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       # taz.de -- Kosten von Flüchtlingsbürgen: Entscheidung im Einzelfall
       
       > Das Arbeitsministerium will Bürgen von Geflüchteten entlasten. Das gilt
       > nicht pauschal, jetzt werden die Betroffenen individuell überprüft.
       
   IMG Bild: Ohne Stempel geht gar nichts!
       
       Tausende Menschen haben wohl erleichtert aufgeatmet, als
       [1][Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) vor zwei Wochen verkündete:]
       Im Fall der sogenannten Flüchtlingsbürgen habe man eine „gute Lösung“
       gefunden, „die hilft“. Nun zeigt sich: Weder sind alle Bundesländer in die
       Einigung involviert, noch gilt die Vereinbarung automatisch für alle
       betroffenen Bürg*innen.
       
       Zwischen 2013 und 2016 hatten zahlreiche Menschen Verpflichtungserklärungen
       abgegeben, um Bürgerkriegsflüchtlinge aus Syrien nach Deutschland zu holen.
       Die meisten waren davon ausgegangen, dass diese Bürgschaft erlischt, sobald
       die Geflüchteten einen positiven Asylbescheid in Händen halten. So stand es
       auch in Erlassen verschiedener Bundesländer, etwa Niedersachsen oder
       Nordrhein-Westfalen. Entsprechend hatten viele Ausländerbehörden die
       Bürg*innen auch beraten.
       
       Doch dann begannen die Jobcenter der Bundesagentur für Arbeit,
       Erstattungsbescheide zu verschicken. [2][Insgesamt geht es bundesweit um
       eine Summe von mehr als 21 Millionen Euro,] die Privatpersonen und NGOs
       erstatten sollen. Nach monatelangen Diskussionen hatte Heil erklärt, Bund
       und Länder würden diese Summe „gemeinsam schultern“: „Ich kann in den
       nächsten Tagen die Jobcenter anweisen, von diesen Rückforderungen an
       Flüchtlingsbürgen abzusehen.“
       
       Liest man die Erklärung aber bis zum Schluss, steht dort, es hätten sich
       die „im Wesentlichen betroffenen Länder“ bereit erklärt, sich an den
       entstehenden Kosten zu beteiligen. Also: Hessen, Niedersachsen und
       Nordrhein-Westfalen. Damit sei „der Weg frei für eine Überprüfung von
       festgesetzten Erstattungen“. Von einer Inanspruchnahme der
       Verpflichtungsgeber*innen solle vor allem dann abgesehen werden, wenn diese
       sich der „Reichweite ihrer Erklärungen nicht bewusst waren oder von
       vornherein klar war, dass sie die übernommenen Verpflichtungen aus
       wirtschaftlichen Gründen gar nicht erfüllen konnten“.
       
       ## „Falsch beraten“
       
       Auf Nachfrage erklärt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS),
       das heiße nicht, dass diesen drei Ländern auch die Kosten aus anderen
       Bundesländern aufgebürdet würden. Ein Sprecher des Ministeriums betont, es
       gehe bei der Einigung um Fälle, die „nicht umfassend oder falsch“ beraten
       worden seien. „Hierauf werden die Einzelfälle geprüft.“
       
       Eine „Sauerei“ nennt das Günter Schütte von der Flüchtlingshilfe im
       niedersächsischen Wolfsburg. Er hat selbst für fünf Syrer*innen gebürgt.
       Deswegen soll er etwa 70.000 Euro zurückzahlen. Gerade für Länder wie
       Niedersachsen sei die Einzelfallüberprüfung unsinnig, sagt Schütte: „Es ist
       unstrittig, dass Niedersachsen selbst lange der Auffassung war, dass die
       Bürgschaft mit der Anerkennung endet, und die Ausländerbehörden
       entsprechend instruiert hatte.“
       
       Das weiß man auch im BMAS. Zumindest in den Ländern, in denen die Länder
       die Rechtslage anders interpretiert hatten als der Bund, dürfte die Prüfung
       unbürokratisch vonstattengehen: Man gehe von bestimmten Fallgruppen aus,
       in denen die Bürgen darauf „vertrauen durften“, dass ihre Verpflichtung mit
       dem positiven Asylbescheid endet, heißt es auf Nachfrage. Darunter fallen
       wohl Niedersachsen, Hessen und NRW mit den entsprechenden Erlassen. Die
       Betroffenen müssten „den Inhalt der mit ihnen geführten Beratungsgespräche
       nicht im Einzelnen nachweisen“.
       
       Für Bürg*innen in anderen Bundesländern könnte das anders aussehen. Auch
       die Kostenfrage ist offen: Wer sie trägt, sei „bislang nicht entschieden“,
       heißt es aus dem BMAS.
       
       4 Feb 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Forderungen-an-Fluechtlingsbuergen/!5565413
   DIR [2] https://www.tagesschau.de/inland/buergschaften-fluechtlinge-101.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dinah Riese
       
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