URI: 
       # taz.de -- Neue Forschungsinitative: Lahme Schnecken
       
       > Die Agentur für Sprunginnovation sollte längst ihre Arbeit aufgenommen
       > haben. Die offizielle Gründung steht in der Jahresmitte an.
       
   IMG Bild: Mit der Forschungsinitative sollen neue Technologien in den Markt gepuscht werden
       
       Berlin taz | Die von der Bundesregierung geplante Agentur für
       Sprunginnovationen kommt nur im Schneckentempo voran. Jetzt sei die
       förmliche Gründung der Agentur zur Jahresmitte ins Auge gefasst, teilte der
       Parlamentarische Staatssekretär im Bundesforschungsministerium (BMBF),
       Michael Meister, am Mittwoch in einer Diskussionsveranstaltung des
       FDP-Bundestagsabgeordneten Thomas Sattelberger in Berlin mit. Sattelberger,
       der sich seit Jahren für die Förderung „disruptiver Innovationen“ einsetzt,
       hatte auch Vertreter vergleichbarer Einrichtungen aus den USA und Schweden
       eingeladen.
       
       Als die beiden zuständigen Minister für Forschung und Wirtschaft, Karliczek
       und Altmaier, im August den Kabinettsbeschluss für die Innovationsagentur
       vorstellten, war noch ein Start zum Jahresende 2018 vorgesehen. Die Agentur
       solle „Innovationsakteuren die finanziellen Mittel und Freiräume
       eröffnen, um bahnbrechende Ideen in die Anwendung zu überführen“, hieß es
       damals. Als Budget wurde 1 Milliarde Euro für zehn Jahre in Aussicht
       gestellt. Im Herbst meldete sich der Bundesrechnungshof zu Wort. „Als
       Förderinstrument sollten rückzahlbare Zuwendungen genutzt werden“,
       empfahlen die Finanzkontrolleure für die Mittelvergabe der Agentur. „Zudem
       sind eine größtmögliche Transparenz über die Tätigkeit der Gesellschaft und
       angemessene Aufsichtsmöglichkeiten für den Bund sicherzustellen“, forderte
       der Rechnungshof.
       
       Für die USA stand bei der Etablierung ihrer Einrichtung zur Förderung
       bahnbrechender Erfindungen ein technikhistorischer „Urknall“ Pate: der
       Start des sowjetischen Sputnik-Satelliten im Jahr 1957. Um den Wettlauf ins
       Weltall nicht zu verlieren, gründeten die USA neben der Raumfahrtbehörde
       Nasa auch die beim Verteidigungsministerium angedockte Innovationsagentur
       Darpa. In ihren Denkstuben wurde unter anderem das Internet ersonnen, am
       Beginn 1967 als internes Computernetzwerk von drei kalifornischen
       Universitäten, berichtete der heutige Darpa-Chef Brian Pierce. Heute hat
       seine Ideenschmiede 100 Mitarbeiter und kann im Jahr 2,5 Milliarden Dollar
       für innovative Projekte verteilen.
       
       Wie die Förderung beim deutschen Pendant ablaufen soll, ist weiterhin
       unklar. Anstatt die Gelder wie bei den herkömmlichen Projektträgern des
       BMBF antragsbezogen zu verteilen, sprach Meister nun von der Gründung und
       Unterstützung innovativer Startups, die ihre Geschäftsideen dann in
       weitgehender Freiheit für den Markt entwickeln sollen.
       
       Viel wird auch vom Kopf der neuen Agentur abhängen, seiner Fähigkeit zu
       disruptivem Denken und seiner Durchsetzungsfähigkeit gegenüber
       innovationsaversiven Beharrungskräften. Hierüber soll eine
       Gründungskommission befinden, die offenbar auch erst zur Jahresmitte
       gebildet wird. Meister blieb hier im Vagen.
       
       Sattelberger warnte dringend, diese Position als Versorgungsstelle für
       altgediente Wissenschaftsfunktionäre zu missbrauchen. „In diesem Fall“,
       so der Parlamentarier, „hätten wir dann ein großes Problem.“
       
       16 Feb 2019
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Manfred Ronzheimer
       
       ## TAGS
       
   DIR Sprunginnovation
   DIR BMBF
   DIR Darpa
   DIR Forschungspolitik
   DIR Entwicklungszusammenarbeit
   DIR Forschungspolitik
   DIR Sprunginnovation
   DIR Internet
   DIR Email
   DIR Schwerpunkt Überwachung
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Innovationspolitik der EU: Fehlende Visionen
       
       Bei der EU-Innovationspolitik geht es kaum voran. Ein Grund scheint zu
       sein, dass Forschung und Wissenschaft derzeit keine Priorität haben.
       
   DIR Erneuerung von Forschung und Entwicklung: Neue Balance erwünscht
       
       Der Gründungsdirektor der Bundesagentur für Sprunginnovationen (SprinD)
       fordert eine Wende in der Innovationspolitik.
       
   DIR Wenig Freiraum für Forschungsagentur: Bisher nur kleine Sprünge
       
       Auf dem Forschungsgipfel gab es kritische Worte von Bundeskanzlerin Merkel
       an der Entwicklung der Agentur für Sprunginnovationen.
       
   DIR Hightech-Produkte schneller vermarkten: Im Sprint zu disruptiven Innovationen
       
       Mit der „Agentur für Sprunginnovationen“ möchte die Bundesregierung, dass
       neue Technologien schnell in Produkte umgesetzt werden.
       
   DIR Digitalstrategie der Bundesregierung: Gehemmte Intelligenz
       
       Mit drei Milliarden Euro glaubt die Bundesregierung zur digitalen Spitze
       aufschließen zu können. Hat sie die Bedeutung von KI verstanden?
       
   DIR Internet-Pionier Ray Tomlinson ist tot: Mr. E-Mail
       
       1971 verschickte er nicht nur die erste elektronische Post, sondern führte
       auch das @-Zeichen ein. Nun verstarb Ray Tomlinson im Alter von 74 Jahren.
       
   DIR Künstliche Intelligenz: Mensch, gib mir deine Daten
       
       Die Entwicklung künstlicher Intelligenz ist ein altes Militärprojekt. Nun
       sprechen Forscher von einer Revolution. Gefahr oder Chance?