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       # taz.de -- Rassistisches Foto belastet US-Gouverneur: Demokrat mit Blackfacing
       
       > Auf Ralph Northams Jahrbuchseite sind Ku-Klux-Klan-Robe und Blackfacing
       > zu sehen. Zurücktreten will Virginias Gouverneur aber nicht.
       
   IMG Bild: Protest gegen Ralph Northam am Samstag
       
       Washington taz | Im Bundesstaat Virginia, wo einst mehr Menschen versklavt
       waren als irgendwo sonst in den USA, hat ein rassistisches Foto aus dem
       Jahr 1984 eine politische Kontroverse ausgelöst. Es zeigt zwei junge weiße
       Männer, von denen der eine sein Gesicht schwarz angemalt hat und der andere
       die Kapuzenuniform des rassistischen Ku-Klux-Klans trägt. Es stammt von der
       Jahrbuchseite des Medizinstudenten Ralph Northam, der einer der beiden
       Männer auf dem Foto sein soll. 34 Jahre später, im Januar 2018, wurde
       dieser Ralph Northam der demokratische Gouverneur von Virginia.
       
       Kaum war das Foto am Freitag öffentlich, ertönten erste Rufe nach dem
       Rücktritt von Gouverneur Northam. Auch der 59-Jährige selbst schien den
       Ernst der Lage zu erkennen. Nur wenige Stunden später legte er ein
       Geständnis ab: „Die Entscheidung, auf diesem Bild zu erscheinen, und die
       Verletzung, die ich damals und heute anderen zugefügt habe, tun mir sehr
       leid“, erklärte er.
       
       Doch zugleich enttäuschte Northam die Hoffnung seiner ParteifreundInnen,
       zurückzutreten. Stattdessen distanzierte er sich von seinem früheren Ich:
       „Das entspricht nicht dem Mann, der ich heute bin und den Werten, die für
       meine Karriere im Militär, als Arzt und im öffentlichen Dienst stehen.“ Er
       versprach, er werde dafür kämpfen, das Vertrauen der Menschen in Virginia
       zurückzugewinnen. Welcher der beiden Personen auf dem Foto er ist, verriet
       er in seinem Statement nicht.
       
       24 Stunden später, als bereits ein halbes Dutzend demokratische
       PräsidentschaftskandidatInnen, aber auch die demokratische Sozialistin
       Alexandria Ocasio-Cortez und die [1][demokratische Sprecherin des
       Repräsentantenhauses Nancy Pelosi] seinen Rücktritt verlangten, machte
       Gouverneur Northam eine überraschende Kehrtwende. Bei einem neuen
       öffentlichen Auftritt erklärte er am Samstag, dass er gar nicht auf dem
       Foto abgebildet sei. Zugleich gestand er, dass er zu der Zeit, aus der das
       Foto stammt, sich tatsächlich mal das Gesicht geschwärzt habe, um Michael
       Jackson zu spielen, sagte er.
       
       ## Er kann sich nicht herausreden
       
       Die [2][Praxis des „Blackfacing“] kam im 18. Jahrhundert in die
       Unterhaltungstheater der USA. Dabei schwärzten sich weiße Schauspieler das
       Gesicht mit Schuhcreme, um Sklaven zu karikieren. Der Name einer dieser
       rassistischen Theaterfiguren, Jim Crow, bezeichnete später das System von
       Gesetzen und Regeln, die nach der Abschaffung der Sklaverei die
       „Rassentrennung“ einführten.
       
       In den USA und insbesondere in Virginia, wo am Ende des Bürgerkriegs eine
       halbe Million Menschen versklavt waren, ist es unmöglich, den rassistischen
       Kontext des Blackfacings und die Lynchungen und Gewalttaten des
       Ku-Klux-Klans nicht zu kennen. Schon gar nicht im Jahr 1984 – zwei
       Jahrzehnte nach der schwarzen Bürgerrechtsbewegung und während des
       Wahlkampfes des schwarzen Aktivisten Jesse Jackson für das Weiße Haus. Auch
       mit jugendlicher Dummheit könnte Northam sich nicht herausreden. Denn zum
       Zeitpunkt des Fotos war er bereits 25 Jahre alt.
       
       Als Northam für den Gouverneursposten im Swing State Virginia antrat, war
       er ein Hoffnungsträger der DemokratInnen. Unter anderem engagierte sich
       Barack Obama für ihn. Die meisten AfroamerikanerInnen im Bundesstaat gaben
       ihm ihre Stimme. Als Kind war er auf eine gemischte öffentliche Schule
       gegangen. Als Erwachsener betete er in einer Kirche mit einem schwarzen
       Pastor. Und als Gouverneur holte er eine Mehrheit von Frauen in sein
       Kabinett und sorgte dafür, dass ehemalige GefängnisinsassInnen ihr
       Wahlrecht zurückerhielten.
       
       Doch am Sonntag drängte ihn sein demokratischer Amtsvorgänger Terry
       McAuliffe, unter dem Northam zuvor als Vizegouverneur gedient hatte,
       öffentlich zum Rücktritt: „Es ist moralisch das Richtige“. Und Karen Bass,
       die Vorsitzende der schwarzen Fraktion, im US-Repräsentantenhaus sagte: „Er
       hat absolut keine Glaubwürdigkeit mehr.“ In Virginia bekannte der Chef der
       schwarzen Fraktion im Bundesstaat, der Demokrat Lamont Bagby: „Wir lieben
       den Mann.“ Doch auch er verlangt jetzt den Rücktritt von Northam.
       
       Ursprünglich erschien das Foto auf der kleinen rechten Webseite „Big League
       Politics“, die aus dem Medienunternehmen des radikal rechten Ideologen
       Steve Bannon „Breitbart News“ hervorgegangen ist. Angeblich gab den Tipp
       ein „besorgter Bürger“. Das Foto erschien, nachdem der Gouverneur sich für
       die Ausweitung des Rechts auf Abtreibung in Virginia engagiert hatte, wofür
       RepublikanerInnen ihn des „Infantizids“ beschuldigten.
       
       Sollte Northam zurücktreten, rückt automatisch der Vizegouverneur nach. In
       der Person von Justin Fairfax, 39, würde der direkte Nachfahre eines
       Sklaven der neue Gouverneur. Am 19. Januar, als der Senat von Virginia wie
       jedes Jahr den Geburtstag des Anführers der Konföderierten Armee, Robert E.
       Lee, feierte, verließ Fairfax demonstrativ das Gebäude. Statt des
       Verteidigers der Sklaverei gedachte er an dem Tag seines Urahnen.
       
       4 Feb 2019
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Dorothea Hahn
       
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