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       # taz.de -- Psychiatrie in Bremen: Klinik bremst Reform
       
       > Die Psychiatrie soll Betten abbauen und wohnortnäher arbeiten. Bisher ist
       > da wenig passiert, zeigt eine Bilanz. Die Krankenhäuser nehmen die Ziele
       > nur „zur Kenntnis“.
       
   IMG Bild: Auch am Klinikum Bremen-Ost soll die psychiatrische Versorgung reformiert werden
       
       Bremen taz | Lange Zeit machte die Reform der Psychiatrie in Bremen keine
       großen Fortschritte. Nun übt der Senat mit einem Strategiepapier Druck auf
       die staatlichen Kliniken aus. Vom Parlament wurde die Zwischenbilanz soeben
       parteiübergreifend geschlossen unterstützt – die Klinikholding Gesundheit
       Nord (Geno) regiert zurückhaltend.
       
       „Bremen könnte relativ schnell wieder an der Spitze der Psychiatrie
       stehen“, sagt Peter Kruckenberg – „wo es früher schon mal war“. Kruckenberg
       war einst Ärztlicher Direktor im Klinikum Bremen-Ost (KBO) und ist ein
       [1][langjähriger Begleiter der Reformbemühungen]. Im Kern geht es dabei zum
       einen um den Abbau stationärer Betten in der Psychiatrie, also um eine
       stärker ambulante Versorgung von Menschen mit komplexen Hilfebedarfen. Zum
       anderen soll die Behandlung dezentraler, also wohnortnäher stattfinden – in
       insgesamt fünf Stadtregionen in Bremen und Bremerhaven. Für Nima Pirooznia
       von den Grünen ist das ein „längst überfälliger, aber wegweisenden
       Schritt“. Ambulant vor stationär – dieser Anspruch müsse jetzt „nachhaltig
       mit Leben gefüllt werden“.
       
       Hyperlink:=Beschlossen hat der Landtag all das schon 2013, gerade beim
       Abbau von Klinikbetten gab es seither aber „keine konkreten
       Umsetzungsschritte“, wie das „Strategiepapier Psychiatriereform“ der
       Gesundheitssenatorin Eva Quante-Brandt (SPD) nun einräumt. Dabei soll die
       Reform bis 2022 im Wesentlichen abgeschlossen sein.
       
       Alleine das KBO soll bis 2020 insgesamt 50 Betten in teilstationäre,
       ambulante und aufsuchende Angebote umwandeln, bis 2022 weitere 20. Es werde
       erwartet, dass die Geno ihre Ziele „konsequenter verfolgt“ und bis April
       ein Konzept vorlege, wie sie bis 2020 noch erreicht werden sollen, heißt es
       in dem Papier, das einen Zeit- und Maßnahmenplan enthält.
       
       ## Tagelange Fixierungen
       
       Immerhin wurde 2018 die berüchtigte [2][Akutaufnahme-Station 63] im KBO
       geschlossen. taz und Weser-Kurier hatten in der Vergangenheit immer wieder
       über tagelange Fixierungen an den Betten berichtet. PatientInnen
       kritisierten die entwürdigenden Umstände in diesem oft eher als Knast
       empfundenen Ort. Mit Erfolg: Nach einem selbstkritischen Aktionsplan wurden
       rasch 1,2 Millionen Euro bereitgestellt, mit denen 2018 das Haus 3 neu
       eröffnet wurde. Die Bedingungen hätten sich „entscheidend verbessert“,
       schreibt der Senat und die Zahl der Zwangsmaßnahmen sei „deutlich
       reduziert“ worden.
       
       Insider sprechen jedoch von einem katastrophalen Klima in der Psychiatrie
       im KBO. Auch an Jens Reimer, dem Direktor des dortigen Zentrums für
       Psychosoziale Medizin und seinem Chefarzt gibt es immer wieder Kritik. Sie
       sei skeptisch, sagte die SPD-Gesundheitspolitikerin Stephanie Dehne mit
       Blick auf das KBO: „Ich sehe nicht, wie die den regionalen Bezug in der
       Behandlung herstellen wollen.“ Zwar sei in der Klinik oft von der „sozialen
       Psychiatrie“ die Rede, Worte alleine reichten da aber nicht.
       
       ## Die Klinikleitung widerspricht
       
       Aus dem KBO selbst kommt keine Unterstützung für die von der Politik
       beschlossenen Zielsetzungen und Eckwerte. Man nehme das Strategiepapier zur
       Kenntnis heißt es von dort lediglich. Die Klinik-Leitung schiebt die
       Verantwortung zur Gesundheitsbehörde, verweist auf angespannte
       Personalsituation und will erst mal übers Geld reden: „Wichtig ist die
       Klärung der Finanzierung der ambulanten Strukturen“, sagt der Sprecher des
       KBO. Auch ansonsten bleibt die Antwort auf die Frage nach der Umsetzung der
       Reform vage: „Der Zeitplan hängt von vielen Akteuren ab.“ Dem Vorwurf, die
       Ziele bisher nicht konsequent genug verfolgt zu haben, widerspricht die
       Klinikleitung aber.
       
       Quante-Brandt hofft derweil auf eine „trägerübergreifende Kooperation“ in
       der psychiatrischen Versorgung – bislang klappte das nicht: „[3][Zu häufig
       wird aber noch nebeneinander gearbeitet statt miteinander]“, sagt die
       Senatorin.
       
       13 Feb 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /!881623/
   DIR [2] /!5492931/
   DIR [3] https://www.senatspressestelle.bremen.de/sixcms/detail.php?id=313758
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jan Zier
       
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