen seit Jahren
       kenntnisreicher verkehrspolitischer Sprecher der Linksfraktion, der die
       Monate währende Kluft zwischen Gesetzesziel und Abschleppwirklichkeit vor
       einer Woche im Parlament aufgriff und die nötige Verordnung einforderte.
       „Wir müssen dafür sorgen, dass die Busspuren frei geräumt sind“, sagte er
       in der jüngsten Plenardebatte. Damit verblüffte er nicht nur Journalisten
       auf der Pressetribüne, sondern auch manche Abgeordnetenkollegen, die davon
       ausgegangen waren, dass das mit den erweiterten BVG-Kompetenzen längst
       abgehakt sei.
       
       Woran es bislang hakt, steht in Unterpunkt 4 von Paragraf 23 des
       Mobilitätsgesetzes. Der legt nämlich fest: „Die für Verkehr zuständige
       Senatsverwaltung erlässt im Einvernehmen mit der für Inneres zuständigen
       Senatsverwaltung die zur Ausführung (…) erforderlichen
       Verwaltungsvorschriften.“ Das ist nötig, weil das Gesetz hier der BVG
       beziehungsweise ihren Mitarbeitern so genannte hoheitliche Aufgaben
       überträgt, die bislang bei Polizei und Ordnungsamt liegen.
       
       Linkspartei-Verkehrsexperte Wolf adressierte seine Forderung im
       Abgeordnetenhaus allein an die von SPD-Senator Andreas Geisel geführte
       Innenverwaltung. Von der dortigen Pressestelle aber heißt es mit Verweis
       auf den Gesetzestext, die Federführung liege bei der Verkehrsverwaltung der
       Grünen-nahen Senatorin Regine Günther. Der habe man die eigene Zuarbeit
       schon übermittelt.
       
       ## Übertragen hoheitlicher Aufgaben ist aufwändig
       
       Dort wiederum ist von Günthers Pressesprecher Jan Thomsen zu hören: „Mit
       einer Verwaltungsvorschrift, die noch relativ schnell aufzuschreiben wäre,
       ist es leider nicht getan.“ Die Übertragung hoheitlicher Aufgaben erfordere
       einen höheren Aufwand. Über die Abstimmung zwischen den beiden Behörden war
       am Mittwoch letzter Woche zu erfahren: „Dies läuft derzeit.“ Thomsen
       zufolge geht es dabei etwa um die Schulungen von BVG-Mitarbeitern und um
       das konkrete Verfahren bei der Umsetzung von Fahrzeugen. Außerdem sei eine
       Gebührenordnung zu erlassen.
       
       „Mir ist das rätselhaft“, sagte der verkehrspolitische Sprecher der
       CDU-Fraktion, Oliver Friederici, der taz. Auch er hätte gedacht, dass
       gerade eine Grün-geführte Senatsverwaltung alles daran setzen würde, so
       schnell wie möglich über schnelleres Abschleppen Erfolge des
       Mobilitätsgesetzes vorzuweisen. „Jede Busbeschleunigungsmaßnahme ist doch
       zum Scheitern verurteilt, wenn noch nicht mal das klappt“, meint der
       CDU-Mann. Und Grünen-Verkehrsexperte Harald Moritz war nach eigenen Worten
       davon ausgegangen, dass es allein an der Innenverwaltung liege. Die
       Verordnung zu erlassen drängt auch aus seiner Sicht – „das müssen wir
       schnellstmöglich tun“.
       
       Und manchmal geht es dann tatsächlich doch ganz schnell: Im Zuge der
       Recherche berichtete BVG-Sprecherin Petra Nelken (bislang unter dem
       Nachnamen Reetz bekannt) am Donnerstag auf taz-Anfrage, dass es tags zuvor
       ein Treffen der beiden Senatsverwaltungen, der Polizei und der
       Verkehrsbetriebe gegeben habe. Ergebnis: Die nötigen Verordnungen sollen im
       März im Amtsblatt erscheinen und ab dann gültig sein. „Im April können wir
       anfangen“, sagte Nelken der taz.
       
       Zunächst will die BVG dabei mit privaten Abschleppfirmen zusammenarbeiten,
       ab September oder Oktober dann mit eigenen Fahrzeugen unterwegs sein.
       Demnächst starte dazu eine Ausschreibung für acht Abschleppwagen: „Sechs
       normale und zwei größere“, kündigte Nelken an, „die können dann auch
       kleinere Lieferwagen aufladen, die die Busspur zuparken.“
       
       3 Feb 2019
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Stefan Alberti
       
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