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       # taz.de -- Schuldienst-Referendare in Hamburg: Tüchtige an die Tafel
       
       > Bei der Auswahl von Referendaren zieht die Stadt Bewerber vor, die schon
       > unterrichtet haben. Studierende und die Linke sehen das kritisch.
       
   IMG Bild: Erfahrung wird wichtiger: Eine Studentin arbeitet an einer Grundschule
       
       Hamburg taz | Als Schulsenator Ties Rabe (SPD) am Freitag die 325 neuen
       Referendare für den Schuldienst begrüßte, pries er zugleich das neue
       System, das diese aus der Bewerberschar erkoren hatte. Nicht mehr allein,
       wer gute Studiennoten oder lange Wartezeit hat, kommt zum Zug, sondern auch
       jene, die „während des Studiums im Schuldienst gearbeitet“ haben, und zwar
       im Umfang einer Viertelstelle. Doch Rabe fing sich prompt Kritik ein: Die
       Linke sprach vom „perfiden Anreiz“ für Studierende, als „Lückenfüller“ zu
       dienen.
       
       Schon geraume Zeit gibt es drei bis vier Mal mehr Bewerber als
       Referendariatsplätze an Hamburgs Schulen. Diese wurden bisher zu 60 Prozent
       nach Note und 30 Prozent nach Wartezeit vergeben, die übrigen zehn Prozent
       waren für „Härtefälle“. Doch dadurch hätten gute Bewerber zu lange warten
       müssen, sagt Rabe.
       
       Darum gibt es ein Punktesystem, das die bevorzugt, die „Praxiserfahrung“
       mitbringen. Und dank eines Internet-Portals könnten alle Bewerber ihre
       Chancen ermitteln. „Das neue System fördert fleißige und tüchtige
       Bewerber“, schwärmt Rabe. „Zudem gewinnen die Schulen mehr Aushilfen für
       befristete Verträge.“
       
       Die Schulpolitikerin Sabine Boeddinghaus (Die Linke) findet das Vorgehen
       gleich doppelt verkehrt. Zum einen gehe dies auf Kosten der
       Unterrichtsqualität. Zum anderen werde „der Druck, neben dem Studium zu
       unterrichten, verstärkt“, sagt sie.
       
       In der Tat ergab eine Anfrage der CDU, dass es allein im Schuljahr 2017/18
       636 „Seiteneinsteiger“ im Schuldienst gab, die weder ein fertiges
       Lehrerstudium noch ein Referendariat hatten. Zwar hatte jeder von ihnen
       einen Hochschulabschluss, doch 105 nur einen Bachelor. Für Lehramt ist in
       Hamburg ein Masterstudium zwingend.
       
       Auch Studierende sehen die Punkte-Regel kritisch. „Theoretisch kann man
       schon im ersten Semester anfangen, Punkte zu sammeln“, sagt
       Lehramts-Student Mats Nilsson. „Ich sehe die Gefahr, dass junge
       Bachelorstudierende sich Sachen aneignen, die pädagogisch nicht wertvoll
       sind.“ Im Referendariat habe man einen Mentor. „Beim Lehrauftrag heißt es:
       Rein ins kalte Wasser und überlebe!“ Und sei ein Lehrauftrag bisher
       freiwillig, werde dies künftig fast zur Pflicht.
       
       Boeddinghaus hat durch eine Anfrage ermittelt, dass die diesjährigen
       Bewerber schon ganz schön „tüchtig“ waren. 258 von 966 reichten
       Tätigkeits-Punkte ein. Den Höchstwert erzielte ein Hilfslehrer, der 84
       Monate, also über sechs Jahre, an einem Gymnasium lehrte.
       
       Rabe sollte aufhören, „den Nachwuchs zu verheizen“, kritisiert
       Boeddinghaus. Ähnlich sieht das die Lehrerkammer: Die Anerkennung
       praktischer Tätigkeit sei gut. Doch der Lehrkräftemangel sei nicht durch
       weitere Lehraufträge an Hochschulabsolventen zu lösen.
       
       4 Feb 2019
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Kaija Kutter
       
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