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       # taz.de -- Machtkampf in Venezuela: Amnestie zum Ausdrucken
       
       > Oppositionsführer Guaidó setzt Präsident Maduro unter Druck. Die USA
       > ziehen diplomatisches Personal ab. Dem Machtkonflikt folgt der Kampf ums
       > Geld.
       
   IMG Bild: Noch hat er die Unterstützung des venezolanischen Militärs: Präsident Nicolas Maduro
       
       Buenos Aires taz | In Venezuela geht der Machtkampf zwischen der Regierung
       und der Opposition weiter. Auf einer Kundgebung in der Hauptstadt Caracas
       bekräftigte Parlamentspräsident Juan Guaidó seinen Führungsanspruch als
       Interimspräsident. Fahrplan und Reihenfolge seien eindeutig und klar, sagte
       er am Freitag. Zuerst der Abgang von Nicolás Maduro, dann die Bildung einer
       Übergangsregierung und schließlich freie Wahlen. „Das Regime will einen
       Keil zwischen uns treiben, aber wir sind stärker als jemals zuvor“, rief er
       seiner Anhängerschaft zu.
       
       Der 35-jährige rechte Oppositionspolitiker hatte sich am Mittwoch selbst
       [1][zum Interimspräsidenten erklärt]. Während ihn die USA, Kanada und mehr
       als ein Dutzend lateinamerikanischer Länder anerkennen, lehnen ihn
       Russland, China, Iran, Bolivien, Nicaragua und die Türkei ab und haben
       Nicolás Maduro ihre Unterstützung zugesagt.
       
       „Für einen falschen Dialog steht niemand zur Verfügung“, erklärte Guaidó in
       Bezug auf die Vermittlungsbemühungen der Regierungen von Mexiko und
       Uruguay. Verhandlungen mit der Regierung seien unter bestimmten Bedingungen
       möglich: „Es wird nur über das Ende der unrechtmäßigen Machtaneignung und
       freie Wahlen diskutiert“, sagte Guaidó.
       
       Abermals ging er mit [2][dem Angebot einer Amnestie] auf Militär,
       Nationalgarde und Polizei zu. „Wir werden das Amnestiegesetz in die
       sozialen Netzwerke stellen“, sagte Guaidó. Er forderte seine Anhängerschaft
       auf, es auszudrucken und zu verteilen. „Wer einen Militär als Nachbar hat,
       schiebe ihm eine Kopie unter der Tür durch.“ Gleichzeitig verlangte er den
       sofortigen Abzug kubanischer Militärberater. „Es ist an der Zeit, die
       kubanischen Militärs aus den Entscheidungsgremien unserer Streitkräfte zu
       entfernen.“ Die kubanischen Militärs gelten als ein entscheidender Garant
       für die rückhaltlose [3][Unterstützung der Armee für Maduro].
       
       ## Unterstützung aus den USA
       
       Guaidó kündigte an, dass in Kürze die Einfuhr von humanitären Hilfsgütern,
       vor allem Medikamenten, anlaufen werde. Damit diese nicht in dunklen
       Kanälen verschwänden, werde die Einfuhr über Organisationen wie die Caritas
       oder das Rote Kreuz abgewickelt. „Wir werden vorher bekanntgegeben, was,
       wann und in welchen Häfen ankommt. Dann können alle sehen, auf welcher
       Seite die Militärs stehen“, fügte er hinzu.
       
       In Venezuela werden sämtliche Häfen von der Armee verwaltet und
       kontrolliert. Die Bevölkerung leidet unter einem extremen Mangel an
       Medikamenten und Lebensmitteln. Die Regierung hat Hilfsmaßnahmen stets als
       eine Form der inneren Einmischung abgelehnt.
       
       Derweil verstärken die USA die Unterstützung für Guaidó. „Jedes Land sollte
       den verfassungsgemäßen Anführer Venezuelas anerkennen“, sagte
       US-Außenminister Mike Pompeo. Dennoch begann das US-Außenamt am Freitag mit
       dem Teilabzug seines diplomatischen Personals aus Venezuela. Als Reaktion
       auf die Anerkennung Guaidós hatte Nicolás Maduro die USA ultimativ
       aufgefordert, bis Sonntag ihre gesamte diplomatische Belegschaft
       zurückzurufen. Nach Aussage des US-Außenministeriums werde die Botschaft in
       Caracas jedoch nicht geschlossen.
       
       ## Debatte um Einnahmen aus dem Ölgeschäft
       
       Für Maduro gilt die US-Administration als Drahtzieher des Aufstands und
       Guaidó lediglich als Marionette. „Es gibt eine enorme
       Desinformationskampagne“, sagte er am Freitag vor ausländischen
       JournalistInnen in seinem Amtssitz. Die USA hätten Guaidó vorbereitet,
       gemeinsam mit der rechten Opposition einen Putsch herbeizuführen, sagte
       Maduro. Tatsächlich deutet bisher nichts daraufhin, dass Maduros Stuhl im
       Präsidentenpalast Miraflores ins Wanken geraten könnte. Erst tags zuvor
       hatte ihm die gesamte militärische Generalität ihre bedingungslose
       Loyalität bestätigt.
       
       Kopfzerbrechen dürfte ihm jedoch ein anderer Vorgang bereiten. „Wir
       konzentrieren uns gegenwärtig darauf, das unrechtmäßige Maduro-Regime von
       den Quellen seiner Einkünfte abzutrennen“, erklärte der Nationale
       Sicherheitsberater der USA, John Bolton. Dabei geht es um die für Venezuela
       wichtigen Ölgeschäfte mit den USA. Und um Citgo, die US-Filiale der
       staatlichen venezolanischen Ölfirma PDVSA, die in den USA drei Raffinerien
       und rund 6.000 Tankstellen besitzt. Die USA importieren im Durchschnitt
       täglich rund 20.000 Fass Rohöl aus Venezuela.
       
       „Mit unserer Anerkennung von Juan Guaidó als Interimspräsidenten sollten
       die Erlöse auch an die rechtmäßige Regierung gehen“, sagte Bolton. Es werde
       jedoch dauern, der Vorgang sei „sehr schwierig“, fügte er hinzu. Dagegen
       hat die Bank von England auf Druck von Pompeo und Bolton die dort
       eingelagerten Goldbarren der venezolanischen Zentralbank im Wert von 1,2
       Milliarden Dollar bereits eingefroren, berichtet die Agentur Bloomberg.
       
       Interimspräsident Guaidó hat für kommende Woche weitere große
       Demonstrationen angekündigt. Nach den Angaben der venezolanischen
       Beobachtungsstelle für soziale Konflikte sind dabei bisher mindestens 26
       Personen ums Leben gekommen. Über 360 Menschen wurde festgenommen, meldet
       die Organisation Foro Penal.
       
       26 Jan 2019
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Jürgen Vogt
       
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