# taz.de -- Kommentar SPD-Konzept zum Sozialstaat: Partei der Arbeit
> Die SPD kümmert sich um die untere Mittelschicht. Ihr neues
> Sozialstaatskonzept bekräftigt aber auch: Sie ist nicht die Partei der
> Arbeitslosen.
IMG Bild: Der Vorwurf, dass die SPD nur selbstbezügliche Vergangenheitsbewältigung betreibt, ist ungerecht
Die SPD ist bei Wahlen auf die Größe eines Motorboots geschrumpft. Doch bei
Kurskorrekturen bewegt sie sich noch immer so langsam wie ein Tanker. Das
volltönend „Sozialstaat 2025“ betitelte [1][Konzept], das die Agenda 2010
endgültig übermalen soll, ist eine solche Kurskorrektur. Es hat lange
gebraucht. Aber dafür ist es auch kein Schnellschuss geworden.
Im Fokus stehen Beschäftigte mit niedrigen Einkommen. Der Mindestlohn soll
auf 12 Euro steigen, allerdings „perspektivisch“, was eher nach Vertagen
klingt. Wichtig ist, dass die SPD über das übliche Händeringen hinaus
endlich etwas tun will, um mehr Tarifverträge zu ermöglichen und
Arbeitgebern das Einspruchsrecht zu nehmen.
Zudem soll, wer 35 Jahre gearbeitet hat, etwas mehr Rente bekommen. Ein
vertrauensbildendes Signal ist, dass Ältere länger normales
Arbeitslosengeld beziehen sollen – gerade mit Blick auf die künftigen
Verlierer der digitalen Umwälzungsschübe.
Der Vorwurf, dass die SPD nur selbstbezügliche Vergangenheitsbewältigung
betreibt, ist naheliegend, aber ungerecht. Dieses Konzept hat eine klare
Kontur: Die SPD will Partei der Arbeit sein und kümmert sich um die untere
Mittelschicht. Das ist angesichts der Kluft zwischen Arm und Reich
überfällig. Partei der Arbeit heißt aber auch: Nicht Partei der
Arbeitslosen. Hartz IV wird zum Bürgergeld aufgehübscht, ohne dass sich
wirklich viel ändert.
## Gabriel wäre der Falsche
Das öffentliche Echo auf die SPD-Ideen ist gemischt. Das dürfte sich
ändern, wenn die Partei erklärt, wie sie das Ganze finanzieren will. Wenn
sie ernsthaft die Vermögenden steuerlich belastet, wird ihr ein weit
schärferer Wind ins Gesicht wehen. Dann wird sich zeigen, ob die SPD sich
mit den Eliten anlegen kann.
Falls sie glaubt, dass dieses Konzept sie bei Wahlen retten wird, steht ihr
eine Enttäuschung bevor. Verspielte Glaubwürdigkeit wiederherzustellen
dauert in der Politik nicht Monate, sondern Jahre unbeirrbaren Kurshaltens.
Sigmar Gabriel, über dessen Rückkehr spekuliert wird und der bekannt ist
für waghalsige Wendemanöver, wäre dafür der Falsche.
11 Feb 2019
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DIR Stefan Reinecke
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