# taz.de -- Kommentar Trump ruft Notstand aus: Der starke Mann, der Chaos stiftet
> Für den US-Präsidenten ist jeder Widerspruch eine Niederlage, die es zu
> vereiteln gilt. Das Schlimme: Vielen erscheint er noch immer als starker
> Mann.
IMG Bild: Pokerface: Wenn Trump nicht bekommt, was er will, gewinnt er trotzdem
Donald Trump hat [1][eine neue Niederlage im Kongress erlitten]. Und dieses
Mal nicht nur bei den DemokratInnen, sondern auch bei seiner eigenen
Partei. Die SenatorInnen und Abgeordneten beider Parteien lehnten am
Donnerstagabend mit großer Mehrheit seine 5,7 Milliarden-Dollar-Mauer ab.
Sie sind lediglich bereit, ihm ein Viertel des Geldes und nur einen
Bruchteil der Länge der Grenzbefestigung zu geben, die seit Beginn seiner
politischen Karriere sein wichtigstes Werbeargument ist.
Unter normalen Umständen wäre damit die absurde Diskussion über eine Mauer
vom Pazifik zum Golf von Mexiko beendet. Nicht so bei Trump. Der will den
nationalen Notstand auszurufen.
Der „Notstand“ [2][an der Südgrenze], von dem Trump redet, ist nichts
anderes als eine politische Fiktion. Die Einwanderung von Papierlosen ist
auch im letzten Jahr weiter zurück gegangen; die Zahl der
GrenzschützerInnen weiter gestiegen, die Sicherheit längs der Grenze größer
als in den meisten anderen Regionen des Landes und der große
Drogenschmuggel findet nicht etwa mitten in der Wüste statt, wo Trump die
Mauer bauen will, sondern vor allem an offiziellen Grenzübergängen.
Aber der Präsident stemmt sich mit seinem Beharren nicht nur gegen die
Fakten und auch nicht nur gegen ParteifreundInnen, er stemmt sich auch
gegen die verfassungsmäßige Ordnung. Denn die gibt dem US-Kongress die
Kontrolle über den Haushalt des Landes.
## Kompromiss ist für Trump ein Synonym für Niederlage
Über Trumps Motive kann man nur spekulieren. Natürlich sind da eine große
Dosis autoritäres Denken und putschistisches Potenzial erkennbar. Und
natürlich versteift er sich darauf, seinem harten Kern von wütenden, weißen
WählerInnen, immer neue Brocken vorzuwerfen. Aber es kommen Dinge hinzu,
die weniger nach politischer Analyse als nach psychiatrischer Expertise
verlangen. Die USA haben es an ihrer Spitze mit jemandem zu tun, der keinen
Widerspruch erträgt und für den Verhandlungen und Kompromisse Synonyme für
Niederlagen sind.
Es ist unwahrscheinlich, dass die Gerichte, Trumps Durchmarsch in der
Mauerfrage tolerieren werden. Das ist zwar beruhigend. Aber nur ein
schwacher Trost. Denn bis es so weit ist, kann Trump der Basis, mit deren
Hilfe er 2020 erneut gewinnen will, suggerieren, dass er sich an sein
Versprechen hält. Und er kann – und wird – neue Krisen und mehr Chaos
auslösen, um weiter wie derjenige dazustehen, der dagegen angeht.
Der nationale Notstand ist der kaum kaschierte Versuch von Trump, eine
politische Niederlage in einen Sieg zu verwandeln und einen Gesichtsverlust
zu vermeiden. Das Beunruhigende dabei ist, dass Trump nicht etwa trotz,
sondern wegen seines unberechenbaren und regelwidrigen Verhaltens für ein
Drittel der us-amerikanischen WählerInnen attraktiv bleibt. Und dass er mit
seiner Verletzung von Gewaltenteilung, Gesetzen und Verfassung immer neue
Präzedenzfälle schafft.
15 Feb 2019
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## AUTOREN
DIR Dorothea Hahn
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