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       # taz.de -- Kolumne Nach Geburt: Die Kröte Kind mitschlucken
       
       > Weil sie Frauen für die Politik gewinnen wollen, möchten manche Politiker
       > die Kinderbetreuung ausbauen. Ist denen das nicht peinlich?
       
   IMG Bild: Auch an Männern kleben Kinder
       
       Vor Kurzem habe ich einen Artikel in meiner Zweitlieblingszeitung, den
       Husumer Nachrichten, gelesen: Es ging um das Paritätsgesetz, das in
       Brandenburg [1][gerade verabschiedet wurde]. Es schreibt vor, dass auf den
       Wahllisten der Parteien auf jeden Mann eine Frau folgen muss – oder
       umgekehrt.
       
       SPD und Grüne sind dafür, solch ein Gesetz auch in Schleswig-Holstein
       einzuführen, die anderen Landtagsfraktionen sind dagegen. Auch die FDP will
       solch ein Gesetz nicht. Aber deren Fraktionsvorsitzender Christopher Vogt
       möchte natürlich dennoch „noch viel mehr Frauen dafür begeistern, in
       unserer Partei mitzumachen“, sagt er. Und deswegen biete die FDP
       mittlerweile „professionelle Kinderbetreuung auf Parteitagen“ an.
       
       Das ist ja ganz löblich. Aber: Wenn ich solche Sachen lese, frage ich mich
       immer, ob es Männern – uns, mir, Ihnen – gar nicht peinlich ist, so was zu
       sagen. Impliziert es doch, dass es in den politischen Männervereinen
       jahrzehntelang auch ohne solchen Kladderadatsch ging.
       
       Dass Väter auch [2][ohne Kinderbetreuung] ganz gut am Parteileben
       teilnehmen konnten. Aber jetzt, da man Frauen gewinnen will, muss man halt
       auch Kinderbetreuung anbieten. Schließlich kann man von den Männern nicht
       das Gleiche erwarten wie damals von den Frauen: dass sie schön zu Hause
       bleiben.
       
       ## Teil des Problems
       
       Männer sehen die Notwendigkeit für Kinderbetreuung immer noch erst dann,
       wenn Frauen ins Spiel kommen. Als würden die Kinder an denen drankleben.
       Als sei Betreuung immer noch in erster Linie deren Aufgabe. Freunde, diese
       Denkweise ist Teil des Problems, warum sich weniger Frauen als Männer in
       der Politik – und im Beruf – engagieren!
       
       Wir Frauen haben zu wenig für die paritätische Betreuung im Privaten
       gekämpft, sagt meine Mutter, als wir am Telefon darüber schnacken. Sie und
       ihre Kommilitoninnen und später ihre Kolleginnen hätten für Kinderbetreuung
       an der Uni oder am Arbeitsplatz gestritten, für Teilzeit, für Modelle, die
       ermöglichten, dass Frauen auch arbeiten konnten. Auch. Neben der
       Betreuungsarbeit. Denn all diese Modelle zielten stets auch darauf ab, dass
       sie Mann nicht berührten. Er konnte weiterarbeiten wie bisher. In
       Vollzeit.
       
       Ihre Appelle, diesen Streit in die Partnerschaften zu tragen, seien
       überhört oder ignoriert worden, sagt meine Mutter heute. Viele Mütter
       hätten ihre Kinder auch nicht einfach den Vätern überlassen. Und so
       kämpften viele Väter nicht für ihr Recht auf Kinderbetreuung. Gab ja keinen
       Druck. Stattdessen machten sie es sich in diesem Modell gemütlich.
       
       Wohin das unter anderem geführt hat, hat Josef Zweimüller von der Uni
       Zürich gerade untersucht: „In Deutschland verdienen Mütter zehn Jahre nach
       der Geburt des ersten Kindes im Schnitt 61 Prozent weniger als im letzten
       Jahr vor der Geburt“, sagte er der Süddeutschen Zeitung. „Für Frauen sind
       Kinder beim Gehalt eine Strafe.“ Bei Männern gibt es solch einen Effekt
       übrigens nicht. Warum? Siehe oben.
       
       7 Feb 2019
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Jürn Kruse
       
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