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       # taz.de -- Spionageverdacht bei Huawei: Unsicherheit für alle
       
       > Der chinesische Netzausrüster Huawei soll im Auftrag der Regierung Daten
       > ausspähen. Deutschland prüft „Risiken für die Netzsicherheit“.
       
   IMG Bild: Durchblick oder Einblick? Männer mit sogenannten Virtuelle-Realität-Brillen
       
       Beim Münchner Telekommunikationsanbieter M-net verfolgt man derzeit
       aufmerksam die Nachrichten. M-net, eine Tochter der Münchner Stadtwerke,
       hat im Auftrag der Landeshauptstadt München in München eine „Testumgebung“
       für die schnelle Mobilfunkverbindung 5G mit aufgebaut. Dafür wurden unter
       anderem Geräte des chinesischen Konzerns Huawei verwendet – und die könnten
       nun zum Problem werden. Denn die Bundesregierung prüft derzeit
       Spionagevorwürfe an Huawei – und ob der Konzern deshalb als künftiger
       Ausrüster deutscher Mobilfunknetze ausscheidet.
       
       „Die Sicherheit der von Telekommunikationsausrüstern angebotenen Produkte
       und Dienstleistungen sowie die Sicherheit des 5G-Netzes sind von hoher
       Relevanz für die Bundesregierung“, teilt eine Sprecherin des
       Bundeswirtschaftsministeriums auf taz-Anfrage mit. Davon werde sich die
       Bundesregierung auch mit Blick auf den Aufbau eines 5G-Netzes leiten
       lassen.
       
       Derzeit liegen zwar auch M-net „keine konkreten Hinweise“ darauf vor, dass
       Huawei-Komponenten „mögliche Risiken für die Netzwerksicherheit“
       darstellen. Nur: Sollte die Bundesregierung, die von den USA zu einem
       Ausschluss von Huawei gedrängt wird, zu einem anderen Urteil kommen, steht
       das M-net vor einem Problem. Zwar bietet das Unternehmen selbst kein
       Mobilfunknetzwerk an – das übernimmt die Telefónica –, aber auch in den
       Glasfaserkabeln für das klassische Festnetz hat M-net Huawei-Technik
       verbaut. „Eine kurzfristige Entscheidung hätte operativ erhebliche
       Auswirkungen, da laufende Projekte nicht so schnell auf andere Lieferanten
       umgestellt werden können“, sagte M-net-Sprecher Andreas Dietrich der taz.
       
       Seit Jahren steht Huawei im Verdacht, Spionage im Namen der chinesischen
       Regierung zu betreiben. Jens Zimmermann spricht von einer „abstrakten
       Gefahr“. „Die Bedenken lassen sich nicht vollständig ausräumen“, sagte der
       Digital-Experte der SPD-Bundestagsfraktion der taz. Je stärker man sich in
       Deutschland von ausländischer Hardware abhängig mache, desto größer werde
       auch die Gefahr von Sicherheitslücken.
       
       Zimmermann fordert eine eingehende Prüfung der Faktenlage, bevor es zu
       einer Entscheidung kommt, Huaweis Technologie vom deutschen Markt
       auszuschließen. „Wir müssen definieren, welche sensiblen
       Infrastrukturbereiche es gibt, die wir nicht von ausländischen Anbietern
       abdecken wollen“, sagt er. Jimmy Schulz, Vorsitzender des Ausschusses
       Digitale Agenda im Bundestag, [1][warnt vor Spekulationen im Fall Huawei].
       Er spricht sich für eine europäische Gemeinschaftsinitiative aus. „Ziel
       muss sein, insbesondere für kritische Infrastrukturen, wieder auf Hard- und
       Software zu setzen, die in Deutschland und Europa hergestellt wird.“
       
       Der Bundesverband der deutschen Industrie äußert sich nicht zu einzelnen
       Unternehmen, warnt die Bundesregierung aber allerdings vor einem
       vorschnellen Ausschluss einzelner Netzausrüster. Dieser beträfe nicht nur
       den geplanten Aufbau der 5G-Netze. Auch die bereits bestehenden 4G-Netze
       müssten von den Netzbetreibern umgerüstet werden – mit hohem zeitlichem und
       finanziellem Aufwand. Diese Folgen sollte die Bundesregierung bei ihrer
       Entscheidung bedenken. Die deutsche Niederlassung von Huawei selbst war für
       eine Stellungnahme bis Redaktionsschluss nicht zu erreichen.
       
       ## Offene Fragen bei Datensicherheit
       
       Der IT-Ausrüster zählt zu den Marktführern bei Smartphones und
       Digitaltechnologie, noch vor Apple oder europäischen Anbietern wie Nokia
       oder Ericsson. Das bestätigen auch WissenschaftlerInnen, die mit
       Huawei-Technologie forschen: „Die technische Leistung ist überzeugend“,
       sagt Hubertus Feußner. „Bei der Datensicherheit und auch bei den
       Hardwarekomponenten gibt es aber viele offene Fragen“.
       
       Feußner leitet die Forschungsgruppe für minimal-invasive Interdisziplinäre
       Therapeutische Intervention am Klinikum rechts der Isar in München. Das
       Ziel des Mediziners: den neuesten Mobilfunkstandard 5G dafür zu nutzen, die
       medizinische Versorgung in Krankenhäusern zu verbessern. Dem mittlerweile
       abgeschlossenen Projekt hat das bayerische Wirtschaftsministerium einen
       fünfstelligen Betrag zugeschossen, die Technik kam von Huawei.
       
       Was Feußner und seinem Team unter Laborbedingungen gelingt, ist für die
       Krankenversorgung im ländlichen Gebiet eine große Verheißung: die schnelle,
       lückenlose und sichere Übertragung von Daten. „Für die Notfall- und
       Rettungssituation wäre das ein enormer Fortschritt“, so Feußner. Derzeit
       plant die Forschungsgruppe ein Folgeprojekt zum Einsatz von 5G im
       Gesundheitssektor. Ob das Klinikum rechts der Isar erneut mit Huawei
       kooperiert, ist laut Feußner völlig offen. „Die Zusammenarbeit mit Huawei
       war sehr angenehm. Was an den Spionagevorwürfen dran ist, kann ich nicht
       beurteilen.“
       
       Dass die Daten bei Huawei sicher sind, daran gibt es aber erhebliche
       Zweifel. „Kritische Infrastruktur, wie die eines Krankenhauses, einem
       chinesischen Konzern anzuvertrauen, ist bedenklich“, sagt Rena Tangens von
       Digitalcourage. „In China kann eine Firma nur etwas werden, wenn sie mit
       der staatlichen Führung kooperiert.“ Doch China ist nicht das einzige Land,
       bei dem Tangens datenschutzrechtliche Bedenken sieht. Auch in den USA gibt
       es ähnliche Vorgaben. Die Daten von Nicht-US-Bürgern, die Dienste
       amerikanischer Firmen in Anspruch nehmen, seien nicht geschützt.
       Mittelfristig müsste die Bundesregierung mehr Geld in Forschung und
       Entwicklung eigener Technologien stecken und sich nicht auf das Silicon
       Valley oder China verlassen.
       
       Das sieht auch Konstantin von Notz so. „Immer mehr Länder schließen Huawei
       mit Hinweis auf schwerwiegende Sicherheitsbedenken als potenzielle Bieter
       für den 5G-Ausbau aus“, sagte der Vize-Vorsitzende der
       Grünen-Bundestagsfraktion. Die Bundesregierung wäre gut beraten, ihren Teil
       zur Aufklärung der im Raum stehenden Vorwürfe beizutragen.
       
       Für von Notz drängt die Zeit. In wenigen Wochen werden die Frequenzen für
       den 5G-Ausbau von der Bundesnetzagentur versteigert. „Handelt die
       Bundesregierung nicht endlich, muss sie sich den Vorwurf gefallen lassen,
       die Sicherheit unserer digitalen Infrastrukturen bewusst zu gefährden.“
       
       4 Feb 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.tagesspiegel.de/politik/was-ist-die-guelen-bewegung-die-zwei-gesichter-von-erdogans-suendenbock/19347388.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ralf Pauli
   DIR Tanja Tricarico
       
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