URI: 
       # taz.de -- Paragraf 219a: Proteste in 30 Städten
       
       > Am Samstag wird in 30 Städten gegen den Paragrafen demonstriert, der es
       > ÄrztInnen verbietet, über Schwangerschaftsabbruch zu informieren.
       
   IMG Bild: Bereits am 19. Januar wurde in Berlin für sexuelle Selbstbestimmung demonstriert
       
       Berlin taz | Noch sieben Tage haben die MinisterInnen Zeit, ihr neuerliches
       Versprechen einzulösen, [1][einen Kompromiss zum Paragrafen 219a
       vorzulegen.] Im Januar, so hatten die VerhandlerInnen der Großen Koalition
       in ihrem gemeinsamen Eckpunktepapier im Dezember zugesagt, solle es einen
       Gesetzesentwurf zu dem Paragrafen geben, der es ÄrztInnen verbietet, auf
       ihren Webseiten darüber zu informieren, dass sie Schwangerschaftsabbrüche
       durchführen.
       
       Monatelang rangen Justizministerin Katharina Barley, Frauenministerin
       Franziska Giffey (beide SPD), Gesundheitsminister Jens Spahn und
       Kanzleramtschef Helge Braun (beide CDU) darum, einen Vorschlag zu finden,
       der die Fraktionen zufriedenstellt, die in dieser Frage denkbar weit
       gespalten sind. Nun heißt es aus dem Bundesjustizministerium nur, „die
       Gesetzesformulierungen gehen hin und her zwischen den Ministerien“. Einen
       konkreten Termin für den Regierungsentwurf gebe es noch nicht.
       
       Auf den Straßen allerdings regt sich großer Widerstand gegen das
       vorgestellte Eckpunktepapier. Am Samstag wollen in rund 30 deutschen
       Städten Menschen für die Abschaffung des Paragrafen 219a und gegen die
       Formulierungen der MinisterInnen Stellung beziehen, darunter in Bremen,
       Dresden, Frankfurt am Main, München, Stuttgart und Oldenburg.
       
       Das Motto des Aktionstags ist [2][„Keine Kompromisse! Sexuelle
       Selbstbestimmung ist nicht verhandelbar. Weg mit Paragraf 219a“], das
       Bündnis reicht von feministischen und Frauengruppen über ÄrztInnen und
       Gewerkschaften, Beratungsstellen wie Pro Familia bis hin zu Parteien,
       darunter auch mehrere lokale Gruppen der SPD. Die VeranstalterInnen rechnen
       bundesweit mit mehreren Tausend TeilnehmerInnen.
       
       ## Mündige Bürgerinnen
       
       Die im Papier genannten Maßnahmen verbesserten die Situation von ÄrztInnen,
       Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen und ungewollt Schwangeren „in
       keinster Weise“ kritisiert das Berliner Bündnis für sexuelle
       Selbstbestimmung, das zum Aktionstag aufruft. Die Maßnahmen trügen im
       Gegenteil zu einer „zusätzlichen Stigmatisierung“ der Betroffenen bei und
       entbehrten zudem „jeglicher Wissenschaftlichkeit“.
       
       So sei beispielsweise Propaganda sogenannter LebensschützerInnen ungeprüft
       übernommen worden. Die versprochene Herstellung von Rechtssicherheit für
       ÄrztInnen werde jedoch weiter nicht gegeben sein. Bei der Berliner
       Kundgebung nehmen unter anderem die Chefinnen von Linkspartei und Grünen,
       Katja Kipping und Annalena Baerbock, an einer Podiumsdiskussion teil.
       
       Das Gießener Bündnis Pro Choice, das ebenfalls zu Demo und Aktionen
       aufruft, bezeichnet das Eckpunktepapier als „Skandal“. Der 219a sei nichts
       anderes als ein Instrument, das von sogenannten LebensschützerInnen genutzt
       werde, um Frauen den Zugang zu professioneller ärztlicher Versorgung zu
       erschweren oder zu verschließen. Frauen seien als mündige Bürgerinnen zu
       behandeln, fordert das Bündnis.
       
       Bei der Kundgebung in Gießen wird die Allgemeinärztin Kristina Hänel
       sprechen, deren Verurteilung die Debatte über den Paragrafen erst in Gang
       gebracht hatte. Hänel hatte gemeinsam mit den beiden ebenfalls angeklagten
       Ärztinnen Nora Szász und Natascha Nicklaus geschrieben, sie sei „entsetzt“
       über das Eckpunktepapier.
       
       ## Langes Herumlavieren
       
       Unangenehm dürfte der Aktionstag vor allem für die SPD werden. Die Partei
       hatte ursprünglich einen eigenen Entwurf für die Abschaffung des Paragrafen
       formuliert, diesen aber nach langem Herumlavieren kassiert, um den
       Koalitionsfrieden nicht zu gefährden. Zum Eckpunktepapier sagte etwa Maria
       Noichl, Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen:
       „Nein und nochmals Nein.“ Auch die Jusos haben sich für eine Abschaffung
       der Paragrafen 218 und 219a ausgesprochen, der SPD-Landesverband
       Nordrhein-Westfalen fordert eine Abstimmung im Bundestag über den
       Paragrafen 219a, bei der der Fraktionszwang aufgehoben ist.
       
       Am Samstag nun werden in verschiedenen Städten auch SPDlerInnen für die
       Abschaffung des Paragrafen auf die Straße gehen. „In Gießen haben wir die
       Unterstützung des SPD Unterbezirks Gießen, der AsF-Frauen Gießen sowie der
       Jusos Gießen“, sagte etwa Organisatorin Heike Spohr von Pro Choice Gießen.
       In Verden, wo die Demo bereits am Freitag stattfindet, wird sie unter
       anderem von der SPDlerin Kathrein Goldbach organisiert und von der lokalen
       SPD unterstützt.
       
       24 Jan 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Kommentar-Vorschlag-zum-Paragraf-219a/!5558680
   DIR [2] https://www.sexuelle-selbstbestimmung.de/11077/aufruf-keine-kompromisse/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Patricia Hecht
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Paragraf 219a
   DIR Schwerpunkt Abtreibung
   DIR Selbstbestimmung
   DIR Frauenrechte
   DIR Franziska Giffey
   DIR Katarina Barley
   DIR Jens Spahn
   DIR Schwerpunkt Abtreibung
   DIR Paragraf 218
   DIR Schwerpunkt Paragraf 219a
   DIR Mithulogie
   DIR Frauenbeauftragte
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Diskussion um Paragraf 218: Nachfolge ungeklärt
       
       Frauen, die ungewollt schwanger sind, finden in Deutschland immer seltener
       Mediziner, die Abtreibungen durchführen. Eine Ärztin will das ändern.
       
   DIR Aktionstag in rund 30 Städten: Proteste gegen Paragraf 219a
       
       Von Berlin bis Bremen, von Gießen bis Münster: Mehr als 5.000 Menschen
       gehen für Informationsfreiheit bei Abtreibungen auf die Straße.
       
   DIR Buzzfeed siegt gegen Abtreibungsgegner: Sie dürfen ihn beim Namen nennen
       
       Buzzfeed darf den Klarnamen eines Abtreibungsgegners nennen, der hobbymäßig
       Ärzt*innen anzeigte. Das hat ein Gericht am Mittwoch entschieden.
       
   DIR Kolumne Mithulogie: Deutschland wird Entwicklungsland
       
       Seit 2005 hat sich die Zahl der Praxen, die Schwangerschaftsabbrüche
       anbieten, fast halbiert. Sollen wir wieder zum Kleiderbügel greifen?
       
   DIR Frauenbeauftragte über Männer-Verantwortung: „Sexismus ist demokratiefeindlich“
       
       Bettina Wilhelm spricht über die feministische Verantwortung des Mannes und
       den Einfluss von Wirtschaft und Politik auf die Gleichberechtigung.