URI: 
       # taz.de -- INF-Abrüstungsvertrag: Was ist eigentlich mit China?
       
       > Politiker streiten darüber, ob sie eher Russland oder die USA
       > unterstützen sollen. Die wirklichen Abrüstungsfragen lassen sie dabei
       > außer Acht.
       
   IMG Bild: 1988 wurden Pershing-II-Raketen gemäß dem INF-Abkommens aus Deutschland abtransportiert
       
       Genf taz | Welche Konsequenzen hat der Ausstieg der USA und Russlands aus
       dem INF-Abkommen? Die am Wochenende voll entbrannte innenpolitische
       Kontroverse in Deutschland über diese Frage hat manche Ähnlichkeiten mit
       der Debatte Ende der 70er und Anfang der 80er Jahre über den damaligen
       Nato-Doppelbeschluss und die Stationierung sowjetischer und
       US-amerikanischer Mittelstreckenraketen zwischen Atlantik und Ural. Im
       Unterschied zur damaligen bipolaren Kontroverse spielen in der aktuellen
       Debatte aber auch China und andere Staaten eine Rolle, die inzwischen
       ebenfalls über Mittelstreckenraketen mit Reichweiten von bis zu 5.500
       Kilometern verfügen.
       
       CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak warf seinem SPD-Amtskollegen Lars
       Klingbeil und Niedersachsens Ministerpräsidenten Stephan Weil (SPD) am
       Sonntag „Naivität“ vor. „Klingbeil und Weil schüren mit ihren Äußerungen
       Misstrauen gegenüber der Nato und spielen mit ihren naiven Sprüchen Putin
       in die Hände“, sagte Ziemiak der dpa. Zuvor hatte Klingbeil via Twitter
       erklärt, die Stationierung neuer atomarer Mittelstreckenraketen in
       Deutschland und Europa sei „der falsche Weg“ und Deutschland dürfe sich von
       Trump und Putin nicht treiben lassen.
       
       Mit dieser Äußerung reagierte Klingbeil wiederum auf Unionsfraktionsvize
       Johann David Wadephul (CDU), der [1][Außenminister Heiko Maas] (SPD) am
       Freitag davor gewarnt hatte, eine Stationierung neuer atomarer
       Mittelstreckenraketen der Nato in Europa auszuschließen. Es dürfe „keinen
       deutschen Sonderweg geben“.
       
       Grünen-Chefin Annalena Baerbock forderte Europa auf, das INF-Abkommen zu
       retten. Aufgabe der Bundesregierung sei es daher jetzt, daran mitzuwirken,
       dass es einen Sondergipfel der Außen- und Verteidigungsminister der EU
       gibt. Dabei müsse Europa ein sicherheitspolitisches Konzept definieren und
       Vorschläge präsentieren, „wie man gegenseitiges Vertrauen wiederherstellen
       kann“.
       
       Ein erster Schritt wäre, die Inspektions- und Kontollmechanismen des
       INF-Abkommens wieder in Kraft zu setzen, mit denen sich die USA und die
       Sowjetunion/Russland zwischen Ende 1987 und Juni 1991 gegenseitig überwacht
       hatten beim Abzug und der Verschrottung der damals auf beiden Seiten
       existierenden Mittelstreckenraketen. Mit diesen Mechanismen ließen sich
       gegenseitige Vorwürfe der Vertragsverletzung überprüfen.
       
       ## Neue Variante des Nato-Doppelbeschlusses
       
       Der grüne Außenpolitiker Jürgen Trittin forderte eine neue Variante des
       Nato-Doppelbeschlusses von 1979. Die Nato solle Russland anbieten, auf die
       US-Raketenabwehr in Europa zu verzichten und die taktischen Atomwaffen der
       USA aus Europa abzuziehen. Im Gegenzug müsse Russland ebenfalls bei
       Iskander-Raketen und Marschflugkörpern abrüsten.
       
       Die chinesische Führung forderte die USA und Russland dazu auf, das
       INF-Abkommen nicht aufzugeben. Dahinter, so der Direktor der Stiftung
       Wissenschaft und Politik (SWP), Volker Perthes, stecke Pekings Interesse,
       den Status quo zu erhalten und Bestrebungen für ein multilaterales Abkommen
       unter Einschluss der rund 2.000 Mittelstreckenraketen Chinas zu verhindern.
       
       US-Präsident Donald Trump hatte im Oktober 2018 bei seiner ursprünglichen
       Androhung, aus dem INF-Vertrag auszusteigen, als Hauptgrund zwar russische
       Vertragsverstöße behauptet. Zudem bezeichnete Trump das bilaterale Abkommen
       unter Verweis auf die inzwischen existierenden Mittelstreckenraketen in
       China, Indien, Iran, Nordkorea und anderen Ländern aber auch als
       „historisch überholt“ und verlangte die Aushandlung eines neuen
       multilateralen Vertrags. Die Teilnahme an derartigen Verhandlungen hat
       Peking bislang abgelehnt.
       
       3 Feb 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Stefan-Liebich-zur-Ruestungskontrolle/!5569886/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Zumach
       
       ## TAGS
       
   DIR INF-Vertrag
   DIR Atomwaffen
   DIR Mittelstreckenraketen
   DIR INF-Vertrag
   DIR INF-Vertrag
   DIR INF-Vertrag
   DIR INF-Vertrag
   DIR INF-Vertrag
   DIR INF-Vertrag
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR US-Nuklearforscher über Sicherheitslage: „Die nukleare Anarchie ist realistisch“
       
       Die Sicherheitslage ist angespannt wie nie, schuld sind vor allem die USA,
       erklärt Peter Kuznick vom US-Institut für nukleare Studien.
       
   DIR Russland kündigt Aufrüstung an: Neue Raketen mit höherer Reichweite
       
       Nach der Aufkündigung des INF-Vertrags setzt Moskau auf die Entwicklung
       neuer weitreichenstarker Raketen. Das solle laut Verteidigungsministerium
       bald beginnen.
       
   DIR Kommentar Kündigung des INF-Vertrags: Wettrüsten verhindern!
       
       Ein Rüstungskontrollvertrag, bei dem seit Jahren die
       Verifizierungsmechanismen nicht funktionieren, ist nichts wert. Aber es
       geht auch anders.
       
   DIR Russland kündigt INF-Vertrag: Putin will den Längsten
       
       Nach den USA steigt auch Russland aus dem INF-Vertrag aus. Putin treibt die
       ohnehin angelaufene Entwicklung neuer Atomraketen voran.
       
   DIR Reaktionen auf Streit um INF-Vertrag: Marschflugkörper gen Osten verlegen
       
       Russland und die USA werfen sich im Streit um den INF-Vertrag gegenseitig
       Vertragsbruch vor. Deutsche Politiker wollen die Gefahr eines Wettrüstens
       in Europa bannen.
       
   DIR Kommentar Russland und INF-Vertrag: Blender unter sich
       
       Nach dem Ende des INF-Vertrages preisen russische Medien neue russische
       Wunderwaffen. Und nun? Eine andere Art von Diplomatie ist nötig.