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       # taz.de -- Versammlung eines rechten AfD-Flügels: Rumopfern über die eigene Partei
       
       > Die AfD-Spitze versucht, Mitglieder am rechten Rand loszuwerden. Die
       > versammelten sich in Burladingen, trugen Nazi-Symbole und sprachen von
       > „Überfremdung“.
       
   IMG Bild: „Es gibt kein Recht auf Nazi-Propaganda“: Gegendemonstranten vor der Veranstaltung
       
       Stuttgart dpa | Am Ende war Björn Höcke dann doch irgendwie anwesend auf
       der Schwäbischen Alb, zumindest im Geiste. Anhänger seines rechtsnationalen
       „Flügels“ hatten in der Burladinger Stadthalle Aufsteller mit seinem
       Konterfei auf die Bühne gestellt. „Höcke! Höcke! Höcke!“ rufen zu Beginn
       des Treffens dann viele der rund 250 Gäste auf ihren Stühlen. Dann werden
       die Plakate plötzlich umgedreht, schließlich sei es keine
       „Flügel“-Veranstaltung, sagt die baden-württembergische Landtagsabgeordnete
       Christina Baum auf der Bühne.
       
       Es ist eine eigenartige Veranstaltung, die da am Samstag stattfindet im
       beschaulichen Burladingen im Zollernalbkreis. Nachdem sie sich nicht in Ulm
       versammeln durften, kommt die Splittergruppe des sogenannten „Stuttgarter
       Aufrufs“ in der Stadthalle der kleinen Gemeinde zusammen. Immerhin ist der
       Bürgermeister von Burladingen, Harry Ebert, selbst AfD-Mitglied. Es sind
       die rechten Rebellen der AfD, die hier ans Mikrofon treten dürfen. Die,
       gegen die derzeit ein Parteiausschlussverfahren läuft – und derentwegen der
       Verfassungsschutz derzeit ganz genau auf die Partei schaut. Sie wollen
       gegen die eigenen Parteivorstände protestieren.
       
       Die AfD steckt in einer heiklen Phase. Der Inlandsnachrichtendienst
       [1][erklärte die Partei Mitte Januar zum Prüffall] – das kann passieren,
       wenn die Behörden erste Anzeichen für extremistische Bestrebungen erkennen.
       Noch genauer hinschauen will die Behörde bei der rechtsnationalen
       Parteivereinigung „Der Flügel“ und bei der Jungen Alternative. Die AfD will
       dem Verfassungsschutz gerichtlich verbieten lassen, sie öffentlich einen
       „Prüffall“ zu nennen.
       
       Aber die Parteispitze versucht gleichzeitig seit längerem, einer
       Beobachtung durch den Verfassungsschutz mit V-Leuten und Telefonüberwachung
       zu entgehen. Der Bundesvorstand hatte im September 2018 eine Kommission
       gegründet, die dafür eine Strategie entwickeln sollte. Ein von der AfD
       bestellter Gutachter warnte davor, Begriffe wie „Überfremdung“ und
       „Umvolkung“ zu benutzen.
       
       ## Sorge vor der „Anbiederung“
       
       In Burladingen betrachtet man das als den genau falschen Weg. Aus Angst vor
       einer Beobachtung habe die Partei eine „innerparteiliche Spionagegruppe“
       eingerichtet und grenze Mitglieder aus, kritisiert die Landtagsabgeordnete
       Baum, die dem „Flügel“ angehört. Sie hat auf die Alb geladen. „Viele
       Mitglieder treibt genau die Sorge um, dass wir uns anpassen und anbiedern.“
       Im rechtsnationalen Spektrum der Partei klagen viele AfD-ler bereits länger
       über einen sich verengenden Meinungskorridor. Im Herbst gehörte Baum zu den
       Initiatoren des „Stuttgarter Aufrufs“, in dem sich AfD-Mitglieder gegen
       „Denk- und Sprechverbote“ aussprachen. „Ein Teil der Partei weicht nun vor
       unseren Gegnern zurück und spricht von Anpassung und Mäßigung“, sagt sie am
       Samstag.
       
       Von Anpassung und Mäßigung ist in Burladingen nichts zu spüren. Unter den
       Rednern sind Mitglieder aus ganz Deutschland, die einen Rauswurf aus der
       Partei fürchten müssen, Baum nennt sie die „gefährlichen Mädchen und Buben
       der AfD“. Etwa Doris von Sayn-Wittgenstein, die ehemalige
       AfD-Landesvorsitzende Schleswig-Holsteins, die wegen Kontakten zu einem
       rechtsextremistischen Verein aus der Partei fliegen soll. Oder der
       baden-württembergische Landtagsabgeordnete Stefan Räpple, der nach mehreren
       Zwischenrufen im Dezember von der Polizei aus dem Landtag geführt wurde.
       
       Räpple wirbt in Burladingen für einen radikaleren Kurs – und erhält viel
       Applaus. Gerade durch Äußerungen wie zum Einsatz von Schusswaffen gegen
       Flüchtlinge an der Grenze oder durch den Besuch der Demonstrationen in
       Chemnitz habe die AfD in der Wählergunst zugelegt. Räpple marschierte in
       Chemnitz Seite an Seite mit Rechtsextremisten. Am Samstag sagt er, das Land
       werde islamisiert, weil die Deutschen zu schwach seien und die Kinder zu
       Schafen erziehen würden.
       
       ## Nazi-Symbol am Revers
       
       Im Saal sind Menschen, die die blaue Kornblume am Revers tragen, die in
       Österreich einst als Erkennungszeichen der Nationalsozialisten diente. „Da
       interpretiert jeder rein, was er will“, sagt einer dazu. Das Symbol stehe
       für viele Dinge. Blaubeermarmelade könne schließlich auch nichts dafür,
       dass Adolf Hitler sie gegessen habe.
       
       „Das ist der Hardcore-Flügel, der völkische „Flügel““, sagt ein
       Demonstrant, der aus Tübingen angereist ist. Er steht mit ein paar Dutzend
       anderen vor der Stadthalle in der Kälte. Dort wehen Fahnen der IG Metall,
       der SPD, der Antifa. „Es gibt kein Recht auf Nazi-Propaganda“ schreien sie
       an der Absperrung. Der Demonstrant aus Tübingen hält ein Pappschild hoch
       mit dem Slogan „Rassismus hat viele Gesichter – und alle sind häßlich.“ Die
       ganze AfD sei gefährlich, nicht nur die rechte Splittergruppe, sagt er. Die
       da drinnen äußern sich nur offener als die anderen. „Aber das Gedankengut
       ist in der ganzen Partei vorhanden.“
       
       10 Feb 2019
       
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