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       # taz.de -- Haushalt der Eurozone: Hilfe nur bei „Reformen“
       
       > Berlin und Paris einigen sich auf einen Entwurf für das Eurozonen-Budget.
       > Macrons Visionen sind verblasst, Deutschlands Handschrift deutlich.
       
   IMG Bild: Arbeiter in Bulgarien: Wenn das Land den Euro will, muss es sich nach EU-Regeln modernisieren
       
       Brüssel taz | Die Eurozone soll sich verstärkt um flexible Arbeitsmärkte
       und schmerzhafte Strukturreformen kümmern. Künftig könnte es
       Milliardenhilfen aus dem EU-Haushalt für Länder geben, die sich die
       deutschen Hartz-Reformen zum Vorbild nehmen und ihre Arbeitnehmer auf
       Mobilität trimmen. Auch Investitionen sollen gefördert werden – aber nur,
       wenn dies zu „mehr Konvergenz und Wettbewerbsfähigkeit“ führt.
       
       Dies geht aus dem deutsch-französischen Entwurf für ein Eurozonen-Budget
       hervor, auf das sich Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) und sein
       Pariser Amtskollege Bruno Le Maire nach monatelangen zähen Verhandlungen
       geeinigt haben. Der vierseitige Text liegt der taz vor. Er trägt eine
       deutsche Handschrift – dabei kam die ursprüngliche Idee von Frankreichs
       Staatschef Emmanuel Macron.
       
       In seiner mittlerweile berühmten Sorbonne-Rede vom Herbst 2017 hatte Macron
       einen völlig neuen, mehrere hundert Milliarden Euro schweren Haushalt
       vorgeschlagen, der zur Stabilisierung der Eurozone gedacht war. Macrons
       Eurobudget sollte den EU-Haushalt ergänzen und von einem eigenen
       Finanzminister und einem Euro-Parlament überwacht werden. Von diesen
       Visionen ist nichts übrig geblieben.
       
       Wie von Deutschland gefordert und vom deutschen EU-Kommissar Günther
       Oettinger (CDU) schon 2017 vorgeschlagen, soll das Euro-Budget nun nur noch
       ein (kleiner) Teil des neuen EU-Haushalts sein. Wie groß der Anteil
       ausfällt, ist ebenso offen wie die Finanzierung. In dem Entwurf ist von
       nationalen Beiträgen die Rede – aber auch von der Möglichkeit, die geplante
       Finanzsteuer FTT dafür heranzuziehen.
       
       Wesentlich konkreter werden die Ziele beschrieben. Dabei ist zwar noch von
       Stabilisierung der Volkswirtschaften die Rede, wie von Macron gewünscht.
       Doch im Vordergrund stehen Strukturreformen. „Es ist im Interesse der
       gesamten Eurozone, nationale Reformbemühungen zu unterstützen“, heißt es.
       Sogar Investitionen, die ebenfalls aus dem neuen Budget gefördert werden
       können, sollen den Reformzielen untergeordnet werden.
       
       Damit erinnert der Vorschlag an die umstrittenen Reformverträge, die
       Bundeskanzlerin Angela Merkel auf dem Höhepunkt der Eurokrise vorgelegt
       hatte. Schon damals wollte sie Finanzhilfen von Reformen abhängig machen –
       doch Spanien und andere Länder winkten ab. Nun könnte ausgerechnet
       Frankreich den Weg frei machen. Allerdings muss der Vorschlag noch mehrere
       Hürden nehmen.
       
       Besonders schwierig wird der EU-Gipfel. Beim letzten Gipfeltreffen im
       Dezember haben die Niederlande und andere Länder schwere Bedenken
       angemeldet; sie könnten den Vorschlag noch kippen. Eine weitere Hürde sind
       die Verhandlungen für den neuen Finanzrahmen für die Jahre 2021 bis 2027.
       Dabei könnte das Eurobudget weiter schrumpfen. Zuletzt war von 20 bis 30
       Milliarden Euro die Rede.
       
       Völlig unklar ist, wem Scholz und Le Maire finanziell unter die Arme
       greifen wollen. Während der Verhandlungen wurden Länder wie Irland, Italien
       oder der Euro-Anwärter Bulgarien genannt. In Deutschland wurde zudem
       geargwöhnt, Frankreich könne selbst auf EU-Hilfen schielen. Doch bis jetzt
       hat niemand Bedarf angemeldet. Das Prinzip „Geld gegen Reformen“
       funktioniert bisher nur auf dem Papier.
       
       24 Feb 2019
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Eric Bonse
       
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