URI: 
       # taz.de -- Kolumne Lost in Trans*lation: Demokratie statt Scharia
       
       > Der politische Islam hat mit Religion oder Glaubensfreiheit nichts zu
       > tun. Der Protest gegen den „World Hijab Day“ ist daher wichtig.
       
   IMG Bild: Als feministische Journalistin unterstützt unsere Autorin die #NoHijabDay-Bewegung voll und ganz
       
       Letzte Woche fand zum siebten Mal der „World Hijab Day“ statt, der das
       Kopftuch der muslimischen Frauen feiert. Als Gegengewegung startete in
       sozialen Medien der Hashtag #NoHijabDay – und als feministische
       Journalistin unterstütze ich die #NoHijabDay-Bewegung voll und ganz.
       
       Das werden jetzt in Deutschland reihenweise linke Freund*innen als
       „islamophob“ kritisieren. Sorry, das ist für mich nur leeres Geschwätz.
       Klar, sollten wir alle dem Slogan „My Body, My Choice“ folgen. Natürlich
       sollten Frauen selbst über ihre Körper entscheiden, [1][und wenn sie
       wollen, sollen sie ein Kopftuch tragen oder einen Minirock.] Aber: Ich bin
       auch dafür, dass wir uns entschieden gegen eine Gruppe wehren, die statt
       Demokratie die Scharia will. Denn einen anderen Planeten gibt es nicht. Wir
       sollten lernen, hier mit all unseren Farben und Identitäten in Frieden zu
       leben.
       
       „Aber Religionsfreiheit!!!!“, höre ich die üblichen Stimmen schon sagen.
       Also bitte, sagen Sie über den (radikalen) politischen Islam, was Sie
       wollen: mit Religion oder Glaubensfreiheit hat das wirklich nichts zu tun.
       Das ist eine Bedrohung, die sich vollkommen gegen die Demokratie und
       Freiheit richtet.
       
       Ich habe 40 Jahre in der Türkei gelebt und durfte dort die Entstehung des
       politischen Islam in den frühen Neunzigern unmittelbar beobachten. Ich habe
       gesehen, was diese Entwicklung verursacht hat und wie weit sie
       fortschreiten konnte. Ich habe gesehen, wie junge Menschen gestorben sind,
       durch die Bomben, die 2015 in Suruç und in Ankara explodierten. Diese
       Menschen waren unsere Freund*innen, Mitstreiter*innen, Nachbar*innen und
       Verwandten. Was diese unschuldigen Menschen getötet hat, war der radikale
       oder politische Islam. Für mich ist es dieselbe Ideologie, die sich über
       Aktionen wie den „World Hijab Day“ verbreiten will. Und deshalb müssen wir
       uns gegen solche Aktionen positionieren.
       
       [2][Im Iran zum Beispiel kämpfen die Frauen gegen das Mullah-Regime.] Sie
       haben eine Protestkampagne gegen das Verschleierungsgesetz gestartet. Jeden
       Mittwoch schwenken die Frauen ihre Kopftücher, die sie an einen Stock
       binden, und protestieren gegen die Scharia. Sie haben ihren Protest
       #WhiteWednesday genannt. Wissen Sie, wie schwer es für Frauen im Iran ist,
       überhaupt zu protestieren?
       
       Und dann gibt es da eine schwedische, sogenannte „feministische“ Regierung
       die diesen Protest einfach ignoriert. Während die Frauen auf den iranischen
       Straßen gegen das Scharia-System demonstrierten, trugen eine Delegation von
       schwedischen pseudo-feministischen Regierungsvertreterinnen [3][bei ihrem
       Iranbesuch langärmige Blusen und Kopftuch.] Wozu? Warum unterstützen Sie
       nicht den Protest der Frauen auf der Straße? Als Feministinnen hätten Sie
       zum Handeln aufrufen können. Sie hätten sagen können, dass die
       Entscheidung, ob eine Frau ein Kopftuch trägt oder nicht, eine Entscheidung
       ist, die von niemandem als nur von ihr selbst getroffen werden kann.
       
       8 Feb 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Kommentar-Kopftuchdebatte/!5497778
   DIR [2] /Kopftuchprotest-im-Iran/!5490432
   DIR [3] http://www.spiegel.de/politik/ausland/iran-reise-kopftuch-streit-um-politikerinnen-aus-schweden-a-1134480.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Michelle Demishevich
       
       ## TAGS
       
   DIR Türkei
   DIR Schwerpunkt Iran
   DIR Islamismus
   DIR Kopftuch
   DIR Islam
   DIR Islamkritik
   DIR Muslimische Mode
   DIR Schwerpunkt Rechter Terror
   DIR Gewalt
   DIR Schwerpunkt Gender und Sexualitäten
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Ausstellung „Muslim Fashion“: Mehr als nur ein Hijab
       
       Die Ausstellung „Contemporary Muslim Fashion“ will muslimische Mode als
       globales Phänomen untersuchen. Ein Rundgang mit vielen Fragen.
       
   DIR Medien und Christchurch-Attentat: Der Hass auf Muslime hat Struktur
       
       In vielen Medien fehlte es nach dem Attentat von Christchurch am
       Bewusstsein dafür, dass sie selbst Teil des Problems sind.
       
   DIR #10YearChallenge in der Türkei: Mehr als ein Tuch
       
       Frauen in der Türkei nutzen den „10 Year Challenge, um sich zu ihrem Leben
       ohne Kopftuch zu bekennen. Dafür werden sie angefeindet.
       
   DIR Gewalt und Islam: Eine Frage der Ehre
       
       Sehen Linke über Übergriffe hinweg, wenn sie von Muslimen begangen werden?
       Darüber diskutierte die Initiative „Ehrlos statt wehrlos“.
       
   DIR Intersektionaler Feminismus: Kopftuch und Tabu
       
       Seit Jahren beißen sich feministische Lager am Thema Kopftuch fest.
       Problematisch ist nicht nur die pauschale Kritik der Generation Alice
       Schwarzer.