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       # taz.de -- Fehlerhafte Messungen beim 911er: Porsche zeigt sich selbst an
       
       > Die VW-Tochter hat falsche Werte beim 911er bemerkt und sich selbst
       > angezeigt. Es geht um den Luftwiderstand und um hohe Strafen.
       
   IMG Bild: Blitzeblank auf dem Präsentierteller: Porsches Sportwagen-Modell wird zum Sorgenkind
       
       Berlin rtr/taz | Diesmal geht es nicht um manipulierte Abgaswerte beim
       Diesel, sondern um zu gering angegebene Verbrauchswerte. Dennoch trifft es
       wieder – Volkswagen. Auf den erneut im vergangenen Jahr größten
       Autohersteller der Welt rollt möglicherweise ein neuer Skandal zu. Wegen
       fehlerhafter Verbrauchswerte beim Sportwagen 911 der VW-Tochter Porsche hat
       der Konzern Selbstanzeige erstattet.
       
       Während der Messungen für die Typengenehmigung wurde ein falscher Wert für
       den Luftwiderstand genutzt, meldete das Magazin laut „Spiegel“ unter
       Berufung auf Kreise des Volkswagen-Managements. Sowohl das deutsche
       Kraftfahrt-Bundesamt als auch die amerikanischen Behörden EPA und CARB
       seien darüber informiert worden.
       
       Sollten bei der Typgenehmigung zu niedrige Verbrauchswerte und somit ein zu
       niedriger CO2-Ausstoß zugrunde gelegt worden sein, hätte das weitreichende
       Folgen. Porsche müsste mit Schadensersatzforderungen von Kunden rechnen.
       Denkbar wären auch Nachforderungen der Steuerbehörden.
       
       Sie könnten bei Verstößen gegen das Zulassungsverfahren Geldstrafen
       verhängen: In Deutschland können das laut „Spiegel“ bis zu 5.000 Euro sein
       – pro Fahrzeug. Allein 2016 und 2017, das sind die betroffenen
       911-Baujahre, lieferte die VW-Tochter insgesamt rund 64.000 Fahrzeuge
       seines Sportwagens aus.
       
       ## Kluft zwischen Testergebnissen und Realität steigt
       
       „Die Selbstanzeige ist kein Zufall“, sagt Autoexperte Axel Friedrich, der
       unter anderem für die Deutsche Umwelthilfe (DUH) Abgasmessungen vornimmt.
       Die Kluft zwischen offiziellen Testergebnissen und der Realität beim
       Spritverbrauch – und damit beim CO2-Ausstoss – sei in den vergangenen
       Jahren sogar noch angestiegen – auf inzwischen 40 Prozent. Mit gefälschten
       Luftwiderstandswerten könne man bei den Tests den Wert um bis zu 15 Prozent
       senken. Normalerweise nutzen die Konzerne legale Schlupflöcher bei den
       Testvorgaben aus, um die offiziellen Angaben zu drosseln.
       
       Allerdings ist es für ungewöhnlich, dass ein Unternehmen sein Fehlverhalten
       selbst anzeigt. Ein Insider sagte Reuters, die VW-Tochter habe im Zuge der
       Aufarbeitung des Dieselskandals damit begonnen, „auch bei den Benzinern
       jeden Stein umzudrehen“. Man wolle „absolut sicher sein“ und nicht gegen
       Regeln verstoßen. Deshalb entschied sich Porsche offenbar dazu, die
       Abweichungen bei den Messdaten zu melden.
       
       Der Luftwiderstand hat Einfluss auf die Einstellung des Rollenprüfstands,
       an dem die Emissionen der Fahrzeuge standardisiert gemessen werden. Es ist
       „normal“, dass bei den Tests etwa Seitenspiegel eingeklappt oder
       Fahrzeugschlitze zugeklebt werden, um den Luftwiderstand zu verringern.
       Verbraucherschützer halten das für Täuschung.
       
       Das Bundesverkehrsministerium teilte mit, Porsche habe dem
       Kraftfahrt-Bundesamt bereits am Donnerstag mitgeteilt, „dass es
       Auffälligkeiten hinsichtlich der CO2-Werte bei Fahrzeugen des Typs Porsche
       911 der Baujahre 2016 und 2017 gibt“.
       
       ## Porsche-Chef Blume telefoniert mit Minister Scheuer
       
       Die Prüfungen durch die Flensburger Zulassungsbehörde seien angelaufen.
       Noch am gleichen Tag seien auch die US-Behörden informiert worden, sagte
       der Unternehmenssprecher. Porsche-Chef Oliver Blume habe mit
       Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) telefoniert, um die
       Selbstanzeige zu erläutern.
       
       Der Verdacht fehlerhafter Daten kam Porsche bei internen Nachprüfungen der
       Messungen für den Luftwiderstand: „Bei wiederholten Untersuchungen sind
       unterschiedliche Werte aufgetreten“, erläuterte der Sprecher. „Das ist ein
       Indiz dafür, dass möglicherweise ein Fehler passiert ist.“ Wie groß die
       Auswirkungen auf die ermittelten CO2-Werte ist, solle in weiteren Messungen
       festgestellt werden. Unklar ist, wie viele – und ob überhaupt – Fahrzeuge
       mit falschen Werten zugelassen wurden. Womöglich liegen die Abweichungen am
       Ende auch innerhalb der Toleranz.
       
       1 Feb 2019
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Sinan Recber
   DIR Kai Schöneberg
       
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