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       # taz.de -- Blockierte Hilfslieferungen für Venezuela: Schwerkranken geht die Zeit aus
       
       > Regierung und Opposition streiten sich weiter über Hilfslieferungen.
       > Derweil warten Arme und Kranke auf Essen und Arznei.
       
   IMG Bild: Fünf Patienten in ihrer Dialysegruppe sind bereits gestorben: die an Nierenversagen leidende Anahis Alvarado
       
       Cúcuta ap | Die 32-jährige Dialysepatientin Anahis Alvarado hofft, dass
       Abhilfe bald kommt. Die an Nierenversagen leidende Alvarado hat in den
       vergangenen Jahren erlebt, wie fünf ihrer Mitpatienten in ihrer
       Dialysegruppe wegen unzureichender Versorgung gestorben sind. Nur ein
       Viertel der Dialysegeräte in der staatlichen Klinik in der venezolanischen
       Hauptstadt Caracas, in der sie behandelt wird, funktioniert noch. Es ist
       für Alvarado wichtig, dass medizinische Güter aus dem Ausland ankommen.
       „Uns geht die Zeit aus“, sagte Alvarado.
       
       Vergangene Woche musste sie fast ein Drittel des Monatseinkommens ihrer
       Familie dafür ausgeben, einfaches medizinisches Zubehör wie Gummihandschuhe
       und Spritzen zu kaufen. Die finanzschwache Regierung von Präsident
       [1][Nicolás Maduro] kann dieses Zubehör nicht mehr zur Verfügung stellen.
       
       Rund 1.000 Kilometer entfernt in der kolumbianischen Grenzstadt Cúcuta
       arbeiten Gegner von Maduro eifrig mit US-Behördenvertretern daran, einen
       humanitären Korridor für Lieferungen wichtiger Lebensmittel und Arznei zu
       öffnen. Der Konvoi mit Hilfslieferungen wird als wichtiger Test für den
       Oppositionsführer Juan Guaidó gewertet, nachdem er sich zum
       Interimspräsidenten erklärte. Er hat die Unterstützung von fast 40 Ländern.
       
       Doch es ist nicht einfach, Lebensmittel nach Venezuela zu bringen. Am
       Mittwoch waren ein großer [2][Tankwagen, Zaunabsperrung und ein Container
       auf einer Brücke] zwischen Venezuela und Kolumbien verteilt. Das war eine
       auffallende Barrikade, mit der Maduros Ablehnung von Hilfe von außen
       deutlich wurde. „Wir sind keine Bettler“, sagte der sozialistische
       Präsident am Montag in einer Rede an Soldaten.
       
       ## Lebensmittelvorräte als Wahlgeschenk
       
       Maduros Regierung hat abgestritten, dass es eine humanitäre Krise gebe,
       wegen der rund drei Millionen Venezolaner in den vergangenen Jahren
       geflohen sind. Dennoch verteilt die Regierung subventionierte
       Lebensmittelvorräte, um die Unterstützung von Armen zu bekommen,
       insbesondere vor Wahlen.
       
       Die Opposition kündigt hingegen an, ihren Plan für Hilfslieferungen nicht
       aufzugeben. Sie ist darauf aus, die starke Unterstützung des Militärs für
       Maduro zu beenden. „Sie haben eine klare Wahl“, sagte der Abgeordnete
       Miguel Pizarro, der den Hilfseinsatz koordiniert, am Dienstag zu
       Angehörigen des Militärs. „Entweder sind Sie Teil des Problems, oder Sie
       stellen sich auf die Seite der Menschen, die Hilfe brauchen.“
       
       Internationale Hilfsorganisationen sagen, dass das Thema der humanitären
       Hilfe von beiden Konfliktparteien als politische Waffe benutzt werde. „Im
       Moment vergleichen beide Seiten die Muskeln, um zu sehen, wer stärker ist“,
       sagte ein Berater der humanitären Organisation CARE mit Sitz in der
       Schweiz, Daniel Almeida. „Aber der Person, die die Hilfe wirklich braucht,
       ist es egal, wo sie herkommt.“
       
       Die Regierung von US-Präsident Donald Trump hat 20 Millionen Dollar an
       humanitärer Hilfe für die Regierung von Guaidó zugesagt. Die Regierung hat
       bereits mehr als 140 Millionen Dollar für südamerikanische Länder zur
       Verfügung gestellt, die venezolanische Migranten aufnehmen. Die kanadische
       Regierung hat Guaidó weitere 53 Millionen Dollar zugesagt.
       
       Der nationale Sicherheitsberater von Trump, John Bolton, hatte vergangene
       Woche ein Foto von Hunderten Kisten mit Fertigmahlzeiten für „unterernährte
       Kinder“ bei Twitter wiedergegeben. Jede Kiste war mit einer US-Flagge
       bedruckt. Internationale Hilfsorganisationen sind besorgt, dass es bei der
       Präsentation der Hilfslieferungen in Wahrheit darum geht, eine militärische
       Intervention als erforderlich aussehen zu lassen. Das gilt aber als
       Worst-Case-Szenario, das noch mehr Not zur Folge hätte.
       
       ## Verzicht auf Insulin
       
       Während der Dialysesitzungen beschäftigt sich Alvarado, indem sie Poesie
       schreibt. Ihr jüngstes Gedicht ist eine Ode an ein Venezuela, in dem es in
       den Apotheken genug Medikamente gibt. „Ich möchte, dass es mir besser geht,
       damit ich anfangen kann, anderen zu helfen“, sagte Alvarado.
       
       Neben Alavarado ist auch Aminta Villamizar von Hilfe abhängig. Die einstige
       Putzfrau verlor ihr rechtes Bein und zwei Zehen an ihrem linken Fuß, weil
       sie nicht an genug Insulin gegen ihre Diabetes kommt. In ihrem Bett in
       einem Wohnhaus in Caracas wartet sie, während ihr Enkelsohn ihre
       Blutzuckerwerte misst. Sie sind höher als der Normalwert, aber Villamizar
       verzichtet auf eine Spritze. Sie will ihren kleinen Vorrat lieber aufheben.
       
       7 Feb 2019
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Joshua Goodman
   DIR Christine Armario
       
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