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       # taz.de -- Brexit und Fernsehen: Die Angst vorm schwarzen Bildschirm
       
       > Kommt der harte Brexit, dürfen Medienkonzerne in London nicht mehr in der
       > EU senden. Viele ziehen nun aufs Festland.
       
   IMG Bild: Die Queen live und in Farbe im Studio: Kommt es zu einem harten Brexit, könnte das vorbei sein
       
       Schwarze Bildschirme [1][als Folge des Brexit]? Was vor wenigen Wochen in
       der europäischen Fernsehbranche noch als kaum denkbar galt, wird angesichts
       einer drohenden „No Deal“-Variante immer wahrscheinlicher. Bisher galt:
       Audiovisuelle Mediendienste jeglicher Art, die in einem EU-Mitgliedstaat
       zugelassen sind, dürfen in allen anderen 27 Mitgliedstaaten frei
       weiterverbreitet werden, ohne dass eine Lizenz, Genehmigung oder weitere
       Vereinbarung erforderlich ist. Steigen die Briten ohne Deal aus, gilt das
       nicht mehr für Dienste, die von Großbritannien aus ausgestrahlt und für
       Programme, die von EU-Staaten aus in Großbritannien gesendet werden.
       
       Zurzeit haben noch viele große Medienkonzerne, die in Europa TV-Programme
       verbreiten, ihren Sitz London, etwa der Disney-Konzern. Die Verbreitung
       seiner Abo-Angebote Disney XD, Disney Junior und Disney Cinemagic könnte
       nach dem 29. März fraglich sein.
       
       Das Vereinigte Königreich sei der wichtigste Standort innerhalb des
       europäischen Staatenbundes, wenn es um TV-Kanäle und On-Demand-Services
       geht, so die Europäische Audiovisuelle Informationsstelle Ende 2018. Der
       Marktanteil in der EU an Film- und Medieninhalten von Großbritannien
       beträgt 21 Prozent, 16 Prozent aller Kinofilme entstehen dort. Der Markt
       gelte als die Nummer eins, wenn es um Highend-Serien gehe.
       
       Der Bezahlsender AXN, der in England lizensiert wurde und Serienfans
       hierzulande mit neuesten US-Produktionen versorgt, könnte über Nacht nicht
       mehr empfangbar sein: Im Falle eines harten Brexits würde ihm die
       Sendeerlaubnis fehlen. Hunderte Firmen, die derzeit mit britischer
       Genehmigung in EU-Ländern Programme oder audiovisuelle Inhalte anbieten,
       könnten bald vor dem Aus stehen.
       
       ## „Schwere Krise“
       
       Verhindert werden könnte dies, indem in einem anderen EU-Land eine neue
       Lizenz beantragt wird. Aber das wurde bisher kaum genutzt: Nur Turner
       Broadcasting und NBC Universal Global Networks haben sich bei der
       Bayerischen Landeszentrale für neue Medien gemeldet, der Streamingdienst
       DAZN hat in Berlin eine Lizenz beantragt. Discovery verlegt sein
       Hauptquartier nach Amsterdam.
       
       „Wir sehen aktuell eine schwere Krise“, sagt Ed Hall vom
       Beratungsunternehmen Expert Media Partners, bei dem der Sender Sky Kunde
       ist. „Denn die im Vereinigten Königreich ansässigen Unternehmen und Sender,
       die sich nun überlegen müssen, wo sie Lizenzen erwerben, damit sie auch
       weiterhin in der EU ihre Angebote verbreiten können, stehen in einem harten
       Wettbewerb zueinander.“ Das habe dazu geführt, dass sie sich nicht zu früh
       auf einen neuen Standort festlegen wollten, jetzt aber rasch ihre
       Notfallpläne für den „No Deal“-Fall umsetzen müssten: „Aber das sind
       Prozesse, die in den meisten EU-Ländern normalerweise mehr als 90 Tage
       dauern, wir werden jetzt dramatische Aktionen in diesem Bereich erleben.“
       
       Doch ob geordnet oder ungeordnet: Mit Großbritannien verabschiedet sich der
       größte europäische Film- und TV-Player aus der EU. „Wäre es nicht so
       traurig, könnte man als deutscher TV-Produzent nur laut ‚Hurra‘ schreien!“,
       sagt Fernsehproduzent Wolfgang Link von Unique Media Entertainment. „Da tun
       sich Chancen auf, denn die Lücken in Programmware, Kreativität und Personal
       müssen gefüllt werden.“ Nach Schätzungen und Untersuchungen ist die EU
       aktuell immer noch der bedeutendste Markt für die audiovisuelle Wirtschaft
       Großbritanniens.
       
       Internationale Medienkonzerne wie Walt Disney, Viacom oder 21st Century Fox
       geben jährlich eine Milliarde Pfund in Großbritannien für die Herstellung
       von Inhalten, Produktionsstätten und Technologie aus. Mit Blick auf sie und
       andere betroffene Firmen wird Ende Februar die Wirtschaftsförderung
       Berlin-Brandenburg auf einer großen TV-Messe in London für die Vorteile des
       Standorts werben.
       
       5 Feb 2019
       
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