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       # taz.de -- Wahlkampf in Nigeria: Wo Boko Haram lauert
       
       > Straßensperren, ungebetene Bewaffnete im Auto: Die Annäherung an Nigerias
       > Kriegsgebiet lässt erkennen, wie die Unsicherheit das Leben prägt.
       
   IMG Bild: Wahlkampf am Rande des Kriegsgebiets: APC-Kandidat besucht Madagali
       
       Madagali taz | Auf der Straße gen Norden, in Richtung Borno, nehmen die
       Straßensperren merklich zu. Alle paar Kilometer liegen schwere Baumstämme
       auf der Straße, die die Autofahrer beiseite schieben und – nachdem sie
       durchgefahren sind – wieder zurechtrücken müssen.
       
       An einigen müssen auch alle Mitfahrer aussteigen und vorbeilaufen. Sonst
       schimpft sofort ein Polizist oder Soldat lautstark. Die Weiterfahrt nach
       Madagali verzögert sich jedes Mal. Es ist der nördlichste Landkreis des
       ostnigerianischen Bundesstaates Adamawa.
       
       In Madagali geht nichts mehr, die Stadt ist abgeriegelt. Hineinfahren
       dürfen nur diejenigen, die vorher mit Soldaten gesprochen haben. Rund um
       eine alte, verfallene Tankstelle warten Autos und Kleinlaster. Säcke werden
       auf-, ab- und umgeladen. Ein Mädchen verkauft hartgekochte Eier, ein Junge
       Tee.
       
       Nur Telefonkarten hat niemand. Das Netzwerk funktioniert schon viele
       Kilometer vor Madagali nicht mehr.
       
       ## Viele Soldaten, viel Angst
       
       Die Terrormiliz Boko Haram hat Madagali im Spätsommer 2014 besetzt. Im März
       2015, so berichteten Medien damals, wurde der Landkreis von der Armee
       zurückerobert. Bis heute ist in der entlegenen Region nichts mehr so, wie
       es einmal war. Zwar ist das Sicherheitsaufgebot groß, die Angst vieler
       Bewohner aber auch.
       
       Die Autoschlange am Stadtrand wird länger. Darunter sind einige Fahrzeuge
       in den Farben Grün, Weiß und Blau von Nigerias Regierungspartei APC (All
       Progressives Congress) geschmückt. Sie sind auf dem Weg nach Borno und
       wollen dort Wahlkampf für Ahmed Usman Jaha machen.
       
       Der frühere Bildungsminister will ins Parlament. Im Oktober geriet er in
       den Fokus der Antikorruptionsbehörde, da 222 Millionen Naira (534.335 Euro)
       fehlten, gedacht für nigerianische Medizinstudenten, die ihre Ausbildung im
       Sudan machen.
       
       Dass Babawao, wie der Politiker genannt wird, nicht aus Bornos
       Provinzhauptstadt Maiduguri in seinen Wahlkreis fahren kann, ist
       bezeichnend. Das Risiko ist viel zu groß.
       
       Endlich geht es voran. Das Wahlkampfteam und ein paar private Pkws dürfen
       in die Stadt. Die Soldaten passen genau auf.
       
       Etwa 300 Meter entfernt steht Yohanna Ngang an der Straße. Ein Gewehr, das
       nach Eigenbau aussieht, baumelt an seiner rechten Schulter. Er steigt ins
       Auto ein und soll für Sicherheit sorgen. Ngang ist 40 und gehört der
       Bürgerwehr Civilian Joint Task Force an. „Gemeinsam mit den Soldaten machen
       wir Jagd auf Boko Haram, etwa wenn sie aus den Wäldern in die Dörfer
       kommen.“
       
       ## Kinder als Wahlkampfkulisse
       
       Vor einer Polizeikaserne ist die Straße wieder blockiert – weil Politiker
       Babawao gleich eintreffen wird. Als sein Auto anhält, stehen rechts und
       links Dutzende Soldaten.
       
       Wenige Minuten zuvor sind ein paar Kindern am Straßenrand eilig
       Wahlkampfplakate in die Hände gedrückt worden. Babawao steigt nur kurz aus
       und fährt dann weiter.
       
       Die 42-jährige Amina Amadu beobachtet das Spektakel. Abschätzig sagt sie:
       „Wir haben hier weder Nahrungsmittel noch Sicherheit.“ Zwar würden die
       Terroristen gerade nicht die Dörfer angreifen. „Aber es wird gefährlich,
       wenn wir Brennholz sammeln.“
       
       Wie in jeder Familie hat auch sie jemanden verloren. Ein Neffe wurde
       erschossen. „Ich weiß nicht, ob wir überhaupt in Frieden wählen können“,
       sagt sie.
       
       5 Feb 2019
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Katrin Gänsler
       
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