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       # taz.de -- Kindesmissbrauch auf Campingplatz: Polizei verschlampt Datenträger
       
       > Beweismaterial gegen drei Verdächtige, die mindestens 31 Kinder in NRW
       > missbraucht haben sollen, ist weg. Der Innenminister beschuldigt Beamte.
       
   IMG Bild: Hinter dieser Tür ist das Beweismaterial verschwunden: Kreispolizeibehörde Lippe in Detmold
       
       Berlin taz | Die versuchte Aufklärung des vielfachen Kindesmissbrauchs auf
       einem Campingplatz im nordrhein- westfälischen Lügde wird erneut von einem
       Skandal überschattet: Wie am Donnerstagabend bekannt wurde, ist
       umfangreiches Beweismaterial aus der zuständigen Polizeibehörde
       verschwunden.
       
       Laut NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) werden eine Tasche mit 155
       Datenträgern und ein Alukoffer vermisst. Reul sprach von „Polizeiversagen“.
       Staatsanwaltschaft und Sonderermittler vermuten, dass das Material nicht
       entwendet, sondern verschlampt wurde.
       
       Reul versprach am Freitag in einer Debatte über Kindesmissbrauch im
       nordrhein-westfälischen Landtag eine lückenlose Aufklärung. Er werde alles,
       was in seiner Macht stehe, tun. „Nicht nur weil es meine Aufgabe als
       Minister ist, sondern weil es meine verdammte Pflicht ist den 31
       missbrauchten Kindern gegenüber.“
       
       ## Nur ein Bruchteil des Beweismaterials
       
       Bei dem Verlust handele es sich um einen Datenumfang von 0,7 Terrabyte der
       15 Terrabyte, die insgesamt nach der Aufdeckung des Falls vor drei Wochen
       sichergestellt wurden. Laut Reul ist es unwahrscheinlich, dass die Daten
       belastendes Material enthielten. Dennoch mache es ihn fassungslos, dass das
       Material aus einer Polizeistelle verschwinden konnte. Am 20. Dezember 2018
       wurde das Material das letzte Mal gesehen, erst am 30. Januar fiel der
       Kreispolizeibehörde Lippe mit Sitz in Detmold der Verlust auf.
       
       Reul will eine ständige Arbeitsgruppe einsetzen, SPD und Grüne haben eine
       Sondersitzung des Innenausschusses beantragt. Hartmut Ganzke,
       innenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Landtag NRW, spricht von
       einer „dramatischen Wende in einem ohnehin dramatischen Fall“. Erst nach
       einem umfassenden Lagebild sei zu beurteilen, welche weiterreichenden
       Konsequenzen aus dem Vorfall gezogen werden müssten.
       
       ## Polizei verweist auf Arbeitsbedingungen
       
       Der Bund deutscher Kriminalbeamter (BDK) wehrte sich gegen die
       Anschuldigungen von Reul. Der Vorsitzende des BDK, Sebastian Fiedler, erhob
       am Freitag schwere Vorwürfe gegen die Landesregierung. „Seit mehreren
       Jahren weisen meine Kollegen in Lippe darauf hin, dass sie am Limit
       arbeiten“, sagte er dem WDR.
       
       Ende Januar war bekannt geworden, dass auf dem Campingplatz in Lügde seit
       2008 mindestens 31 Kinder in über 1.000 Fällen missbraucht wurden, unter
       anderem für Pornodrehs. Drei Männer sitzen in Untersuchungshaft, gegen sie
       soll auch ohne die vermissten Datenträger genug Beweismaterial vorliegen.
       In dem Fall wird auch gegen die zuständigen Jugendämter ermittelt wegen des
       Verdachts auf Verletzung der Fürsorgepflicht.
       
       22 Feb 2019
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Rebecca Stegmann
       
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